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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.10.1905
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- 1905-10-03
- Erscheinungsdatum
- 03.10.1905
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- Deutsch
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8756 Nichtamtlicher Teil. -G 280. 8. Oktober 1905. wenn er sein Geschäft verstand. Es konnte natürlich nicht ausbleiben, daß von seiten der einsichtsvolleren Pädagogen gegen die Verbreitung derartiger literarischer Erzeugnisse zu allen Zeiten energisch Front gemacht wurde, und so können wir in der gesamten Geschichte unsrer Jugendliteratur das Bestreben der Erzieher Nachweisen, ihren jeweiligen Pädagogischen Grundsätzen durch Ablehnung oder günstige Beurteilung der erscheinenden Schriften Geltung zu verschaffen.« — Der Verfasser scheint es als selbstverständlich zu be trachten, daß in erster Linie die Pädagogen berufen seien, Jugendschriften zu verfassen, obschon gerade von diesen doch vorwiegend Werke von stark erziehlicher Tendenz, die also den Grundsätzen der Reformer widersprechen, zu erwarten sind. Ich will aber den Lehrern keineswegs die Befähigung, gute Jugendschriften zu liefern, abstreiten; aber was der Verfasser verschweigt, ist das, daß gerade die Lehrer einen ganz erheblichen Prozentsatz der »literarischen Handwerker» stellen. Jeder Verleger wird bezeugen können, daß die Zahl der Verlagsangebote aus Lehrerkreisen überraschend groß ist und daß sich darunter verhältnismäßig zum mindesten ebensoviel Unbrauchbares befindet wie unter den Verlagsangeboten aus andern Schriftstellerkreisen. Die in neuester Zeit hervorgetretene Strömung, statt wie früher nur moralische oder pädagogische Ansprüche an die Jugendliteratur zu stellen, die Auswahl der Jugend- schriflen mehr als je von ästhetischen Gesichtspunkten ab hängig zu machen, erfuhr ihre Begründung besonders in dem Werke: Das Elend unserer Jugendliteratur. Ein Beitrag zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Von Heinr. Wolgast. Leipzig 1899, L. Fernau. 219 Seiten. 8°. 2 (3. Auflage soeben erschienen bei B. G Teubner in Leipzig. VIII, 225 Seiten gr. 8". Geh. 2 ^ 40 H.) Der Verfasser stellt darin den Grundsatz auf: »Die Jugendschrist in dichterischer Form muß ein Kunstwerk sein.» Gewißl Es fragt sich nur, welche Ansprüche man an ein solches Kunstwerk stellen soll, und da muß denn betont werden, daß Wolgast übers Ziel hinausschießt, wenn er be hauptet, früher habe niemand literarische Ansprüche an die Jugendschrift gestellt. So schlimm ist es doch nicht gewesen, wie er es ausmalt, wenn man auch mit großer Freude an erkennt. daß es auf diesem Gebiete immer besser wird. Wolgast sagt: — -Wir dürfen als Jugendschriften in dichterischer Form kein Buch gelten lassen, das nicht als literarisches Kunstwerk betrachtet werden kann. Daraus zieht er die Folgerung, daß. da Kunstwerke als Allgemeingut zu gelten haben, eine besondere .spezifische Jugendliteratur' für die Auswahl von Jugendschriften abgelehnt werden muß.« — Baumgart fügt hinzu: »Wenn nun auch die Meinung kaum widerlegt werden kann, daß immerhin recht wenig wahre Kunstwerke für die Jugend zum literarischen Genüsse vor handen sind, so hat doch schon die Durchforschung der allge meinen Literatur nach dieser Richtung gezeigt, daß die Zahl der für unfern Zweck geeigneten Schriften sich ständig durch sorgliche Auswahl vermehren läßt.» — Mit andern Worten: die guten Bücher sind schon da; aber man muß erst warten, bis die Reformer sie herausge funden haben und sie zur Anschaffung für die Jugend empfehlen. Baumgart schreibt ferner: »Wie in der dichterischen Jugendschrift wirkliche Dichter zum Kinde sprechen sollen, so müssen wir als Grundsatz aufstellen, daß nur von Männern der Wissen schaft, welche Meister ihres Faches sind, belehrende Werke als Lektüre für die Kinder verfaßt werden dürfen. Jeden falls muß man alles Minderwertige unnachsichtlich von der Berücksichtigung bei der Wahl ausschließen . . . Wir müssen nach der einen Seite hin dafür sorgen, daß den Kindern keine Schriften in die Hände fallen, welche nichts weiter als unterhalten wollen, wie nach der andern Seite die Jugendschrist niemals zum wissenschaft lichen Lehrbuch werden darf.