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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.10.1905
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- 1905-10-30
- Erscheinungsdatum
- 30.10.1905
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- Deutsch
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^ 25S, 30 Oktober 1S05. Nichtamtlicher Teil. 9888 torium der damaligen Chemnitz-Riesaer Eisenbahngesellschaft als Regierungskommissar mit dem Wohnsitz in Döbeln zu geordnet Nach Übernahme der Bahn durch den Staat wurde Wold. v. Biedermann 1851 Direktor der Eisenbahn direktion Chemnitz. Als 1858 die sächsischen Staatseisen bahnen den Hauptdirektione» Leipzig und Dresden unterstellt wurden, wurde Herr v. Biedermann zum stellvertretenden Vorsitzenden bei der Direktion der westlichen Staatseisen bahnen in Leipzig ernannt. 1869 trat er mit dem Titel eines Geheimen Finanzrats als Vorstand der zweiten tech nischen Abteilung und als Stellvertreter des General direktors in die Generaldirektion in Dresden ein. In seinen amtlichen Verhältnissen erwarb sich Herr v. Biedermann durch seine Pflichttreue und unermüdliche Tätigkeit immer höheres Ansehen, hatte an der glänzenden Entwicklung des Verkehrswesens in Sachsen entscheidenden Anteil, galt auf dem Gebiete des Expropriationswesens (auch literarisch) als erste Autorität und ließ sich durch seine Lieblingsstudien und literarischen Neigungen von seinen Aufgaben als Be amter niemals abziehen. Schon als Schüler und Student hatte Woldemar v. Biedermann eine fast leidenschaftliche Teilnahme an allen Darbietungen der Kunst an den Tag gelegt, poetische Ver suche gemacht und dem Rückertschen Spruch gemäß, daß Sprachenkunde das Mittel zur Weltvcrftändigung sei, früh und spät auf »Sprachenbändigung- gesonnen. In Heidel berg suchte er des Englischen Herr zu werden, verstand und las neben dem Französischen, Italienischen und Spanischen auch Dänisch und Schwedisch, Polnisch und Russisch, trieb Sanskrit und Arabisch, Malaiisch und Chinesisch, wurde mit dem Finnischen, Estnischen und Magyarischen so weit ver traut, um es lesen und übersetzen zu können, und beschäftigte sich noch in seinen letzten Lebensjahren um der Lieder willen mit der Suahelisprache. Mit erstaunlicher Raschheit und Leichtigkeit bemächtigte er sich der Grammatik und der laut lichen Eigenart jeder Sprache, alle Resultate der vergleichen den Sprachforschung nahmen ein halbes Jahrhundert hin durch seine verständnisvolle Aufmerksamkeit in Anspruch, ohne ihn jemals seinem eigentlichen Lebenstnteresse, der Teil nahme an der Literatur, den großen Dichtererscheinungen und vor allein an unserm größten Dichter abwendig zu machen. Als junger Mann veröffentlichte er unter dem Namen Ottomar Föhrau die Dichtung »Eine Sängerjugcnd- (Dresden 1847), fuhr auch später fort, in lyrischen Gedichten seinen persönlichen Gefühlen Ausdruck zu geben, betätigte sich aber vorwiegend als Übersetzer fremder Lyrik und trachtete, sich ihres Formenreich tums zu bemächtigen, wie er denn schon als Ottomar Föhrau das malaiische Pantun für deutsche Nachbildung gewinnen wollte. Als seit den fünfziger Jahren die unablässige Beschäftigung mit Goethes Leben und Wirken mehr und mehr in den Mittelpunkt seiner Studien und literarischen Arbeiten trat, machte er auch seine poetischen Antriebe dieser alles be herrschenden Neigung dienstbar. Der Versuch, in einem Schau spiel »Doktor Goethe in Weimar-, das unter dem Pseudonym Einem (Leipzig 1864) als Handschrift für Bühnen gedruckt ward, Goethes früheste Erlebnisse an Karl Augusts Hofe dichterisch zu behandeln, erwies mehr seine völlige Vertrautheit mit den Mensche» und Zuständen der Weimarischen Genie periode, als dramatisches Talent. Seine letzte größere poetische Arbeit, die Ausführung des Goetheschen Elpenor, dessen dritten bis fünften Akt er mit feiner Nachempfindung der dichterischen Lebensauschauung wie des poetischen Stils seines großen Vorbildes ergänzte, wurde ein