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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.04.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-04-12
- Erscheinungsdatum
- 12.04.1900
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- Deutsch
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^ 85, 12. April 1900. Nichtamtlicher Teil. 2893 ziehen sehen. Aber selbst der größte Prophet unter uns wird wohl nicht sagen können, wann dieser Tag erscheint! Soll aber deshalb etwa fortgewurstelt werden? Ich meine nein, wohl aber muß gearbeitet werden mit voller Energie, damit nicht untergehe, was wir heute noch besitzen, und damit kommende Geschlechter nicht von uns sagen können, daß wir den deutschen Buchhandel zu Grunde gerichtet haben, weil wir keine Energie hatten, weil wir keine Opferwilligkeit kannten und weil wir in eigensüchtiger Verblendung uns scheuten, den Kampf aufzunehmen gegen Eigennutz, Gewinn sucht und Spekulation — gegen Elemente also, die nur so lange gedeihen können, als Gleichgiltigkeit und Schwachheit ihnen die Wege ebnen! Es ist schon oft gesagt worden: mit dem Ladenpreis steht und fällt der solide deutsche Buch handel. Unsere jetzigen Zustände sind schon mit England verglichen, und es ist behauptet worden, daß wir auf dem besten Wege seien, den Ladenpreis illusorisch zu machen und damit das heutige Sortiment zu ruinieren. Derartige Be hauptungen beruhen sicher nicht auf Schwarzseherei, sondern stützen sich leider auf Thatsachen. »Es fragt sich nun, ob dem Verlage daran gelegen ist, die Fortexistenz eines soliden und thätigen Sortimentes für wünschenswert zu erachten. Darauf wünscht das Sortiment eine Antwort zu erhalten, und darin gipfeln die Beschlüsse der Braunschweiger Versammlung. Wenn man den Zusammenschluß der Verleger zu Verlegeroereinen ins Auge faßt, wird man wohl nicht behaupten können, daß dabei irgendwelche Schutzmaß regeln für das Sortiment einbezogen sind. Ob die Ver leger-Kammer in dieser Richtung etwas zu thun gewillt ist, bleibt vorläufig noch abzuwarten. Einen positiven Charakter besitzen nach meiner Erfahrung nur die Beziehungen vvu Firma zu Firma zwischen Verlegern und Sortimentern. Einmal allerdings wurde von seiten des Verlages eine sehr schöne Initiative ergriffen, indem vier große Leipziger Firmen eine Kollektiv-Erklärung durch Rundschreiben dahin abgaben (wenn ich nicht irre, war es im Jahre 1887 gleich nach der Frankfurter Versammlung), daß sie jeder Unterbietung der von ihnen festgesetzten Ladenpreise energisch entgegentreten würden. Leider hat dieses nicht genug anzuerkennende Vor gehen keine Nachfolge hervorgerufen, der eigentliche Zweck war somit verfehlt. Und die sogenannte große »Verleger- erklärung«?? Was sie genutzt hat, wissen wir ja alle. Mir ist das in traurigster Weise klar geworden, als ich vor Jahr und Tag einen befreundeten Verleger befragte, weshalb er seine Unterschrift zurückgezogen habe, und die Antwort er hielt: »ich liefere nach üüe vor nicht an Schleuderer, respektive an gesperrte Firmen, aber ich habe meinen Namen aus der Liste der Unterzeichner löschen lassen, weil es mir nicht paßt, darin mit Firmen genannt zu sein, die ihr gegebenes Wort nicht halten!!« Lspisuti sst! Man möge einmal über diese sattsam bekannte That- sache Nachdenken und sich die Frage vorlegen, ob das Sorti ment denn nicht geradezu genötigt ist, den Weg der Selbst hilfe zu beschreiten. Trotzdem will es jetzt nochmals ver suchen, durch eineu Appell an alle wohlmeinenden Verleger das Aeußerste zu verhindern. Nur in diesem Sinne kann und muß die Versammlung in Braunschweig aufgefaßt werden. Von einem Gegensatz zum Börsenverein und dessen Vorstande ist absolut gar keine Rede, sondern es handelt sich darum, ob der Verlag gewillt ist, auf die ihm unterbreiteten Vorschläge (Vertragsverhältnis) einzugehen oder nicht! Wenn er dazu bereit ist, muß natürlich abgewartet werden, ob sich der vorgeschlagene Weg als ausreichend erweisen kann. Wenn er ablehnt und seine