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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.10.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1905-10-19
- Erscheinungsdatum
- 19.10.1905
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- Deutsch
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^ 244, lg. Oktober ISS5. Fertige Bücher. 9425 (Larl Winters Universitäts Buchhandlung, Heidelberg. 3us äer golclenen 6ckale Geclickte von Kartoniert 1 In der Heilbronner Neckarzeitung schreibt in Nummer 240 vom 13. Oktober Paul Hausmeister: „Ein junger schwäbischer Dichter (Bruno Frank, Stuttgart): Man mag über den Wert der Poesie verschieden denken, entweder in ihr die höchste Erhebung des Menschen, gewissermaßen seinen von der Fessel der Materie be freiten Endzweck sehen, der gegenüber die glänzenden Errungenschaften des schaffenden Geistes im vergangenen Jahrhundert auf dem Gebiete der Naturerkenntnis und Technik nur Beiwerke sind, oder, bezaubert von dem Auf schwung der exakten Wissenschaften, von den Vorteilen ihrer Anwendung im Leben, für das Reich der Träume nur ein mitleidiges Achselzucken übrig haben, man wird jedenfalls zugeben, daß die Produktion auf lyrischem Gebiete viel größer als die Nachfrage ist. Wenn also einem Werke aus der Flut der Neuerscheinungen heraus der Vorzug einer ausführlichen Besprechung zuteil wird, so müssen schon besondere Gründe dafür vorhanden sein. Auch der Umstand, daß der Dichter ein Landsmann ist, wäre noch nicht hinreichend; denn auch die jetzige Generation macht nach der sangesfrohen Tradition alle Ehre. Eher dürfte die Tatsache, daß das Erstlingswerk eines erst achtzehnjährigen Poeten, „Aus der goldenen Schale" von Bruno Frank in Stuttgart, in dem bekannten Winterschen Verlag erschienen ist, die allgemeine Aufmerksamkeit erwecken. Um vor Enttäuschungen zu bewahren, sei gleich bemerkt, daß das schmucke rote Bändchen nicht ausschließlich Meisterwerke enthält; abgesehen von der überall ganz vorzüglich gewohnten Form und dem süßen Wohlklang der Sprache stößt man hier und dort auf Trivialitäten; aber der eifrige Leser wird durch Schönheiten an zahlreichen anderen Stellen mehr wie entschädigt. Um es kurz zu sagen, die große Bedeutung Franks, ganz besonders für unsere Zeit, liegt in seinem Wesen als philosophischer Dichter; nicht etwa — Gott sei Dank — mit didaktischer oder moralischer Tendenz, sondern in ihm finden wir eine glückliche Vereinigung von Erkenntnis und Gefühl, jener beiden integrierenden, aber meist getrennten Bestandteile unseres Seelenlebens, die harmonisch zu binden nur wenigen glückt. Ein tiefer Denker, der mit unseren größten Philosophen versucht hat, die Welträtsel zu lösen, und mit ihnen vergeblich an der ehernen Türe angeklopft hat, die sich am Ende unserer menschlichen Erkenntnissphäre befindet, hat er sich nicht mit der bloßen Verstandesarbeit begnügt, sondern die Resonanz, die jene Gedankenarbeit in seinem Gefühlsleben fand, bricht sich in kurzen Gedichten — Momentphotographien der Seele — elementaren Ausdruck. Wer je sich heiß bemüht, an die Grenzen unserer Erkenntnis zu gelangen und dabei an Zeit und Raum unlösliche Riegel fand, wird in dem Gedicht „Kant" sein eigenes Sehnen wiedererkennen. Die Abhängigkeit unseres eigenen, so differenzierten Seelen lebens von früheren, aber für uns unerkennbaren Vorgängen, deren Wirkungen im Kausalnexus ja niemals verloren gehen können, schildert „Aus der Tiefe", „Heute" und „Im Strom". „Schopenhauer" macht den — freilich miß lungenen — Versuch, die klaffende Dissonanz zwischen den Lehren und dem Leben jenes Philosophen durch eine Art Inspiration zu verhüllen. Originelle Gedanken weniger philosophischen Inhalts bringt „Die Zeit" und „Im Vorbei fahren", während „Der Wanderer" der ergreifendste Ausdruck der tiefsten Verzweiflung an der Well ist. Aber nicht nur die Töne des Pessimismus finden wir bei Frank; auch die gerade aus der Unmöglichkeit der Lösung der Welträtsel entspringende Begierde, die Freuden dieser Welt wenigstens zu kosten, findet bei ihm fihren Ausdruck; „Beim Geliebten" schildert die süße Wehmut der Liebe, „Flucht" verwirft die Askese der Sinnlichkeit, und „Auch Einer", ein prägnanter, wie in einem Guß hingeworfener Achtzeiler, atmet jenen gewaltigen, tief gefühlten Titanen trotz. Die genannten und zum Teil kurz analysierten Gedichte mögen genügen, um zu zeigen, daß wir es mit einem tief philosophischen und dabei äußerst vielseitigen Dichter zu tun haben. Hoffen wir, daß seine weitere Ent wicklung die jetzt erweckten Erwartungen nicht enttäuscht und daß er den Kranz schwäbischer Dichter um eine markante Erscheinung bereichern wird. Zunächst noch einiges Biographische: Bruno Frank ist am 13. Juli 1887 in Stuttgart geboren; er genoß als Sohn einer angesehenen und wohlhabenden Familie die in jenen Kreisen übliche Erziehung. Seine hervorragende Begabung und sein Freiheitssinn konnten mit den strengen Gesetzen des Gymnasiums nicht harmonieren, und so verlebte er drei Jahre (bis zu seinem 17. Lebensjahre) im Landeserziehungsheim Haubinda. Hierauf kehrte er in die Oberprima des Stuttgarter Gymna siums zurück, wo er das Abiturientenexamen mit leichter Mühe im vergangenen Sommer ablegte. Schon mit zwölf Jahren besaß er gründliche literarische Kenntnisse, ohne indessen irgendwelche Ansätze zu eigener Produktion zu zeigen. Die folgenden Einfluß, den Schopenhauer auf ihn ausübte und den mir auch in manchen seiner Gedichte nachklingen hören, führten ihn früh zu einer ernsten, mitunter sogar pessimistischen Lebensauffassung; vor jenem einseitigen Pessimismus aber, der seine ganze Kraft auf Lösung unlöslicher Fragen konzentriert, schützte ihn seine starke Natur. Durch den Beifall, den seine in verschiedenen Zeitschriften zerstreuten Erstlingswerke fanden, ermutigt, übergab er die Sammlung „Aus der goldenen Schale" der Öffentlichkeit." Dann folgen einige Proben, die hier wiederzugeben nicht der Platz ist; wir möchten durch die abgedruckte Besprechung nur Larl Mnters dniverlltälsbuckkanälung. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 72. Jahrgang. 1248
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