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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.05.1900
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- Ausgabe
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- 1900-05-07
- Erscheinungsdatum
- 07.05.1900
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- Deutsch
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3520 Nichtamtlicher Teil. 104, 7. Mai 1900. Unsere Kassenverhältnisse sind, wie in früheren Jahren günstig. Auch in vergangenen Jahre waren wir in der Lage, unser Vermögen durch eine Anlage von 400 ^ zu vermehren, so daß wir heute über 4300 ^ Reichsanleihe, resp. preußische Konsols verfügen. Somit sind wir am Schlüsse unseres Rückblickes auf das verflossene Vereinsjahr angelangt. Es war wiederum ein Jahr angestrengter Arbeit für jeden Einzelnen, aber ein Jahr ruhiger Entwickelung für die Gesamtheit des Berliner Buchhandels. Wir treten heute in ein neues Vereinsjahr ein; möge dasselbe für uns alle ein segensreiches und zufriedenstellendes werden! »Ii6x Heinxe.« Petition der Vereine für innere Mission und zur Hebung der öffentlichen Sittlichkeit in Leipzig zu dem Gesetzentwurf, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs (Nr. 112 der Drucksachen des Reichstags). Der Bewegung gegen den vielerörterten Gesetzentwurf, für den trotz wohlberechtigten Widerstrebens fast allgemein der volkstümliche Ausdruck »lex Heinze« im Gebrauch ist, haben sich neuerdings sogar die Vereine für innere Mission und zur Hebung der öffentlichen Sittlichkeit in Leipzig angeschlossen. Ihre Bedenken und Wünsche haben sie in einer Petition an den Reichstag niedergelegt, in der sie unter Nr. 4 und 5 sich mit den ZZ 184, 184«. und 184b St.-G.-B., wie sie aus der zweiten Lesung des Reichs tags hervorgegangen sind,*) beschäftigen. Es darf anerkannt werden, daß die Auffassung der Petenten von klarer und vorurteilsfreier Einsicht in die maßgebenden Verhältnisse zeugt. Die Kundgebung wird daher in weilen Kreisen des deutschen Buch- und Kunsthandels Beifall finden. Sie sei nachstehend im Auszuge wicdergegeben, soweit sie die oben genannten Paragraphen behandelt: An den Deutschen Reichstag. Die durch ihre Vorstandsmitglieder ergebenst unter fertigten Vereine haben es sich zur Aufgabe gestellt, fördernd auf die öffentliche Sittlichkeit einzuwirken. Aus diesem, von ihnen seit Jahren verfolgten Zwecke ihrer Vereinigung glauben sie das Recht ableiten zu dürfen, bezüglich des oben bezeichneten Gesetzentwurfs ihre Stimmen zu erheben. Sie beabsichtigen nicht, im Widerstreite der Meinungen sich un bedingt für oder gegen den Entwurf in derjenigen Ge staltung, welchen er in der zweiten Lesung des hohen Reichs tages erhallen hat, auszusprechen, sondern nur diejenigen Punkte zu bezeichnen, von welchen es ihnen wünschenswert erscheint, daß sie gesetzliche Kraft erhalten, anderseits aber auch dasjenige hervorzuheben, dem sie Nutzen für die öffent liche Sittlichkeit absprechen müssen. 4. Die Abänderungen, welche nach den Beschlüssen der II. Lesung der Z 184 erleiden soll, haben unsere vollste Zu stimmung. Zwar dürfte die Bestimmung der Ziffer 2 »be treffend das Ileberlassen oder Anbieten unzüchtiger Schriften an Personen unter 18 Jahren« nur schwer und mit Un zukömmlichkeiten verknüpft durchführbar seiu. Dagegen treffen die Ziffern 3 und 4 Handlungen, welche jeder, dem das sitt liche Wohl des Volkes am Herzen lag, bisher schmerzlich ver mißte, und deren Einfügung in das Gesetz wir warm begrüßen. *) Vgl. Börsenblatt Nr. 47 vom 26. Februar 1900. 