Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.11.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-11-10
- Erscheinungsdatum
- 10.11.1905
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19051110
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190511104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19051110
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1905
- Monat1905-11
- Tag1905-11-10
- Monat1905-11
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
>/H 282 10. November 1905. Nichtamtlicher Teil. 10393 Verband der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buchhandel. Die Tagung in Weimar am 17. Oktober 1905. Der Heerruf war rechtzeitig ergangen So zogen sie denn heran Saale-aufwärts, Saale-abwärts und längs der Nordseite des Thüringerwaldes ans den alten Heer- und Handelsstraßen, die immer benutzt werden, wenn man sich im Herzen Deutschlands treffen will. Schon die Hussiten waren hier einhergezogen, wie man im Kommersbuch Nach lesen kann. Auf diesen Straßen hatte Napoleon seine Scharen herangeführt; doch auf denselben Straßen mußte er flüchten, als ihm deutscher Zorn und Blüchers Schwert im Nacken saß. — Auch wir wollten uns im Herzen Deutschlands treffen, in Weimar, der freundlichen Stadt an der Ilm. Aber — wie kam es doch? — wir waren uns von Anfang an des friedlichen Ausgangs unsrer Fahrt bewußt, wir fühlten uns sicher darin, daß wir uns in Weimar nicht auseinander-, sondern zusammensetzen würden. Woher das kam? — nur daher, daß die Tagung in Weimar noch unter den Strahlen einer Festsonne, der Jubelfeier der Firma F, A, Brockhaus stand Es wäre nur vernünftig, wenn man jede außerordentliche Versammlung, die wichtige Be schlüsse fassen soll, in das Sternbild solcher Festfreude stellen würde. Danach sollte der Versammlungskalender künftig gemacht werden. Hamburg verließen wir in Regen und Sturm, Aber als wir den Sachsenwald erreichten, als wir im Vorbeifahren die Gruft des Alten grüßten, da klärte sich der Himmel auf, und eine hell leuchtende Oltobersonne vergoldete die herbstlich gefärbten Blätter der Buchen, Bis Magdeburg fuhren wir allein, Magdeburg (Königsberg und Finster walde kenne ich nicht aus eigener Anschauung) ist mir immer die spezifisch preußische Stadt; Berlin ist mir zu kosmopolitisch! In Magdeburg gesellten sich zwei Kollegen zu uns, der eine der unverfälschte Typ eines Oberst a, D., der andre, wenn er hellblond wäre und ein wenig größer und ein wenig jünger, eine echte Fricsengestalt. Einerlei: Magde burg ist und bleibt die Geburtsstätte Friesens! In Halle gab es langen Aufenthalt und Zugwechsel, Das benutzte der Schatzmeister des Verbands, um mit den ihm zur Ver fügung stehenden Mitteln einige ineinandergehende Wagen abteile für uns zu reservieren. Das war wohlgetan, denn in Corbetha stießen, von Leipzig kommend, neue Scharen zu uns. Darunter war ein bekannter Berliner Kollege, ein begeisterter Verehrer und Konsument des Krauts, das einst — man kann das wieder im Kommersbuch Nachlesen — Apolda den Jenenser Studenten präpariert hat. Aber er war gebrochen, gebrochen an seinem bekannte sten Teile: seiner Stimme! Mit heisern Lauten erklärte er, er würde morgen gar nicht und wahrscheinlich in seinem ganzen Leben nicht mehr sprechen, ihm schwebe jetzt ein Trappisten kloster in Belgien als letzte Station vor; nur nach ganz Großen könne er sich richten, und Karl V, hätte seinen Ruhm auch in einem Kloster enden lassen. Die Betroffenheit unter uns war groß, tiefes Schweigen allerseits trat ein, bis nach und nach verschwiegenes Schmunzeln sich in fröhliches Lachen verwandelte. Im übrigen kann das Protokoll des folgenden Tages Zeugnis geben. Wie wir in Weimar ankamen, war es natürlich dunkel, genau so, wie es uns in Dresden aus dem beredten Munde eines Berliners vorausgesagt war. Im Innern des Elefanten wurde es indessen bald hell, Ich meine selbstverständlich nicht das elektrische Licht, sondern die