bleibendes Zeugnis dafür, wie tief sich Biedermann in den Dichter hineingelebt hatte, der ihm der Höhepunkt aller neuern Kultur blieb. Lange Jahre mehrte Biedermann seine Sammlungen, seine Kenntnisse und seine Einsichten, trat nur mit einzelnen interessanten Nachrichten und Aufsätzen in die Öffentlichkeit, ließ gleich Salomon Hirzel und andern einige fliegende Blätter für die Goethegemeinde drucken und gelangte erst seit den sechziger Jahren zum Abschluß größerer Arbeiten. In den Büchern »Goethes Beziehungen zum sächsischen Erz gebirge und zu Erzgebirgern» (Leipzig 1862), »Goethe und Leipzig- (Leipzig 1865), »Goethe und Dresden» (Leipzig 1875) verband sich seine lebendige Anschauung des Dichters und seines ganzen Lebens mit heimatlichen Überlieferungen, mit umfassender Kenntnis sächsischer Menschen und Zustände. Vieles, was in diesen Schriften Vergangenheit schien, war für ihn in einem gewissen Sinne noch Gegenwart. In den sechziger Jahren begannen auch einzelne der Studien und Erläuterungen hervorzutreten, die später in den drei Samm lungen seiner -Goethe-Forschungen» (Frankfurt a. M. 1879 und 1886, Leipzig 1890) vereinigt wurden, Forschungen, von denen besonders die Nachweise über Quellen und An lässe der dramatischen Dichtungen Goethes zu allgemeiner Schätzung gelangten Selbständig blieb die Schrift -Zu Goethes Gedichten- (Leipzig 1870), die der Verfasser durch spätere Nach träge fortgesetzt zu ergänzen bemüht war. Die Herausgabe von »Goethes Briefen an Eichstädt- (Berlin 1872), von »Goethes Briefwechsel mit Rochlitz, (Leipzig 1887), die »Erläuterungen zu den Tages- und Jahresheften» (Leipzig 1894), die Be teiligung an den Hempelschen Goetheausgaben, für die er als 29. Band die Goetheschen Aufsätze zur Literatur redi gierte, die zahlreichen Aufsätze Biedermanns im »Goethe- Jahrbuch», in der »Wissenschaftlichen Beilage der Leipziger Zeitung» erwiesen die immer weitere Ausdehnung seiner Tätigkeit auf diesem Felde. Für die Weimarische Ausgabe der »Briefe Goethes» gab Woldemar v. Biedermann die beiden ersten Bände, die Briefe von 1764—1771 »Frank furt, Leipzig, Straßburg» und die Briefe von 1771—1775 »Frankfurt, Wetzlar, Schweiz» umfassend (Weimar 1887), heraus. Im Jahre 1887 trat Biedermann mit dem Titel eines Geheimrats und dem Komturkreuz des sächsischen Verdienst ordens ausgezeichnet, in den Ruhestand. Da ihm jetzt die noch übrige Lebenszeit ausschließlich für seine literarischen Arbeiten gehörte, so nahm er sofort die längst geplante und vorbereitete große Sammlung von »Goethes Gesprächen« (Leipzig 1889—1898) in Angriff, eine Sammlung, deren Bedeutung und Verdienst allgemein anerkannt wurde. Seit der Gründung der Goethe-Gesellschaft gehörte Biedermann derselben mit allem liebenswürdigen Eifer seines Naturells an, 1892 wurde er in den Vorstand der Gesellschaft, 1894 zu einem der beiden Vizepräsidenten gewählt. Die Jahres versammlungen besuchte er regelmäßig. Ihm bedeutete, wie Professor vr. Ad. Stern im Auftrag und Namen der Ge sellschaft an Biedermanns Sarge mit voller Wahrheit sagen durfte: die Goethe-Gesellschaft die reife Frucht nach langer Aussaat, an der er tätig und freudig Anteil genommen hatte, die Erfüllung langgehegter Hoffnungen und Wünsche, die kräftige Zusammenfassung lange vereinzelt gebliebener Bestrebungen. Ihr Gedeihen war ihm Herzenssache, und gern hätte er, wäre dazu irgend Aussicht gewesen, die Voll endung der großen Weimarer Ausgabe von Goethes Werken noch erlebt. Am 6. Februar 1903 starb Woldemar Frei herr v. Biedermann und wurde am 9. Februar auf dem alten Annenfriedhof zu Dresden bestattet. Nun ist auch das Ende seiner Goethe-Bibliothek gekommen. Wenn wir auch tief bedauern müssen, daß sie dem deutschen Volke nicht als Ganzes erhalten bleiben konnte, so dürfen wir doch hoffen, daß ihre demnächstige Zerstreuung bei allen Goethefreunden und Goethesammlern ein lebhastes Interesse Hervorrufen wird. Fr. I. Kleemeier. tSOS"
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