5. Die Z8 184a und 184b dagegen bitten wir ergebenst abzulehnen. Wir können uns der Ueberzeugung nicht ver schließen, daß durch die Schaffung des rechtlichen Begriffes von Schriften, Aboildungen oder Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen, Ge fahren für Wissenschaft und Kunst heraufbeschworen werden, welche durch die weiteren Voraussetzungen des Z 184 a nicht genügend beseitigt werden. Wir können aber auch nicht er kennen, daß für die Schaffung eines solchen Begriffs, der zwischen dem Begriff des Unzüchtigen und dem Unsträflichen eingeschoben werden soll, oder des Begriffs der Aufführungen, welche durch gröbliche Verletzung des Scham- und Sittlich keitsgefühls Aergernis zu erregen geeignet sind, ein Bedürfnis besteht. Der Z 184b, der letzteren Begriff aufstellt, wird da durch unklar, daß er etwas anderes zu treffen scheint, als das Unzüchtige, aber in keiner Weise erkennen läßt, worin jenes sich von letzterem unterscheiden soll. Im Z 184a ist sogar direkt ausgesprochen, daß die Schrift oder Darstellung, welche mit Strafe bedroht ist, eine unzüchtige nicht sein soll. Der Be griff wird aber dadurch nicht greifbarer. Man hat zwar die Meinung aufgestellt, die Dehnbarkeit jener Begriffe sei ein Vorteil derselben, womit wohl gesagt sein soll, es könne da durch ein um so wirksamerer und vielseitigerer Schutz gegen das Unsittliche geübt werden. Allein daß ein Strafgesetz nicht genau begrenzbare Begriffe enthält, verstößt gegen die ersten Regeln des Strafrechts. Der Z 2 unseres Strafgesetzbuches stellt die nie bestrittene Regel auf, eine Handlung dürfe mit Strafe nicht belegt werden, wenn die Strafe nicht gesetzlich bestimmt sei, bevor die Handlung begangen wurde; und nach 8 59 Str.-G.-B. soll nur der Irrtum über Thatumstände, nicht der Irrtum über das Strafgesetz den Thäter entschuldigen. Beiden Bestimmungen kann nur entsprochen werden, wenn die Handlung genau begrenzt ist, welche mit Strafe bedroht wird, wenn das Strafgesetz nicht selbst einen Irrtum nahe legt. Der Gesetzgeber sollte das, was ihm selbst zu bestimmen obliegt, nicht auf die Richter überwälzen, die das Gesetz nur anzuwenden, ihm nicht erst den Inhalt zu geben haben, und die bei der Vielköpfigkeit der Gerichte überhaupt nicht in der Lage sind, feste Begriffsbestimmungen zu geben. Es besteht aber auch kein Bedürfnis nach so vagen Strafgesetzen. Das, was das Volksleben vergiftet, ist das Unzüchtige, ein Nachlassen der strengen Sitie in geschlechtlicher Beziehung. Hierfür fehlt es nicht an Strafgesetzen. Auch die Auffassung des Reichs gerichts über den Begriff des Unzüchtigen läßt eine Lücke nicht ersehen. Allenthalben hat das Reichsgericht den Begriff festgehalten, daß unzüchtig dasjenige sei, was das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzt. Wir nehmen unter vielen anderen nur Bezug auf das Urteil vom 15. Januar 1891, Entsch. XXI. 306, aber auch auf jene vom 6. November 1893 und 10. Dezember 1897, Entsch. XXIV. 365 und XXX. 378, in welchen die Grenz linie zwischen dem Erlaubten in Darstellung nackter Körper durch die Kunst und dem Unzüchtigen gezogen ist. Würden die vom Reichsgerichte ausgestellten Grundsätze genau beachtet, so würden auch die Klagen über eine zu laxe Praxis ver stummen müssen. Diese scheint allerdings häufig nicht die richtige Strenge zu entwickeln. Allein es fehlt nicht an der Gesetzgebung und nicht an der Interpretation der Gesetze durch unser höchstes Gericht, sondern an der Handhabung jener Gesetze. Wenn z. B. über Ausstellung schamloser Dar stellungen weiblicher Körper geklagt wird, so giebt dagegen das oben erwähnte Urteil vom 10. Dezember 1897 die richtigen Fingerzeige. Wenn man klagt, daß Annoncen, denen der neu vorgeschlagene Z 184 Ziffer 3 engegentreten soll, nicht die nötige Unterdrückung fanden, so kann man doch kaum einen Zweifel haben, baß jene Annoncen Waren zum Gegenstände haben, deren Gebrauch unzüchtigen Zwecken
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