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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.05.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-05-30
- Erscheinungsdatum
- 30.05.1900
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- Deutsch
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^ 123, 30. Mai 1900. Amtlicher Teil. 4155 Herr Hermann Crcdner-Leipzig: Meine Herren! Als das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Nebengesetze nicht in einer mit der amtlichen übereinstimmenden Rechtschreibung veröffentlicht wurden, haben wir uns veranlaßt gesehen, im Verein der Leipziger Buchhändler der Rechtschreibungsfrage aufs neue näher zu treten. Wir glauben richtig die Beobachtung ge macht zu haben, daß der Widerstand, der sich gegen die Einführung und Durchführung der Rechtschreibung offenbar zeigt, weniger bei den Bundesregierungen, als bei den Reichsbehörden zu suchen ist. Es hat fast den Anschein, als ob es von seiten der Reichsbehörden vielfach als eine Art Sport betrieben wird, in einer Sache, die das Reich bis jetzt gar nichts an geht, einzugreifen als Reformator und Gesetzgeber. So haben wir es beobachten müssen, daß die Post eine Orthographie für sich ausgestellt und ein wissenschaftliches System dazu gegeben hat, und daß das Reichsjustizamt eine besondere'Ortho graphie eingeführt hat. Daher wollten wir uns von seiten des Vereins mit der Frage in der Weise beschäftigen, daß wir durch den Reichstag Einfluß zu gewinnen suchten auf die Reichs-Centralbehörden. In der Zwischenzeit haben wir jedoch gehört, daß man im preußischen Ministerium damit umgeht, die gegenwärtige, seit 1880 eingeführte Rechtschreibung voll ständig umznwerfcn, und dies hat uns veranlaßt, der Sache auf einem anderen Wege näher zu treten, nicht auf dem von uns in Aussicht genommenen durch Vermittelung unseres Reichstagsabgeordneten, sondern wir haben beschlossen, uns an den Vorstand des Börscnvereins zu wenden und diesen zu bitten, bei den Bundesregierungen dahin vorstellig zu werden, daß eine Neuregulicrung der Orthographie in einer Form, wie sie z. B. im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt ist, durchaus aus geschlossen werde, daß dagegen alles aufgeboten werde, um die Orthographie von 1880 zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. Also darauf geht unser Antrag aus, und wir hoffen, daß, wenn der Börsenverein ungesäumt Schritte unternimmt, es verhindert werden wird, daß die preußische Regierung einseitig wieder eine neue Orthographie einführt. Als eine solche im Jahre 1880 von Preußen ganz unvermittelt eingcführt wurde, schlossen sich die übrigen Bundesstaaten an, um zu ver hindern, daß in den Schulen der einzelnen Staaten des Deutschen Reichs eine verschiedene Rechtschreibung bestände. Wenn die preußische Regierung diesmal wieder einseitig eine neue Orthographie einführen sollte, so ist zu befürchten, daß die Bundesstaaten, die sich damals, von nationalen Gesichtspunkten getragen, sofort entschlossen, dem preußischen Vorgänge zu folgen, daß die diesmal nicht wieder sofort Nachfolgen, sondern sich dagegen sträuben werden, und dann würde innerhalb des Deutschen Reichs eine Verschiedenheit entstehen, die zum Spott von In- und Ausland dienen würde. Diesen Zustand dürfen wir nicht eintreten lassen. Vor allen Dingen werden neben allgemein deutschen auch unsere materiellen Interessen in dieser Sache stark betroffen; wir nffissen verhindern, daß beliebig von seiten einer Regierung alle paar Jahre die Ortho graphie geändert wird; wir müssen der Anschauung zum Durchbruch verhelfen, daß diese Frage nicht als eine Angelegenheit eines einzelnen Staats behandelt werden darf, sondern daß es sich um eine allgemeine deutsche Sache handelt, die nicht beliebig von irgend einer Seite Beunruhigung schaffend immer wieder aufgegriffen werden darf. Herr Robert Voigtländer-Leipzig: Geehrte Herren! Als einer der Mitantragsteller und als der einzige, der zuerst im Börsenblatt als Urheber dieses Antrags genannt war, bin ich Ihnen eine Aufklärung schuldig. Der erste Antrag, der eben verlesen worden ist, geht nicht von mir aus, das ist ein Irrtum, sondern von dem Vereine der Buchhändler zu Leipzig, und ist daher jetzt unter der Firma Credner, Voigtländer und Genossen erschienen; die Genossen sind einige sechzig der angesehensten Verleger Leipzigs, die meistens an dieser Sache durch Schulbücherverlag beteiligt sind. Nachdem für diesen Antrag bereits die Unterschriften gesammelt waren, ist uns erst die dem Vorstand erteilte Ant- wort des preußischen Kultusministers zur Kenntnis gekommen. Die Antwort ist im Jahresbericht erwähnt; es ist darin — ich kann leider nicht wörtlich citieren — gesagt, daß für den Fall eine neue Rechtschreibung kommen sollte, der Buchhandel sich versichert halten möge, daß seine Interessen nach Möglichkeit gewahrt werden sollen. Meine Herren! Wir stehen hier nach vor der Thatsache, daß in der That im preußischen Kultusministerium man eine neue Rechtschreibung plant. Nachdem wir das erfahren hatten, haben wir uns entschlossen, den ersten Antrag, der jetzt verlesen wurde, zurückzuziehen und statt dessen eine Erklärung vorzuschlagen, die Ihnen ebenfalls bereits gedruckt vorliegt, die ich also nicht zu verlesen brauche. In diesem Augenblick, wo wir vor der Wiederholung einer der größten Schädigungen des Buchhandels stehen, die diesem über haupt widerfahren können, halten wir cs als unsere Pflicht als Männer, hier ein klares und deutliches Wort zu sagen. Soweit wir als Buchhändler eine Meinung äußern können, haben wir zu sagen: nein, unserer Ansicht nach ist cs ein schwerer Fehler, der hier begangen werden soll. Die deutsche Rechtschreibung ist durchaus nicht nur eine Angelegenheit des preußischen Staats oder irgend eines anderen deutschen Bundesstaats, sondern eine allgemeine deutsche Sache, die weit über die Reichsgrenzen hinaus ihre Bedeutung hat; sie kann nicht geregelt werden in der Form, wie jede andere Schulverordnung erlassen zu werden Pflegt. Wir haben gestern das Buchgewerbehaus eingeweiht; Se. Majestät der Kaiser hat einen Vertreter hierher geschickt, der zu erklären hatte, mit welchem Wohlwollen man dem Buchgewerbe gegcnüberstehe. Welch schriller Mißklang nun, wenn uns fast gleichzeitig zu Ohren kommt, daß in Berlin zu einem Schlage ausgeholt wird, der demselben Buchgewerbe eine der tiefsten Wunden schlägt. (Sehr richtig!) Es ist ferner gestern von dem Vertreter des Reichstags gesagt worden, wie das Buchgewerbe ein Ring in der Einheit Deutschlands sei; und in demselben Augenblicke, wo das gesagt wird, sucht man von Berlin aus, wo man alle Ursache hätte, die Einheit immer fester zu schließen, sucht man diesen Ring wieder zu sprengen. Denn eine Sprengung der Einheit unseres Schrifttums liegt nahe, da, wie eben schon gesagt wurde, in Frage steht, ob sich die Bundesregierungen, namentlich die süddeutschen, anschließen werden, wenn jetzt plötzlich und ohne ausreichende innere sachliche Gründe von Berlin aus eine neue Rechtschreibung beschlossen werden sollte. Ich schlage Ihnen daher, meine Herren, vor, an Stelle des vorhin verlesenen Antrags Credner und Genossen die nachstehende Entschließung anzunehmen, die Ihnen gedruckt vorliegt und von den Herren Albert Brockhaus, Credner und Genossen unterzeichnet ist. Die Unterzeichneten schlagen zum Punkt 8 der Tagesordnung folgende Entschließung vor: Die Hauptversammlung des »Börscnvereins der Deutschen Buchhändler« erfährt mit tiefem Bedauern aus der dem Vorstände erteilten Antwort des Preußischen Kultusministeriums, daß in Preußen eine Aenderung der seit dem Jahre 1880 in den Schulen amtlich eingeführten Rechtschreibung im Werke ist. Sie beauftragt deu Vorstand, in jeder zulässigen Weise gegen diese Absicht vorstellig zu werden. Nachdem unter dem Vorgänge Preußens nahezu gleiche Vorschriften über Rechtschreibung in allen deutschen Schulen eingeführt worden sind nnd sich in dem größten Teil der Litteratur eingebürgert haben, ist cs völlig unverständlich, daß dem deutschen Volke abermals eine andere Schreibweise zugemutet werden soll. Die wünschens- 558'
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