Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-01-27
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1905
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19050127
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190501274
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19050127
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1905
- Monat1905-01
- Tag1905-01-27
- Monat1905-01
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
22, 27, Januar 1905, Nichtamtlicher Teil, 8S7 . ausgezeichneten Schüler gesorgt hätte. So konnte Ernst Abbe in Jena und Göttingen studieren, lehrte dann in Frank furt a, M, und Jena, wo er mit Carl Zeiß in Verbindung trat Seine hervorragende wissenschaftliche Begabung führte die kleine optische Werkstätte des Mechanikers Zeiß, der beim Bau der Mikroskope noch das System »Probieren geht über Studieren» befolgte, zu der Ausbreitung und Weltstellung, die sie heute besitzt. Und als Abbe dann als alleiniger Eigentümer des gewaltigen Anwesens dastand und mit einem Stabe von 1000 Arbeitern und Beamten umgeben war, da erwachte die Erinnerung an seine Jugend mit neuer Macht, und seine llneigennützigkeit, gepaart mit dem strengen Ge rechtigkeitssinn, ließen ihn zur größten Tat seines Lebens gelangen, zu der Entäußerung seines gesamten gegenwärtigen und künftigen Vermögens an eine unpersönliche, unveräußerliche Stiftung, die Carl Zeiß-Stiftung, die er zu diesem Zweck gründete und die künftig die Aufgabe haben wird, der Wissen schaft und der Gemeinnützigkeit zu dienen durch Fortsetzung der Lebensarbeit Ernst Abbes, Denn als ihm aus seinen optischen Neuschöpfungen und Erfindungen die hohen Einkünfte zuzufließen begannen, da fragte er sich, ob denn das alles sein persönliches Verdienst sei, und kam zu dem Schluß, daß nur durch die Zusammen arbeit, nur dadurch, daß der einzelne ein Rädchen ist im ganzen Betriebe und Getriebe, die großen Leistungen möglich sind, daß das Kollcktiokapital erst Mittel und Wege ebnet, damit der einzelne seine Begabung betätigen kann, und daß die größten Erfindungen keinen Pfennig erbringen, wenn nicht auch die Leute vorhanden sind, die sie in die Tat Umsetzen, also die geschickt sind zur Handarbeit, Hierin liegt der grundlegende Gedanke der Sozialpolitik Ernst Abbes, Ob wohl er seinem Intellekt den weit überwiegenden Löwen anteil an den gewaltigen Erfolgen des Zeißwerkes zuschreiben mußte, steht er die Einkommenverteilung nur dann als eine gerechte an, wenn das, was durch Kollektivarbeit er worben wird, wieder Kollektiveigentum wird, aus dem dann die Arbeitsleistung des einzelnen nach objektivem und mög lichst ausgleichendem Maßstab bezahlt wird. Hierin mag Abbe ein wenig zu weit gegangen sein; aber das Studium dieser großen sozialpolitischen Erwägung über die gerechte Ver teilung des Arbeitseinkommens auf Grundlage von Einzel erfahrung in praktischen Unternehmungen ist in allen Industrie- und Handelszweigen der Beachtung wert und sollte von denen, die dazu berufen sind, im Auge behalten werden, Abbe hat seine Gedanken darüber in drei Reden niedergclegt, die mir vorliegen, die aber im Buchhandel nicht zu haben sind, überhaupt nur noch in ver einzelten Exemplaren existieren: »Welche soziale Forde rungen soll die »Freisinnige Volkspartei- in ihr Programm aufnehmen? Zwei Vorträge, gehalten von Professor l)r, E, Abbe im Freisinnigen Verein zu Jena am 7, und 21, März 1894» (Jena 1894, B, Vopelius), und »über die Grundlagen der Lohnregelung in der Optischen Werkstätte; Rede gehalten von Herrn Professor vr, E, Abbe in der all gemeinen Versammlung der Geschaftsangehörigen am 15, De zember 1897» (als Manuskript gedruckt 1903), Weiter hat Abbe zwei eingehende Vorträge über die Bedeutung des achtstündigen Arbeitstags gehalten, die aber nicht einmal im Manuskript existieren, Niedergclegt sind seine Anschauungen jedoch in bester kodifikatorischer Fassung im Statut der Carl Zeiß-Stiftung, dessen Hauptbestimmungen wir hier