negative Entscheidung durch Gründe belegt, so hoffe ich wenigstens, daß aus seiner Mitte andere Vorschläge gemacht werden. Sollte er aber dazu nicht bereit Siebenundsechzigster Jahrgang. sein, so würde das Sortiment ganz genau wissen, wie es daran ist. Damit würde aber das Signal zu einem allgemeinen großen Kampfe gegeben sein, wovor uns Gott behüten möge. Die Folgen eines solchen Kampfes möchte ich hier nicht näher erörtern, wohl aber kann ich nicht unterlassen, der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, daß das Sortiment alle ihm zu Gebote stehenden Mittel und Wege ergreifen wird, die zur Abwehr der ihm drohenden Gefahr als unabweisbare Notwendigkeit erscheinen. Der Verlag wird damit vor die Entscheidung gestellt werden, ob er das Sortiment halten oder aufgeben will; er wird aber auch Stellung nehmen müssen zur Regelung der Verhältnisse in Berlin und Leipzig. Der Vorstand des Vereins der Berliner Mitglieder des Börsenvereins hat in dankenswerter Offenheit seine Erklärung zu Braunschweig abgegeben und diese auch im Börsenblatt zur allgemeinen Kenntnis des Buchhandels gebracht. Diese Mitteilungen haben die Sachlage außerordentlich geklärt, wenngleich ihr Inhalt ein sehr trauriges Ergebnis zeigt. Wer die Fragestellungen mit den eingegangenen Ant worten vergleicht, sowie die Stimmenzahl pro st eoutrs, wägt, muß zurückschrecken vor dem Bilde, das sich hier darbietet. Nirgendwo Halt, Vertrauen und Hoffnung auf eiu Besser werden, sondern fast überall ein geradezu entsetzlicher Pessi mismus, der die buchhändlerischen Zustände unserer Reichs hauptstadt in trübster Beleuchtung zeigt. Daß ein Rabatt von 10 Prozent eine gesicherte Existenz für die Allgemeinheit ausschließt, steht fest, und die Berliner Herren geben das selbst zu. Wenn man aber in Betracht zieht, daß an Schulen, Bibliotheken und Behörden noch viel höher rabattiert wird, auch Zeitschriften sind dabei nicht ausgenommen, so hat man einfach Totengräberarbeit, vollzogen am eigenen Leibe, vor sich. Der übrige Buchhandel kann dabei um so weniger in Unthätigkeit verharren, weil Berlin und Leipzig die ihnen seiner Zeit zugebilligte Ausnahmestellung für ihren Bezirk nicht auf diesen beschränkt haben, sondern zum Ruin des ganzen deutschen Sortimentes überallhin mit 10 Prozent und mehr ans Publikum liefern. Gegen dieses große Unrecht, das von einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Firmen in den beiden Städten verübt wird, muß daher ganz allgemein Stellung genommen werden, und gerade mit diesem Punkt beschäftigte sich die Versammlung zu Braunschweig sehr eingehend. Als ich im vorigen Jahre vor der Lübecker Versammlung des Buchhändler-Verbandes »Kreis Norden« zur Rabattfrage in diesem Blatte das Wort nahm, haben die geehrten Berliner Kollegen es mir sehr verdacht, daß ich den Ausdruck ge brauchte, »sie müßten eventuell gezwungen werden«. Heute möchte ich, daran anknüpfend, weiter sagen: wie schön würde es sein, wenn Berlin gezwungen werden könnte zu seinem eigenen Glück! Die geehrten Berliner Kollegen würden dann die zwingende Gewalt der Verhältnisse segnen, ebenso wie meine Vaterstadt den großen Mann gesegnet hat, der sie seiner Zeit in den deutschen Zollverein hineingezwungen hat. Bismarck hat damals allerdings ein Gewaltmittel gebraucht, aber nur deshalb, weil die Interessen des Deutschen Reiches ihm höher standen, als die Rücksicht gegen die eine Stadt Hamburg! Diese Stadt ist allerdings eine Weltstadt für den gesamten Handel, und ebenso sind Berlin und Leipzig die beiden Hauptplätze für den deutschen Buchhandel. Wie man sich in Hamburg sehr bald in das Unabänderliche hinein gefunden hat und durch den auferlegten Zwang zu einem neuen, niemals geahnten Aufschwung gekommen ist, ebenso dürften auch unsere Kollegen in Berlin und Leipzig empfinden, wenn ein Bismarck sie bewältigte! Wer aber ist der Bismarck im deutschen Buchhandel? Wer anders wohl als nur der gute Geist, der in uns allen 390
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