« — Ich halte es gar nicht für schlimm, wenn der Jugend ein Buch in die Hände gerät, das »nichts weiter als unter halten will». Vermag es die Kinder zu fesseln, und hat es weiter keine böse Eigenschaft, so ist es schon ein Gewinn, wenn die Kinder sich mit der Lektüre des Buches befassen, statt sich auf der Straße herumzutreiben, wo sie zumeist nichts Gutes lernen. Ein wissenschaftliches Lehrbuch soll eine Jugendschrift gewiß nicht sein; aber die Meister der Wissenschaft haben selten Zeit und Lust und die Fähigkeit, für die Jugend verständlich zu schreiben. Was die Ausstattung der Jugendschriften betrifft, so beschränkt sich Baumgart auf wenige dürftige Bemerkungen, namentlich einige allgemeine Sätze über Illustrationen, und doch hätte gerade mit Rücksicht auf die Forderung der Re formen die künstlerische Ausstattung eine eingehende Behand lung erfordert. Ferner hätte man wohl erwarten dürfen, daß der Verfasser wenigstens eine kleine Auswahl von Büchern angegeben hätte, die den Forderungen der Reformer völlig entsprechen. Er begnügt sich, auf die Verzeichnisse der verschiedenen Ausschüsse von Lehrervereinen und die Zeit schrift »Jugendwarte» zu verweisen. Der vierte Abschnitt des Baumgartschen Werkes be handelt einzelne Gebiete der Jugendliteratur: Märchen. Kunstmärchen. Märchen aus 1601 Nacht. Sagen. Volksbücher, historische Erzählungen. Robinsonaden. Jndianer- und Seegeschichten'). Reisebeschreibungen, Bubenstreiche (Wilhelm Busch), Münchhausens Abenteuer. Bearbeitungen von Dichterwerken. Gedichtsammlungen usw. Die Ansichten der Pädagogen über die einzelnen Gattungen widersprechen sich auch heute noch vielfach. Wie radikal die Reformer Vorgehen, kann man z. B. daraus ersehen, daß sie Jugend schriften, die den Zweck verfolgen, das geographische oder natur kundliche Wissen der Kinder zu vermehren, z. B. Schilderungen aus den Kolonien bringen, noch für erheblich schädlicher halten als die 2L-Pfennig-Hefte der Jndianergeschichten! Über ein solches Urteil kann man wohl ohne weitres zur Tagesordnung übergehen. Über die Bearbeitung von Dichterwerken für die Jugend schreibt Baumgart: »Es gibt nur zwei Fälle: entweder ist ein Dichter werk für Kinder geeignet. — dann bedarf es keiner Be arbeitung; oder es ist nicht geeignet aus irgendwelchen Gründen, dann zählt es eben nicht als Jugendlektüre.» Selbstverständlich gibt es aber noch einen dritten Fall: ein Dichterwerk kann im großen ganzen für die Jugend ge eignet sein, aber einzelne Stellen enthalten, die nicht für sie geeignet sind; und es wäre doch töricht, ihr solche Werke vorzuenthalten. wenn sie durch einige Kürzungen oder Ab änderungen für jenen Zweck brauchbar gemacht werden können, abgesehen davon, daß ältere Werke zuweilen einer sprachlichen Erneuerung bedürfen. Wenn die Reformer ferner die Notwendigkeit einer ge sonderten Literatur für Knaben und Mädchen unbe dingt verneinen, so werden sie hier schon eher in weitern Kreisen auf Zustimmung rechnen können; aber auch hier ist *) Über die Jndianergeschichten (2S-Pfcnnig-Hefte) schreibt der Verfasser u. a.: . . . »Auf die Buchhändler wird von vielen Seiten ein Druck ausgeübt, so daß der Verkauf der Hefte sich mehr und mehr erschwert, und die letzteren aus den Schaufensterauslagen verschwinden.-
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