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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-03-28
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1905
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- Deutsch
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Firmen sind, so müssen sie diejenigen literarischen Erschei nungen bevorzugen, die ohnehin den Weg zum Konsumenten am leichtesten finden. Hierdurch tritt eine Benachteiligung der sogenannten schweren Literatur ein, die mehr dem latenten als dem offenkundigen Bedarf dient. Als Hebel zur Ergänzung dieser Privatbetriebe fordert Verfasser die »Gründung eines Reichsbarsortiments, als literarisches Ausstrahlungszentrum aller Er scheinungen, gleichgültig welcher Grad von Absatz fähigkeit und Absatzmöglichkeit ihnen von Natur aus anhaftet«, (S, 88,) Köhler führt diesen Gedanken weiter aus, indem er zwanzig Vertriebsorte im Deutschen Reich begründen will, daneben noch sieben Nebenstellen in Österreich-Ungarn, Dieses Unternehmen soll von dem ganzen Verlagsbuch handel ins Leben gerufen werden, und jeder Verleger soll an dem Gewinn nach Verhältnis seiner Einlage teilhaben. Der Verfasser verspricht sich von diesem Plan u, a,, daß der Verleger den Buchvertrieb von zehn verschiedenen Städten aus zugleich bewirken und von den erwähnten Stützpunkten aus die Vertriebstechnik je nach Erfordernis selbständig organisieren und handhaben kann. Wie dies der Fall sein soll, wenn der Verlag mehr oder weniger von den Zentren aus geliefert werden soll, und der Verleger ebenso wie bei der Lieferung an Privatbarsortimente darauf verzichtet, den Abnehmer selbst zu kennen (S, 89), ist mir unerfindlich, ebenso wie das Unternehmen rentabel werden soll, wenn es alle Erscheinungen, »gleichgültig welcher Grad von Absatzfähigkeit und Absatzmöglichkeit ihnen von Natur aus anhaftet» (S, 88) umfassen soll. Und soll dieses Reichsbarsortiment alle diese Bücher in Partien bar dem Verleger abnehmen? Das Barsortiment beruht ja gerade auf dem Zusammenfassen der gangbaren und in Partien absetzbaren Literatur und muß unrettbar unter der Wucht der Literaturmassen zusammenbrechen, wenn es sich von diesem Grundprinzip entfernt. Und hat Verfasser denn seine eigne Definition vergessen, daß das Barsortiment auf dem Kommissionsgeschäft beruht? Das Reichsbarsortiment, wie Köhler es vorschlägt, zeigt alle Schattenseiten, die das heutige Barsortiment für den Verleger hat: Entwöhnung des Sortimenters von dem direkten Verkehr, Unkenntnis des Verlegers über den Verbleib seiner Veiilagsartikel, dadurch Beraubung der Möglichkeit, selbst für den Vertrieb da tätig zu sein, wo das Sortiment versagt, — ohne die Lichtseiten, Die Spesen eines solchen Reichsbarsortiments würden enorm sein, die Leiter der ein zelnen Stellen würden vielfach nicht oder nur zu sehr hohen Bedingungen zu beschaffen sein, die Masse der -schweren Literatur- würde die verkäufliche Ware erdrücken, und — der Verleger der gängigen Literatur würde sehr bald da hinter kommen, daß er für den Verleger der »schweren Lite ratur« die Kosten bezahlt. Übrigens ist der Gedanke eines Verleger-Barsortiments nicht neu. Vor nicht gar langer Zeit haben sehr leistungs fähige Verleger sich um seine Verwirklichung bemüht; aber auch sie haben diesen Gedanken fallen lassen. Der sechste Abschnitt beschäftigt sich mit dem »Autoren- schutzvcrband und seiner wirtschaftspolitischen Bedeutung« In dem Schutzverbande findet Verfasser drei Interessen gruppen vereinigt, die sich deutlich von einander abheben: 1, die Bestrebungen der sozialen Wirtschaftsreformer, 2, wirtschaftliche Sonderinteressen eines bestimmten Ver legerkreises, 3, vielfach nicht unberechtigte, wenn auch ökonomisch nicht immer erfüllbare Wünsche vereinzelter Gelehrten kreise. Verfasser findet die Lösung des Problems in der Herbei führung eines ehrenvollen Friedens zwischen den streitenden Parteien, da Autor, Verleger und Händler von altersher die berufenen Kräfte zur Erweckung und Befriedigung lite rarischen Bedarfs waren und »auf ihrem Fleiß die Kultur macht deutscher Wissenschaft und Kunst ruht« (S, 99), Auf die Behandlung der Frage: »Welche Wirtschafts interessen sichern den Schutzverband?- <S, 100 u, folg,) will ich hier nicht näher eingehen, da Verfasser hier Politik und Sozialismus, die Stellung Berlins und Leipzigs und vieles andre hineinzieht, so daß ein kurzes Referat, das dem Inhalt gerecht würde, sich kaum geben läßt, um so weniger, als auch der Verfasser mehr andeutet als ausführt, und dem Leser überläßt, aus dem etwas krausen Gedankengang seine Schlüsse zu ziehen. Eine Einigung des Buchhandels hält er für geboten und für leicht mit den deutschen Bibliothekaren und den jungen Gelehrten, die weniger materiell als ideell interessiert erscheinen (S, 104), wobei ich die Bemerkung nicht unterdrücken kann, daß wohl alle Mitglieder des Schutz verbands dies für sich in Anspruch nehmen werden. In einem Schlußkapitel: »Die Leuchtkraft der Ideen und ihre wirtschaftlichen Reflexerscheinungen« faßt der Ver fasser alles zusammen, was das literarische Produkt von seiner Konzeption im Gehirn des Forschers, Denkers, Schrift stellers an bis zu seiner Darbietung an den ausnehmenden Geist durchzumachen hat. Sein Hinweis auf die Rentabi litätskategorien, die in dem Zuspruch der Studierenden zu den verschiedenen Fakultäten liegen, ist beachtenswert. Das Köhlersche Buch bietet sehr viel Anregendes; es sind ihm aufmerksame Leser zu wünschen. Leicht zu lesen ist es freilich nicht, da Verfasser, um klar und deutlich zu sein, des Guten zu viel tut und dadurch häufig das Gegenteil erreicht. Die von dem Herausgeber des »Plutus« unter dem Titel »Der Geist als Ware« bei Gelegenheit der Kartellverhandlungen in seinem Blatt gebrachte Abhandlung ist von mir bereits be sprochen worden. Gegen diese Darlegung, die die Schäden im Buchhandel dem Eindringen des Kapitalismus zuschreibt, wendet sich Gerhard Hildebrand in derselben Zeitschrift,*) Er behauptet, daß alle Schäden in der ungeheuren Zer splitterung der Produktion zu suchen seien. Diese erklärt sich aus dem individuellen Charakter des Buchs, »der die Herstellung von unzähligen Varietäten gestattet», »Die literarische Differenzie rung wirkt geschäftlich in Verlag und Sortiment fortgesetzt neubildend, und die geschäftlichen Neubildungen begünstigen wiederum einen übermäßigen, ungesunden Fortschritt der literarischen Differenzierung, schaffen die eigentliche Über produktion», Hildebrand will also nicht die Frage gelten lassen, ob sich die Schäden des Kapitalismus im Buchhandel beseitigen lassen, sondern ob »die literarische Differenzierung, die übermäßige Fülle der Neuerscheinungen, auf Kosten des Preises der Ware und damit auf Kosten der literarischen Markterweiterung dauernd festgesetzt werden (soll), oder ob wir Opfer an Differenzierung bringen können zugunsten billigerer Preise und damit größerer Verbreitung des ein zelnen Buches?« Hildebrand erklärt selbst, daß nur Riesen verleger sich von den herrschenden Tendenzen frei machen könnten, und daß dies nur mit Artikeln zu machen ist, die nicht einen ausgesprochenen Jndividualwert haben. Also der ganze Buchhandel ist mit solchen Beglückungstheorien nicht zu bessern, auch nicht die ganze Literatur, Wohl aber würde diese Theorie, in die Praxis umgesetzt, den größten Teil des Buchhandels, Sortiment wie Verlag, vernichten und nur wenige Riesenbetriebe übrig lassen, die nur auf *) Moderner Literaturbetrieb. Von Gerhard Hildebrand- Zehlendors, Plutus, Jahrg. I, 1904, Heft 28 o, 9, Juli, S, L52 ff,
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