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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.12.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-12-22
- Erscheinungsdatum
- 22.12.1905
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- Deutsch
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12018 Nichtamtlicher Teil. ^ 297, 22. Dezember 1905. Goslar 1905, F. A. Lattmann. 238 S. klein 4". (25,5x20.5 cm.) Preis: gebunden 8 Ephraim Mose Lilien ist ein jüdischer Künstler, der auch speziell als solcher aufgefaßt sein will Deshalb leitet der Verfasser sein Werk ein mit einem Abschnitt »Bon jüdischer Art und Kunst«. Nach einem Rückblick aus die Entwicklung der jüdischen Kunst spricht der Verfasser auch von der Ausstattung jüdischer Bücher: »Was dem zeichnenden Künstler in der Ausübung seiner Kunst an der Thorarolle versagt war, dem durste er, von keinen Bestimmungen eingeengt, in andern Büchern mit um so größerer Lebhaftigkeit nachgehe». Drei Bücher sind es, denen er mit immer erneuter Sorgfalt seine Aufmerksamkeit zu wendet: das Buch Esther, das während des Purimfestes im Hause wie im Tempel gelesen wird, die Haggada, die von der Zeit Kunde gibt, da die Juden im Frondienste im Ägypterlande arbeiteten, und das Omerbuch, ein Spruch büchlein, das den Juden in den Tagen, die zwischen dem Passahfest und dem Fest der Gesetzgebung liegen, unentbehr lich ist. Auf Pergament, Leder oder Papier geschrieben, bieten die Stoffe dem Künstler reiche Anregungen, und die Bewohner des Ghetto haben es sich auch nicht versagen können, die Blattfläche des einzelnen Buchs mit besondrer Liebe zu schmücken. Bei vornehm und äußerst genau ge haltenen Buchstaben tragen sie ihre Arbeiten ein als Rand verzierungen aus Arabesken und scharf gegebenen Bildchen, als Blüten und Blattornamente, prächtig gewundene Laubketten, aus denen die Nationalfrucht, der Granatapfel, hervorleuchtct. Bald umziehen die Ranken, von einer Ecke ausgehend, die Schrift in bedeutendem Rahmen, bald zwängen sie sich zwischen die Zeilen und sprengen das Gefüge der Sätze und Schrist- zeichen zu streng gegliederten Abschnitten. Dann wieder gewinnen figürliche Darstellungen eine besondre Durch führung, die das Auge zu einem Ruhepunkt leiten, ihm Freude und Anregung bieten und den Leser in der Vorstellung durch die weitere Entwicklung des Buches begleiten wollen. So wechseln die künstlerischen Gedanken im Schmucke ab, machen hier Halt bei einem einzelnen Buchstaben, den sie zum Spiegel einer kleinen Innenwelt umschaffen, folgen dort einem unnennbaren Empfinden der Sehnsucht und der Laune in einer weitverkrausten und sich verwirrenden Linie, oder bannen die Realität des sie umgebenden Lebens in eine Szene aus den täglichen Verrichtungen und Geschehnissen der Familie, ein Mittagsmahl, ein Abendgebet. Und solche Darbietungen, in einer glücklichen Eingebung einmal zu bildlichem Leben gerufen, geben dem später» Schreiber jener Bücher immer, wieder den Stoff zu Nachahmungen und Wiederholungen, so daß die spätem Arbeiten sich mit einer Bildersprache begnügen, die andre Jahrhunderte und andre Zeitbedingungen geschaffen haben. Aus diesen Büchern gehen die malerischen Vorwürfe und Kompositionen über auf das Kunstgewerbe, und die gestickte Decke, die beim Osterfest die Mitte des weißgedeckten Tisches einnimmt, gibt nicht selten die Darstellung wieder, die uns an gleiche Ausführungen der Haggada gemahnen: die um einen Tisch, auf dem das Osterlamm aufgetragen wird, sitzende jüdische Familie. — Also war es der Buchschmuck, den die jüdischen Künstler als das ihnen einzig Nahe liegende ausübten. Die Arbeit im kleinen, für einen engen Raum im Augenblick berechnet, die aber in ihrer Be deutung sich die Welt erobert. Für diese Beschäftigung ist der Judo bei seiner eigentümlichen nationalen Rassenbe fähigung von vornherein bestimmt .... Buchschmuck! Das ist der Kunstzweig, in dessen Verwirklichung die Juden eigne Arbeiten den Schöpfungen ihrer Adoptiv-Vaterlande an die Seite zu stellen haben.» — Die letztem Bemerkungen sind auch in jüdischen Kreisen schon auf Widerspruch gestoßen. Lilien ist gewiß cm tüchtiger Zeichner; aber seine Leistungen berechtigen ebenso wenig ivie die von Theodor Thomas Heine zu der Schluß folgerung, daß die Buchschmuckkunst der Zukunft speziell jüdisch sein werde. Wenn Lilien in dem vorliegenden Werk als ein jüdischer Künstler gepriesen wird, so geschieht das mit vollem Recht, da er sich speziell in der Ausschmückung jüdischer Bücher ausgezeichnet und dafür Bilder und Ornamente geliefert hat, die ein ausgesprochenes jüdisches Gepräge tragen. Aber er hat auch Zeichnungen geliefert, bei denen dies nicht der Fall ist und an denen mau die Stammes angehörigkeit des Künstlers in keiner Weise erraten könnte. In diesem Sinn hat denn auch die »Frankfurter Zeitung» den Versuch, Lilien als einen spezifisch jüdischen Künstler anzusprechen, zurückgewiesen. Lilien wurde 1874 in Drohobycz in Galizien geboren. Die Lehrjahre seines Lebens waren schwer, denn während seiner Studienzeit in Krakau, Wien und München mußte er schon Geld verdienen. Seine ersten Zeichnungen brachte er bei illustrierten Zeitschriften an; doch verraten sie, ebenso wie seine ersten Buchillustrationen, noch kaum einen eignen Stil, Dieser sollte sich erst in der folgenden Zeit ausreifen. »Was er bisher geleistet, — sagt vr. Rogener von der ersten Periode — war in jeder Hinsicht archaistisch, in der Form sowohl wie inhaltlich, Barock und Rokoko, Neuzeit und Mittelalter, wie es das Schicksal bot oder die Stimmung er heischte .... Auch für ihn, den Maler, bot die kunstgewerb liche Bewegung Englands die Befreiung. Mit kurzer, gern ge äußerter Entschlossenheit warf er Pinsel und Palette zur Seite und griff zur Feder und zum Zirkel. Was bisher für ihn nur ein Notbehelf war, ein Behelf, um das tägliche Leben zu fristen, das so anspruchslos in seinen Forderungen und so reich in seinen Entbehrungen war, dies wurde nun nach dem Vorbild eng lischer Künstler der Mittelpunkrseines Schaffens: Schmückung des Buchs. Wie die Handwerke der verschiedensten Rich tungen künstlerisch vertieft und veredelt wurden, so geschah cs auch mit den Erzeugnissen des Buchgewerbes. Das Buch als einfaches Verkaufsobjekt in seiner vielfach rohen Einfach heit wird mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt. Es handelt sich im Buchschmuck nicht darum, das Werk des Schriftstellers mit begleitenden Illustrationen zu versehen, die wohl geeignet sind, die; jeweilige Situation bild lich wiederzugeben, aber in ihrer Flachheit jedes Ge fühl und jedes Persönliche ertöteten, bisweilen sogar weit hinter dem Text zurückstehcn. Peter Cornelius wies jchon darauf hin, daß die Szenenmalerei nichts andres als Nachdruck sei, der des Künstlers unwürdig sei und dessen er sich zu schämen habe. Es gilt im Buchschmuck nicht nachzuschasfen und nachzu dichten, sondern neu zu schaffen. Eigne Ideen sind mit denen des Dichters zu vereinen, es ist ein Ergänzen von Stoff zu Stoff, der das Abklatschen zu toten Klischees zu vermeiden hat.« — Lilien bot stolz und gewiß die erste Probe seiner Eigenart in dem Buche-Juda-, den jüdischen Gesängen des Freiherrn von- Münchhausen, die 1900 im Verlags von F. A. Lattmann in Goslar erschienen. Die Geschichte dieses Buchs hat Börries von Münchhausen in der illu strierten hebräischen Monatsschrift »Hakescheth» erzählt. »Zionistenstolz und Sehnsucht« betitelt sich das Kapitel, in dem vr. Regener die Teilnahme Liliens an der Zionisten- Bewegung schildert. Diesem Abschnitt ist u. a. ein Porträt Max Nordaus beigegeben. »Auf dem Felde des Zionismus«, sagt der Verfasser, »hat Lilien den schönsten Schmuck seiner Kunst gefunden und pflückte hier die Bliiten seiner künst lerischen Vollendung in ihrer Eigenart und ihrem Reichtum.«
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