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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.11.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-11-17
- Erscheinungsdatum
- 17.11.1905
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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2K8, 17 November 1905. Nichtamtlicher Teil. 10787 den Text zu begleiten pflegte. Er wird finden, daß viele Darstellungen von Szenen und Landschaften unglaublich steif und unbeholfen waren. Man blicke nur auf manche Bilder aus dem deutsch-französischen Feldzuge und dann auf den ungeheuren Reichtum von lebensprühenden Illustrationen, wie sie in jedem Blatt Berichte über den russisch-japanischen Krieg begleiteten. Jene waren hölzern, und das nicht nur, weil sie auf dein Holzstock entstanden waren. Aber werden wir heute besser, schneller, genauer und billiger bedient, so hat das Ding doch auch seine Schatten seite Der Holzschnitt als Buch- und Magazin-Illustration fügte sich künstlerisch dem Rahmen des Ganzen ein. Neben vielen Kärrnern wirkten nicht wenige hervorragende Künstler, die das erforderliche Stilgefühl hatten, um vermöge des Holzschnitts das auszudrücken, wozu eben der Holzschnitt sich eignete So ist es ein Genuß, die alten Nummern der Magazine zu durchblättern, für die — in den sechziger Jahren — ein Millais, ein Leighton in England, und in Deutschland ein Ludwig Richter, ein Menzel und andre arbeiteten. Vergleicht man sie mit den Zeitschriften von heute, so empfindet man ein ähnliches Gefühl, wie es einst die Mönche in den Klöstern beschlichen haben mag. als sie die ersten gedruckten Bücher neben ihre Handschriften hielten. liebevoll geschaffen und geziert mit köstlichen Minia turen. die die Brüder mit feinstem Pinsel auf das Pergament gemalt hatten. Das schlimmste aber ist. daß allgemach das englische Publikum eine solche Gier nach Illustrationen befallen hat. daß es sich kaum noch um den Text kümmert. Long- mans haben recht: es genügt nicht mehr, einen hohen lite rarischen Maßstab aufrecht zu erhalten. Ja. selbst nach dem Wert der Illustrationen fragt einer kaum, sondern nur nach der Masse. Das ganze Bild der Zeitschriftenprodnktion hat sich verändert. Statt eines halben Dutzend gibt es heute hundert und mehr. Und wie außen, so innen. Statt der stillen Hinterstube in Cornhill. wo einst Thackeray seine vornehme Monatsschrift redigierte, sind mächtige Geschäftspaläste aus dem Boden gewachsen, in denen es summend wie in Bienen körben hergeht. Da sind in einem einzigen Hause die Re daktionen gleich von einigen Dutzend Zeitschriften. Tages blättern. Wochenschriften. Monatsschriften, die alle einem und demselben Besitzer gehören. In jeder Stube sitzen ein paar junge Leute, die Pfeife oder Zigarette im Munde; sie arbeiten so hastig, daß sie die Röcke haben ablegsn müssen. Und wie sie. so geht heutzutage auch die Literatur in Hemd ärmeln. Einer sucht den andern durch Sensationelles zu Uberbieten; eine Zeitschrift besteht nur noch aus Happen und Bissen, die Sammlung und Stimmung, eine ausgereifte, gediegene Arbeit zu lesen, ist völlig abhanden gekommen. Ein so feinsichtiger Kenner der Literatur wie Karl Frenzel hat schon vor Jahrzehnten vorausgesagt, daß es so kommen werde. In einer jener geistreichen Plaudereien, in denen er wie kein zweiter mit freigebiger Hand an regende Bemerkungen und feinsinnige Beobachtungen aus zustreuen wußte, prophezeite er damals — es war im Ver ein »Berliner Presse» —. daß die Zeitung das Buch, die knappe Skizze den Roman verdrängen werde. So ists denn auch gekommen Auf die Meister der sbort storx. einen Bret Harte. Thomas Bailey Aldrich. Richard Harding Davies sind andre gefolgt; nur leider: die Kürze ist geblieben, aber nicht die Meisterschaft Wie lange wird das dauern? Nun. ich meine, gerade so lange, bis ein neuer Meister auftritt, der das Zeug hat eine lange Geschichte auszuspinnen. Vor hundert Jahren ging die Klage, daß kein Mensch in England Bücher kaufe; da erschien »Waverley» und mit einem Male fand ein jeder die Guinee in der Tasche, sich den Roman anzuschaffen. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 7L. Jahrgang. Wenn nur ein Genie wieder erstehen wollte — all die Theorien über die Unlust der Leser an umfangreichen Büchern werden schnell in Vergessenheit geraten. Die Buchhändler machen es überdies dem Publikum heute leichter, seine Regale zu füllen. In Walter Scotts Zeiten war es die Regel, daß jeder Roman seine drei dicken Bände fülle, und solche drei Bände kosteten, wie erwähnt, ihre 21 Schilling. Vielleicht, daß die ungebühr lichen Längen in Scotts Romanen mit der Notwendigkeit Zusammenhängen, die gebührende Anzahl Druckbogen zu füllen. Der dreibändige Roman zu dem hergebrachten hohen Ladenpreis hat sich seitdem eingebürgert zum Kummer der Leute, die gern Bücher besitzen, aber nicht immer das nötige Kleingeld in der Tasche haben. Den Leihbibliotheken jedoch war das gerade recht; denn bei den meisten war es üblich, den Band zu einem Penny auszuleihen. Je mehr demnach das Werk, desto größer der Profit. Daß die Ver leger infolgedessen aber in der Hauptsache auf die Leih bibliotheken zu zählen hatten, wenn sie den Absatz eines neuen Buches im Auge hatten, fiel keinem aus. oder, wenn es schon auffiel, j so wußte doch niemand, wie es zu ändern sei. Wenn sie nur ein wenig Umschau gehalten hätten, ein Ausweg hätte sich bald gefunden. Wie kam es doch, daß dieselben Werke, die daheim so schwer verkäuflich waren, in der Fremde — in Deutschland — reißenden Absatz erzielten? War da ein Herr Tauchnitz in Leipzig, der sich das Verlags recht für das Festland käuflich erwarb und dann die Bücher, hübsch gedruckt, in handlichen Bänden und etwa zu so viel Mark, wie man in England Pfunde zahlen mußte, auf den Markt brachte. Unter den britischen Autoren genoß kein fremdländischer Verleger höheres Ansehen als Baron Tauchnitz. Als Dickens seinen Sohn Buchhändler werden ließ, schickte er ihn zu dem Leipziger Geschäftsfreund in die Lehre. Und doch mußten Jahrzehnte vergehen, bis es einem Verleger einfiel — und zwar einem, dessen Name gleichfalls auf deutsche Abstammung hinweist —, auf seine Art Wandel zu schaffen. Mr. Heinemann brachte den ersten englischen Roman in einem Bande und zum Preise von sechs Schil lingen heraus. Vom Buchhändlerstandpunkt aus war das nichts andres als eine Tat. Alle Welt sagte ihm baldigen Ruin voraus: die Leihbibliotheken würden sperren, und seine Bücher würden in die Stampfmühle wandern. Die alt berühmten. althergebrachten dreibändigen Romane würden ihre Häupter erheben und ihn verschlingen. Aber es geschah etwas ganz andres. Der Roman in einem Bande hatte einen solchen Riesenerfolg, daß der junge Verleger mit einem Schlage in die Reihe der angesehensten Häuser sich erhob, und als man sich nach einigen Monaten umsah. war der Roman in der Dreibändeausgabe — verschwunden. Der kleine David hatte wieder einmal den Riesen Goliath er schlagen . . . Man steht, wie mißlich es zuweilen ist. vorauszusagen. So lassen wir es lieber bleiben und wollen auch anderseits nicht als lauckstores towporis seti gelten. Seitdem ist derselbe Verleger noch einen Schritt weiter gegangen und läßt Romane in klar-, wenn auch klein-ge druckten Heften zu einem Sixpence (50 H) den Band er scheinen. Neben den Buchhändlern kommen ihm dabei die Eisenbahn-doolcstLllö mit ihrem ungeheuren Betriebe zu Hilfe, so daß der Absatz ganz gewaltige Ausdehnung annimmt. Es haben sich denn auch schnell Nachahmer gefunden, und man hat im allgemeinen heute keinen Grund mehr zu der Klage, daß in England keine Bücher zu wohlfeilen Preisen zu bekommen seien Vielleicht läßt sich die wachsende Gleichgültigkeit des Publikums gegenüber den I4lk
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