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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.05.1900
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- 1900-05-11
- Erscheinungsdatum
- 11.05.1900
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108, 11. Mm 1900. Nichtamtlicher Teil. 3653 Alke Bibliotheken. Bekannt ist, daß es zu allen, selbst in den fernsten Zeilen Bücherliebhaber gegeben hat, die größere Büchersamm lungen ihr eigen nannten. Daß derartige Bibliotheken aus der Zeit vor Erfindung der Buchdruckerkunst einen ganz anderen Wert repräsentierten als heutzutage die umfang reichsten Büchersammlungen, braucht ebenfalls nicht weiter begründet zu werden. Es soll auch hier nicht eine Auf zählung alter Bibliotheken, die in jedem Lexikon nachgelesen werden kann, gegeben werden, sondern die nachfolgenden Zeilen sollen sich mit zwei päpstlichen Büchersammlungen beschäftigen, über die der Jesuit Josef Hilgers in diesem Jahre einige sehr interessante Studien veröffentlicht hat, denen wir im wesentlichen folgen.*) Die eine der beiden wertvollen Bibliotheken ist spurlos zu Grunde gegangen: es ist diejenige aus dem 13. Jahr hundert, die nach Papst Bonifaz VIII., unter dem die Samm lung zum ersten Male inventarisiert wurde, die Bonifatiana heißt, obwohl sie höchst wahrscheinlich schon von Jnnocenz III. gegründet worden ist. Der unter Bonifaz angelegte Katalog ist so ausgezeichnet gearbeitet, daß er noch ein ganz klares Bild von den Schätzen giebt, die er beschreibt. Nur zwei andere Bibliotheken konnten sich, was den Reichtum der Bestände anbelangt, mit der Bonifatiana messen: die englische von Canterbury mit 198 Codices, und die Bibliothek der Pariser Universität, der Sorbonne, die freilich mit ihren 1017 Handschriften im Jahre 1290 alle anderen weit übertraf. Die 500 Bände zählende Bonifatiana teilte die unstäten Schicksale des Papsttums im Anfang des 14. Jahrhunderts. Als der herrschsüchtige Bonifaz nach seiner Vaterstadt Anagni zog, wo er von dem Kanzler des verhaßten "französischen Königs Philipp des Schönen, Wil helm von Nogaret, am 7. September 1303 gefangen genommen wurde, da übersiedelte auch der päpstliche Schatz dorthin. Nach damaliger Art der Kriegführung wurde dieser natürlich geplündert, und auch die Bibliothek blieb nicht verschont; doch kamen später die geraubten Bestände wieder zurück. Die Gefangenschaft des anspruchsvollen Papstes dauerte nur drei Tage, dann wurde er von dem Volke befreit; aber einen Monat später starb der unruhige Mann zu Rom. Sein friedliebender Nachfolger Benedikt XI. begab sich schon im nächsten Jahre mit Schatz und Bibliothek auf die Wanderschaft und siedelte sich damit in der papsttreuen Welfen- stadt Perugia an, und die Büchersammlung verblieb auch dort noch, nachdem Benedikt schon im Juli 1304 gestorben war. Endlich aber gelangte die Bibliothek auf Befehl Klemens V. um 1312 nach Assist, bei welcher Gelegenheit ein neues, in der vatikanischen Bibliothek noch vorhandenes, genau be schreibendes Verzeichnis der inzwischen dennoch ansehnlich angewachsenen Bestände angefertigt wurde. Aus diesem sind nicht nur die Titel und der Inhalt der Bücher zu ersehen, sondern auch die Art ihrer Schrift und ihres Materials, ihre Illustrationen und Illuminationen, die Einbände, Ver schlüsse rc. rc. Assisi war zu jener Zeit besonders geeignet zur Hütung des Schatzes in sturmbewegter Zeit. Die stark befestigte Stadt war welfisch gesinnt und den Päpsten ergeben; das Grab des heiligen Franziskus galt als vor Beraubung mög lichst gesichert. Dennoch rechtfertigte Assisi in jenen kriege rischen Zeiten nicht das in die Stadt gesetzte Vertrauen. Die Ghibellinen stürmten sie 1319, und bei der obligaten Plünderung gingen auch 40 Handschriften, natürlich lediglich wegen ihrer wertvollen Fassung und kostbaren Einbände, den Weg des übrigen Schatzes. Noch zwei Verzeichnisse der Samm *) Stimmen aus Maria Laach. 1800. S. 60 u. ff. und S. 398 u. ff. Siebettundsechzigsler Jahrgang. lung, von 1327 und 1339, besitzen wir; aber von den ferneren Schicksalen der Bücher selbst läßt sich trotz aller angestellten Nachforschungen keine Spur mehr auffinden; sie sind in Ver gessenheit geraten und wahrscheinlich bei irgend einem Ereignis jäh zu Grunde gegangen. Der Hauptbestandteil der Bibliothek setzte sich aus theo logischen und philosophischen Schriften zusammen; doch war die Bonifatiana zugleich die erste griechische Bibliothek des Mittelalters und dazu vor der Renaissance die größte, von der wir Kunde haben. Im Jahre 1426 zählte die berühmte Bibliothek der Visconti zu Pavia, unter den italienischen jener Zeit die bedeutendste und reichste, unter ihren griechischen Handschriften eine Ilias, einen Plato und zwei Bücher in griechischer und hebräischer Schrift. Die päpstliche Bibliothek zu Eugens IV. Zeit 1443 zählte nur zwei griechische Hand schriften, und 1456 besaß die Büchersammlnng der Mediceer noch keine einzige. Die Bonifatiana dagegen hatte 33 griechische Handschriften anfzuweisen: Werke des Aristoteles und seiner Kommentatoren, des Archimedes, Kommentare zu Platos Timäus und zum Euklid rc. rc., ein Schatz, für den, wie Hilgers sagt, die Humanisten bei Beginn des 15. Jahr hunderts und mit ihnen Nikolaus V. halb Rom geopfert hätten. L. Ehrle, der Präfekt der vatikanischen Bibliothek, der sich keine Mühe um die Wiederauffiudung dieses Schatzes hat verdrießen lassen, verweist für die Herkunft dieser reichen Zahl von griechischen Handschriften auf den regen Verkehr, der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zumal zwischen Rom und Konstantinopel, der päpstlichen Kurie und den oströmischen Kaisern unterhalten wurde. Es waren be sonders die Minderbrüder und Dominikaner, die entweder als päpstliche Gesandte am Hofe zu Konstantinopel verkehrten oder aber in jenen östlichen Gegenden ständigen Aufenthalt hatten und ebendort mit viel Eifer die griechische Sprache pflegten. Der bedeutendste unter diesen ist der Dominikaner- Erzbischof von Korinth, Wilhelm v. Moerbecke, der in den Jahren von 1277—1281 mehrere griechische Codices teils zu Viterbo an der Kurie, teils an seinem Sitz zu Korinth ins Lateinische übertrug. Er war der beste Aristotelesübcrsctzer jener Zeiten. — Ist diese Bibliothek nun, wie es scheint, unwiederbring lich verloren, so hatte eine nur wenig jüngere päpstliche Bücher sammlung ein glücklicheres Geschick: diejenige, die Johann XXII. in Avignon gründete. Schon sein Vorgänger, Klemens V., hatte 1309 seine Residenz auf Wunsch des französischen Königs Philipp des Schönen von Rom nach der genannten prächtigen Rhonestadt verlegt; aber seine bibliophilen Neigungen scheinen sich auf das Verlangen nach dem Besitz eines medizinischen Werkes beschränkt zu haben, das ihm sein Leibarzt Arnald von Villanova zwar versprochen, aber nicht gegeben hatte, da er das Unglück hatte, vorher zu sterben. Klemens schleuderte einen Bannstrahl nach dem Unbekannten, der das Buch etwa besitze und es ihm vorenthalte. Es nutzte aber, wie es scheint, nichts, denn der Papst starb 1314, mit Hinterlassung zwar einer Million Goldgulden — von der seine glücklichen Erben sagten: von ölst — aber keiner Bibliothek! Wenn sein Nachfolger Johann, der Sohn des französi schen Handwerkers, auch die nicht sehr noblen Eigenschaften seines aristokratischen Vorgängers sich in vollem Maße an eignete, so hatte er doch größere litterarische Interessen. Schon als Kardinal hatte er durch die Anlage einer Bücher sammlung dieses Interesse bekundet, und, 1316 Papst geworden, ließ er sich die Vermehrung seiner Schätze mit Eifer ange legen sein. Er scheint eine Vorliebe für Litteratur in kon densierter Form gehabt zu haben. Petrarca erzählt von ihm, daß er es gern sah, als ihn das Alter und die Menge der Sorgen am Studium und Lesen hinderten, wenn ihm einer > die alten ehrwürdigen Scharteken kurz zusammenfaßte und 4S0
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