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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.01.1905
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- 1905-01-05
- Erscheinungsdatum
- 05.01.1905
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134 Nichtamtlicher Teil. 4. 5. Januar 1905. nicht genauer erörtern, nur beiläufig bemerken, daß dabei auch die Frage des Honorars eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Selbst der unverbesserliche Idealist zieht auf die Dauer ein ordentliches Mittagessen dem Nagen am Hungertuche vor, und die schweizerischen Verleger zahlen natürlich am liebsten so wenig wie möglich. Lobenswerte Ausnahmen gibt es zwar auch aus diesem Gebiet in der deutschen und welschen Schweiz. Sodann glauben die Schriftsteller mit Recht oder Unrecht, ihren Werken eine viel größere Verbreitung zu sichern, wenn diese in einem rühmlichst bekannten ausländischen Verlag erscheinen. Also spielt auch der Ehrgeiz etwas mit. Seltener mögen die Fälle sein, in denen ein Schriftsteller in der Schweiz keinen Verleger findet oder bei seinen Landsleuten nicht auf Verständnis für seine Ideen rechnen kann. Für das schweizerische Publikum hat ein Buch übrigens einen viel höheren Wert, wenn es in Berlin, Leipzig oder Paris gedruckt ist. Da muß der Mann, der es geschrieben hat, doch schon einen bedeutenden Ruf haben! Sonst würde er kaum im Ausland bekannt sein und einen Verleger gefunden haben. Auch mag oft den Lesern ihr Instinkt, oder sagen wir höflicher, eine unbewußte Ahnung sagen, daß die Bücher, die aus im großen und ganzen nicht so sehr Unrecht. Die schweizerische Literatur ist ja mit seltenen Ausnahmen sehr anständig und ehr bar; aber ein Buch kann ganz hervorragend tugendhaft und doch nur für wenige Auserwählte genießbar sein. Ein so bedeutender Überschuß an Tugend findet sich nun allerdings nur in einem Teil der schweizerischen Literatur. Jmmer- die christliche Salbung und Gouvernantenmoral, gemeinnützige Biederkeit, pädagogische Weisheit und patriotische Phraseologie dürfte in unserer Lyrik, Epik und Dramatik füglich etwas in den Hintergrund treten, ohne daß wir Gefahr laufen würden, vom geraten. Der geistreiche Karl Vogt hat einmal einen sehr lustigen Aufsatz geschrieben über die calvinistische Sauce, die der west- schweizerischen Literatur ihr eigentümliches Geschmäcklein verleiht; vielleicht könnte ein literarischer Feinschmecker auch für die deutsche Schweiz etwas ähnliches herausfinden, müßte aber hübsch darüber Zusatz von pastoraler oder schulmeisterlicher Lehrhaftigkeit nur selten fehlt. Pestalozzi und Gotthelf sind nicht umsonst unsre Landsleute! Jubiläen, Denkfeiern, Gründungsfeiern rc. gesteigert wurde. Jedes dieser Feste erfordert zum mindesten ein Festspiel, eine Reihe von Gedichten mit oder ohne musikalische Komposition; eine Ergänzung bilden in vielen Fällen noch historische Erzählungen, die das gefeierte Ereignis zum Gegenstand haben. Besonders die Festspiele find so sehr allgemeines Bedürfnis geworden, daß auch die Sänger, Schützen, Turner, Handels reisenden rc. sie kaum mehr entbehren können und selbst die trocknen Juristen ihre Verhandlungen gelegentlich mit einem dramatischen Scherz abschließen. Gut gemeint sind sicherlich alle diese Festspiele und haben auch jeweilen ihren Zweck bei der ge- regelmäßig den bei uns so verbreiteten Lorbeer eingetragen. Ein strenger literarischer Maßstab darf freilich nicht angelegt werden; sonst würde es sich zeigen, daß nur wenige dieser Gelegenheits- zahlreichen -vaterländischen Schauspiele* mit oder ohne Musik, die meistens Ereignisse aus der Schweizergeschichte behandeln und hauptsächlich auf unfern Liebhaberbühnen, mitunter auch im Freien, aufgeführt werden. Dazu kommen noch die vielen tische Literatur ziemlich arm. Auf unfern Theatern werden bei nahe ausschließlich Werke ausländischer Autoren aufgeführt. Ähnlich steht auch in der erzählenden Literatur, be- Jn der Lyrik kommt das persönliche Moment selbstver ständlich mehr zur Geltung. Aber die Beziehungen zur weitern oder engern Heimat fehlen auch in einem Gedichtbändchen selten ganz. Noch eine Bemerkung möge hier angebracht sein, die freilich nur auf einem persönlichen Eindruck beruht: ist, als man nach der Beoölkerungszahl erwarten sollte. Es wird offenbar in den Kantonen der Westschweiz sehr viel gelesen und Demgemäß auch viel produziert, was besonders auch den litera- die, vielleicht auch infolge der konfessionellen Sonderstellung, die Konkurrenz des Auslandes weit besser auszuhalten vermögen als die deutsch-schweizerischen. der 8ui386 liowLocks konstatieren; sie erzeugt relativ weit zahl reichere Werke, die auch als literarisches Kunstwerk gelten dürfen, als der deutsche Osten. Dies steht gewiß wenigstens zum Teil mit den Sprachverhältnissen im Zusammenhang. Der gebildete West- schweizer ist von Jugend auf an den Gebrauch eines reinen erst mühsam aneignen müssen. Wir denken und sprechen in unserm Dialekt, und wenn wir »hochdeutsch, schreiben, bewegen wir uns eigentlich auf fremdem Gebiet, gewöhnlich zwar ziemlich korrekt, aber öfters eher mit ungesundener als ungesuchler Darstellung macht gewöhnlich so viel Blühe, daß man den Versuch oft schon aus diesem Grunde wieder aufgibt. So bleibt manches Buch nicht nur ungedruckt, sondern auch ungeschrieben, und viel leicht sind dies gar nicht die schlechtesten! Auch auf dem Gebiet der Jugendschriften steht die französische Schweiz, das Land der Ecziehungsinstitute und Gouvernanten, selbständiger da als der deutsche Teil, der mit fremden Produkten förmlich überschwemmt wird, während gerade Die Schriften unsrer beliebtesten Jugendschriftstellerin in Deutsch land erscheinen. Bis jetzt war immer von den Werken schweizerischer Autoren die Rede. Diese Mitteilungen müssen aber noch ergänzt werden durch den Hinweis auf die Tatsache, daß auch Unterhaltungs literatur fremden Ursprunges massenhaft in der Schweiz gedruckt wird. Vielfach handelt es sich dabei um Nachdruck von Werken, die nicht mehr unter dem Schutz des geistigen Eigentums stehen, seltner um neue Erzeugnisse. Diese Erzählungen, Romane, Novellen rc. werden zum Teil in Sammlungen, wie die Familien bibliothek, die Wochenbibliothek rc., oder von den Vereinen für Verbreitung guter Schriften herausgegeben, oder dann erscheinen sie in den literarischen Sonntagsbeilagen zu den politischen Zeitungen, die meistens ganz fabrikmäßig hergestellt und mit ver- änderten Titeln den verschiedensten Blättern beigegeben werden. Eine Spezialität der Schweiz sind auch die Übersetzungen von religiös gefärbten englischen Romanen und Erzählungen, die be sonders in Basel und Lausanne erscheinen. Schließlich wird in der Schweiz noch manches gedruckt, was im Ausland nicht ver öffentlicht werden darf, Hofskandale, Romane, Lieder und Flug schriften mit revolutionärer Tendenz, die freilich nur teilweise zu den Unterhaltungsschriften gerechnet werden dürfen. Sehr inter essant ist in dieser Beziehung Genf, wo unter anderm auch viele russische und selbst türkische Schriften gedruckt werden. Nach der »schönen Literatur* haben wir die religiösen und
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