Stimmung. »Milieu« — laut Wörterbuch wörtlich Mitte, figürlich Gesellschaft — so Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 72. Jahrgang. sagte mir einst mein Präsident, »wird — im Deutschen am besten mit Stimmung ausgedrllckt-. Also Stimmung war bald entfacht — im Saale des Elefanten Kurze Begrüßungsworte des Verbandsältesten forderten zu gegenseitiger Vorstellung durch Erheben und Namensnennung auf. Hiernach sprach noch jemand von Arbeit und Essen am morgigen Tage, wo bei er auf die kluge Else aus Grimms Märchen hinwies, die allerdings erst essen wollte, ehe sie arbeitete, und dann wiederum erst schlafen, ehe sie arbeitete. Die Anwesenden wollten dem Beispiel der klugen Else jedoch nicht folgen, sondern erst arbeiten, dann essen und dann schlafen, woraus hervorgeht, wieviel tugendsamer und fleißiger wir gegen das Märchenzeitalter geworden sind. Zwei Kollegen aus Dresden, einer wie eine Tanne schlank, der andre kurz und gedrungen wie ein Wacholder in der Heide, begehrten ein sonderbares Zeugnis: vor allem Volk sollte ausgesprochen werden, daß Dresden eine kleine Stadt wäre. In dankbarem Gedenken an den herrlichen Juniabend in Dresden wurde dies Zeugnis fröhlich gegeben: Heil Dresden, Schleswig und Weimar und allen kleinen Städten in deutschen Landen! Ist es ver wunderlich, wenn ich nun berichte, daß auch nach Mitternacht noch Licht im Elefanten war? Nein, das ist gar nicht ver wunderlich! Mecklenburg ist berühmt durch die großen Männer und Frauen, die es Deutschland geschenkt hat. Ich nenne die Königin Luise, Blücher, Moltke, Fritz Reuter, und füge Emil Opitz hinzu: seiner Erzählkunst ist es zumeist zu verdanken, daß die fröhliche Tafelrunde so lange beisammenblieb. Wenn nun ein oder der andre Leser des Börsenblatts verstimmt den Kopf schütteln sollte, weil er nicht begreifen kann, daß Männer am Vorabend ernsten Tuns allerlei Scherz und Kurzweil treiben, so muß ich ihm antworten: Ei du Sauerpeter, weißt du denn nicht, daß die Preußen einst, und zwar auch in Oktobertagen, nachdem sie sich den Übergang über die Elbe bei Wartenburg erzwungen hatten, am Vorabend von Möckern in Halle bei Becherklang und Jubelsang fröhlich gewesen sind? Und haben doch tags darauf den Flamberg geschwungen, daß wir wirklich nicht nötig haben, nach Leonidas, Ritter Bapard, Arnold Winkel ried und andern sagenhaften Helden staunend zu schielen! So lies doch Treitschkes deutsche Geschichte! Selbst der schneidige und gewöhnlich etwas griesgrämliche Jork hat dort sein Glas in fröhlichem Vertrauen erhoben, — — Von den ernsten Beratungen soll hier überhaupt nicht berichtet werden. Davon geben die gedruckten Protokolle Kunde. Die geschäftliche Versammlung dauerte 6>/, Stunden, Erwähnt mag hier nur sein, daß die Glückwunsch-Urkunde, die der Verbandsvorstand der Jubelfirma Brockhaus ge widmet hatte, nebst der dazugehörigen kunstvollen Kapsel zur Stelle war, und daß unser Vorsitzender den Wortlaut der Urkunde zur Verlesung brachte, nochmals herzliche Glück wünsche daran knüpfend, die von allen Anwesenden durch Erheben bekräftigt wurden. Weil die Verhairdlungen unerwartet lange dauerten, kamen wir natürlich verspätet zu Tisch, Was man uns darauf setzte, war gut, sowohl in Speisen, wie in Getränken, Gut war auch, daß von den 44 Anwesenden nur 14 Tisch rede» hielten, denn sonst hätte die Jungfrau von Orleans im Theater nicht unser Herz gefangen nehmen können. In der Beschränkung zeigt sich der Meister! dachte Moltke und schwieg, 30 Meistern in Weimar damit ein Vorbild gebend. Die da redeten, waren aber auch Meister, Als erster ließ sich Hermann Seippel hören. Man merkte den frischen und kernigen Worten die vorangegangene Anstrengung der Versammlungsleitung nicht an. Sein Hoch auf Kaiser und Landesherrn, auf Wilhelm II. und Wilhelm Ernst, fand mächtigen Widerhall, Ihm folgte Bernhard Hartmann, von dem Zusammenarbeiten zwischen Börsen- 1371
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder