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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.11.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-11-14
- Erscheinungsdatum
- 14.11.1904
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- Deutsch
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10084 Nichtamtlicher Teil. 265, 14 November 1904. Zahlreiche Sortimentsbuchhändler in Rom und in der Provinz, das heißt nach römischem Begriff in den alten Handels- und Kulturzentren Alexandria, Smyrna, Massilia (das heutige Marseille), Athen und manchen andern Städten, befaßten sich mit dem Vertriebe von Handschriften und hielten die gangbare Literatur auf Lager. In den Fächern der Buchläden lagen die Rollen, volumsn genannt, an beiden Seiten durch einen Stab befestigt; am einen Ende der Rolle hing ein Zettel mit dem Titel des Buches. Umfaßte eine Schrift mehrere Rollen, so wurden diese in einem Kübel oder in einem Kästchen aus Zedernholz vereinigt. Die Buchläden waren der Sammelpunkt der wissenschaftlich Gebildeten. Die Bekanntmachung der Bücher erfolgte durch Ausrufer oder durch Ankündigungen, die man an den Laden heftete. Von dem gewaltigen Vücherreichtum jener Zeit gaben die berühmten beiden Bibliotheken von Alexandria Zeugnis, in denen zusammen etwa eine Million Rollen aufbewahrt gewesen sein sollen; beim Brande der Stadt im Jahre 48 vor Ehr. aber wurde dieser Schatz zum größten Teil vernichtet. Der Brand der Bibliothek von Alexandria mar gleich sam ein Fanal, das die Gefahren, die dem Schrifttum in den nächsten Jahrhunderten drohten, vorausverkündete. Denn die reiche Blüte, die das Schrift- und Buchwesen in Rom gezeitigt hatte, war nicht von Dauer; in den Stürmen der Völkerwanderung ging sie, wie so manches Erbteil vom Altertum her, zugrunde Und unzählige Bücherschätze wurden in jener wildgärenden Zeit vernichtet, nicht nur durch die Barbaren, sondern auch durch christliche Schwärmer, deren auf Abtötung des Fleisches gerichtetem Geiste die das Diesseits umfassende Sinnenfreude, wie sie in den griechischen und römischen Schriften widerklang, ein Greuel war. In jenen Jahrhunderten ungeheurer Erlebnisse, ge waltiger Kämpfe um das Erbe der Welt entstanden die herrlichen Sagen und Gesänge der germanischen Völker von rheleden lobebaeren, von grözer kuonheit«, von denen der Eingang des Nibelungenliedes »Wunders vil« zu rühmen weiß. Lange wurden diese Heldenlieder von Siegfried und Dietrich, von Hagen und Hildebrand, von Kriemhild und Gudrun, mündlich sortgepflanzt, erst in viel späterer Zeit aber gesammelt und in die Form gebracht, in der wir sie kennen. Zwar hatten die heidnischen Germanen eine, wohl fast ausschließlich von den Priestern geübte Schrift, die Runen, die um Christus' Geburt aus dem lateinischen Alphabet ent standen waren. Aber sie wurden nur als Zaubersprüche in Holz geritzt oder als Inschriften in Steine, Waffen, Ruder, Amulette gegraben, nicht aber zu zusammenhängender Schrift benutzt. Ruhigere Zeiten mußten kommen, ehe ein eigentliches Schriftwesen wieder gepflegt werden konnte. Die Kirche war es, die, nachdem sie den Glauben an eine nahe Verwirklichung ihrer messianischen Hoffnungen verloren und sich auf Erden wohnlich eingerichtet hatte, die Schreibkunst und insbesondere die Bücheranfertigung an sich zog und bis weit ins Mittel- alter hinein als ein wertvolles Monopol bewahrte Fürsten und Ritter bedienten sich nicht nur zur Beichte und zur Erlangung der Sakramente, sondern auch zu schriftlichen Mitteilungen oder zum Lesen meist geistlichen Beistandes, und noch am Ende des 12. Jahrhunderts rühmt Hartmann von der Aue als etwas Besonderes von seinem armen Heinrich: swaz er dar an geschriben vant. Und bekannt ist ja, daß sogar Dichter wie Wolfram von Eschenbach des Schreibens unkundig waren und ihre Schöpfungen diktieren mußten. Der Papyros war in den ersten Jahrhunderten, etwa von 400—500 der neuen Zeitrechnung durch das Perga ment beinahe völlig verdrängt worden; an die Stelle der Rolle war der aus aufeinandergelegten und dann gehefteten Blättern bestehende Codex, war die heutige Gestalt des Buches getreten. Die Anfertigung von Handschriften bildete namentlich im Mittelalter in erster Linie die entsagungsvolle Tätigkeit der Mönche. In den Klöstern wurde das Pergament fabriziert — zu diesem Zwecke und für Einbände verlieh Karl der Große ihnen die Jagdgerechtigkeit —, wurden die Farben gemischt, wurde geschrieben, wurde das Geschriebene liebevoll durch jene kunstvollen, auf Goldgrund gemalten Bilder, Miniaturen und Initialen geschmückt, die wir noch heute bewundern. Und auch das Einbinden der Bücher wurde im Kloster durch Mönche, später durch Laien brüder besorgt. Neben einfachen Heftungen liebte man schon in der Frühzeit des Codex Einbände von unerhörter, nicht selten auch befehdeter Pracht. Namentlich die beim Gottesdienst verwendeten liturgischen Bücher kleidete man zu Ehren Gottes gern in ein herrliches Gewand: der Holz deckel wurde mit Elfenbeinreliefs, mit geprägten Gold- und Silbertafeln, mit feiner Filigranarbeit, mit Edelsteinen und Perlen geschmückt. Daneben kannte man im Mittelalter auch den gepreßten Lederband, doch wurde diese Art erst im 14. und 15. Jahrhundert vorherrschend. Neben biblische oder klerikale Stoffe, die im ersten Jahr tausend fast ausschließlich die schreibenden Mönche beschäftigt hatten, traten im deutschen Mittelalter lateinische Schul bücher und Dichtungen, die deutschen Heldenlieder und end lich die Erzeugnisse der ersten Blütezeit unsrer Literatur, des Minnesanges. Eins der ältesten und das für uns Germanen wohl ehrwürdigste Schriftdenkmal von geistlicher Hand ist der in Upsala befindliche sogenannte eoäsx argea- tsus, der große Teile der gotischen Bibelübersetzung des Bischofs Ulfilas enthält. Er ist um das Jahr 500 nach Christus entstanden. Seinen Namen trägt dieser Codex, weil er mit silberner Schrift auf Purpurgrund gemalt ist. Die von den Mönchen hergestellten Handschriften waren für den eignen Gebrauch oder für den Austausch mit andern Klöstern bestimmt; ihre Kostbarkeit verbot im all gemeinen, Handel damit zu treiben. Das zunehmende Bildungsbedürfnis aber weckte die Schreib- und Leselust auch in den Kreisen der Laien. So zeigen sich vom dreizehnten Jahrhundert an neben geistlichen Schreibern auch solche von bürgerlicher Herkunft; Schreibschulen, in denen die Schüler für die Bedürfnisse des Tags schreiben lernten, wurden ge gründet; Schreibstuben entstanden, die zunächst deutsche Bücher für den Handel anfertigten, während von Italien bald lateinische und griechische Handschriften herüberkamen. Die berühmteste Handschrift des Mittelalters, die in Heidel berg befindliche Manessische Liederhandschrift, verdanken wir bürgerlichen Händen, angeblich dem Züricher Bürger Rüdiger Manesse Begünstigt wurde diese Vermehrung des Handschriften verkehrs durch die Einführung des Papiers, das wie so manches Kulturgut aus dem fernen Osten, aus China, wo wir es in primitiver Form schon vor Christus finden, über den Orient zu uns kam. Um 1200 taucht es in Deutschland auf; seine Herrschaft über das Pergament aber begann erst mit der Buchdruckerkuust, die allerdings in der ersten Zeit ihres Bestehens beide Stoffe nebeneinander benutzte. Die Vorboten einer neuen Zeit erschienen. In Italien war jene herrliche Epoche des Geisteslebens angebrochen, die wir als die Zeit der Wiedergeburt, der »Renaissance«, be zeichnen; sie sprengte den mittelalterlichen Bann und fand die verschütteten Wege, die zur Kultur, zur bewunderten
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