kurz umführen wollen, — Wie gesagt: In manchen Dingen hat Abbe wohl seiner großen Humanität die Zügel zu sehr schießen lassen, so daß er z, B, sich selbst zu wenig Anteil am Kollektivertrage gönnte; aber der überzeugte Reformator, der zum ersten Mal das Programm in die Tat umsetzt, muß, Börsenblatt für bin d-ntschen Buchhandel, 72, Jahrgang, wenn er Nachfolge finden will, eher zu viel als zu wenig tun. Und Abbe war ein so konsequenter Vertreter dessen, was er einmal für recht erkannt hatte, daß darin zu wenig zu tun für ihn unmöglich gewesen wäre. Im Stiftungsstatut der Carl Zeiß-Stiftung ist für die Rechtslage, die Gesundheit und die Bildung der Angestellten und Arbeiter gesorgt. In rechtlicher Hinsicht steht der Ar beiter hier grundsätzlich nicht anders als alle übrigen Angestellten, sogar als diejenigen der Geschäftsleitung, die in kollegialem Verhältnis zu ihm stehen sollen und nur Organe der Verwaltung sind, nur als solche, nur hin sichtlich der Arbeit zu befehlen haben. Es besteht ferner ein Arbeiterausschuß, der ohne Einberufung durch die Ge schäftsleitung zusammentreten kann. Auf Urlaub hat jeder Arbeiter Anspruch, und zwar für 12 Tage im Jahr, Auch wirtschaftlich stehen die Arbeiter vorzüglich da, da sie außer relativ hohem Lohn Anspruch auf Gewinnbeteiligung haben, die als vorher einbehaltene Lohnnachzahlung theoretisch ge faßt wird und in den letzten zehn Jahren 5—10 Prozent von, Einkommen des Einzelnen betrug. Es besteht ferner eine Betriebskrankenkasse, die viel leistet, und Beamte wie Arbeiter haben statutenmäßig Anspruch auf Pension für sich und auf Hinterbliebenenversorgung nach bestimmten Prozent sätzen, Auch die Frage der Arbeitslosenversicherung ist zum Teil gelöst durch die satzungsmäßig festgesetzte und ziemlich weitgehende Abgangsentschädigung für alle eine gewisse Zeit im Betriebe tätigen Personen, wenn ihnen ohne ihr Ver schulden gekündigt wird. Die Regelung der Arbeitszeit greift schon hinüber auf das Gebiet der Gesundheitsfürsorge, Mit sehr interessanten statistischen Berechnungen hat Abbe seine Lehre vom physio logischen Gleichgewicht der industriellen Arbeitsleistung be rechnet und ist damit zu der Forderung der achtstündigen Arbeitszeit gelangt, die er im Jahre 1901 in der optischen Werkstätte eingeführt hat. Viele besondre Gesundheits einrichtungen sind ferner in allen Teilen der Fabrik verwirk licht; eine Fabrikbadeanstalt mit den vorzüglichsten Ein richtungen für gewöhnliche und medizinische Bäder ist vor handen, und jeder Arbeiter hat das Recht, während der achtstündigen Arbeitszeit wöchentlich ein halbstündiges Bad zu nehmen. Für die jugendlichen Arbeiter sind besondere Gesundheitsvorschriften und Vorschriften für ihre Fortbildung erlassen. Die Bildungsfürsorge hat ihr glänzendstes Doku ment in der vorzüglich eingerichteten öffentlichen Lesehalle, die zu den besten in Deutschland gehört. Vieles Einzelne wäre noch zu erwähnen, auch manches Wichtige, was hier übergangen werden mußte. Wer sich näher für alle diese Dinge interessiert, findet sie sozialpolitisch ausführlich behandelt in einem Aufsatz des Schreibers dieser Zeilen in der »Sozialen Praxis» von 1904 Nr, 25 u, 26 und in dem Buche von Professor Felix Auerbach »Das Zeißwerk und die Carl Zeiß-Stiftung in Jena« (Verlag von Gustav Fischer in Jena), Und in diesem Buche sagt der Verfasser mit vollem Recht von Professor Ernst Abbe, dem Schöpfer von so viel Gutem für die Mitmenschen,: »Es wird die Spur von seinen Erdentagen nicht in Aeonen untergehen«, Jena, vr, jnr, A, Elster, Kleine Mitteilungen. Beschlagnahmen und Verurteilungen von Druck schriften. — Von deutschen Gerichten sind im letzten Viertel jahr 1904 70 verschiedene Druckschriften und Postkarten in der Hauptsache wegen unzüchtigen Inhalts, aber auch wegen Majestäts- bclcidigung, Aufreizung zum Klassenhaß, Beschimpfung der Kirche usw., beschlagnahmt bzw, verurteilt worden. 122
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder