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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.11.1904
- Strukturtyp
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- Band
- 1904-11-14
- Erscheinungsdatum
- 14.11.1904
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- Deutsch
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^ 265, 14. November 1904. Nichtamtlicher Teil. 10085 -Humanität«- der Alten führten. In Deutschland wurde unter ihrem Einfluß im Jahre 1348 die erste Universität gegründet, weitere folgten schnell; Handel und Verkehr blühten auf und erweiterten den Gesichtskreis; das Bürgertum in den Städten erstarkte und forderte immer dringender seinen Anteil an der Bildung der Zeit. Diesem steigenden Bedürfnis konnte die handschriftliche Vervielfältigung der Bücher, so sehr sie sich auch vervollkommnete und verbilligte, auf die Dauer nicht genügen. Man versuchte, anknüpfend an das schon den Alten be kannte Stempel- und Siegelverfahren, sie, wohl nicht weit vor dem Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts, durch sogenannte Blockbücher zu ersetzen, deren Herstellung der Chinese schon längst geübt hatte. Durch Hin- und Herreiben eines straff gestopften Lederballens wurde das zu bedruckende Papier auf geschwärzte Holztafeln gepreßt, in die man zunächst nur Bilder, später auch Text erhaben einschnitt. Aber bei der Mühseligkeit des Verfahrens, das zudem nur einseitigen Druck zuließ, konnten auf diese Art nur Bücher geringen Umfangs in kleinen Auflagen gedruckt werden. Namentlich lateinische Lehrbücher, nach dem zumeist benutzten römischen Schriftsteller Donatus »Donate« genannt, und Bücher religiösen Inhalts wurden, weil sie am meisten begehrt wurden, von solchen Holztafeln abgezogen. Es war ein Tasten nach einem unbestimmten Ziel. Eine uralte deutsche Sage kündet uns von Wieland dem Schmied, der in der höchsten Not sich selber Flügel schuf. Ihm gleicht jenes suchende Geschlecht. Wir wissen nicht, wie viele Köpfe damals das Problem der Zeit be schäftigt haben, in wie vielen auch der Gedanke aufgeblitzt und verfolgt sein mag, erhaben für sich geschnittene Buch staben beliebig zusammenzusetzen und davon zu drucken; aber wir wissen, daß einer ihn nach langen Mühen verwirklicht hat- Johannes Gutenberg, der Wegbereiter Martin Luthers und damit einer neuen Zeit, der Größten einer, die die Welt als ihre Wohltäter dankbar verehrt. -Was ist erfinden?« fragt Goethe, und er antwortet: >.Der Abschluß des Gesuchten.« Aber in diesem Wort liegt keine Verkleinerung, liegt nicht — auch für uns nicht — das Bestreben, wie es heute nicht selten hervortritt, die großen Männer aus der Entwicklung der Menschheit auszu schalten und dafür die in der Gesamtheit gärenden und wirkenden Kräfte einzusetzen. Wir preisen den Genius, der das große Sehnen seiner Zeit in die Tat umsetzte: einen Luther, einen Bismarck, einen Gutenberg I Es kann heute, wie es früher wohl geschehen ist, nicht mehr daran gezweifelt werden, daß Gutenberg der erste war, der Buchstaben mechanisch vervielfältigte, durch die Er findung des Gießinstruments eine völlig gleiche Kegelhöhe der Schrift erzielte und mit einer Druckpresse, deren erste er sich aus einer Weinkelter geschaffen hatte, arbeitete; daß er also der Erfinder der Buchdruckerkunst war. Nicht lange vor 1450 begann er, fünfzig Jahre alt, zu drucken. Er verband sich erst, mangelnder Mittel wegen, mit dem reichen Mainzer Bürger Johann Fust, der sich aber 1455 durch einen Prozeß in den alleinigen Besitz des bisher gemeinsam betriebenen Geschäfts setzte und Gutenberg zwang — bestimmt wissen wir das allerdings nicht — noch einmal eine eigene Werk statt aufzutun. Nicht ohne Widerspruch von verschiedenen Seiten setzte sich die neue Kunst durch. Vor allem, und mit Recht, fürchtete die Kirche, die von jeher in der Kontrolle aller geistigen Regungen ihre Aufgabe und ihre Kraft erblickt hatte, in ihr — wenn sie sich ihrer auch für die eigenen Zwecke, so in der ersten Zeit namentlich für Druck von Ab laßzetteln, gern bediente — einen gefährlichen Gegner. Und in der Tat machte die Buchdruckerkunst schon bald eine Haupt- Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 71. Jahrgang. waffe des Klerus, das Bibelverbot, wodurch er das Volk in Abhängigkeit von sich hielt, unwirksam; denn von Gutenberg bis zur Reformation sind nicht weniger als achtzehn deutsche Bibelausgaben gedruckt und verbreitet worden. Auch der Aberglaube des Volkes wandte sich wie so oft, wenn eine neue, unfaßbare Erscheinung plötzlich ins Leben trat, gegen diese wundersamste aller bisherigen Er findungen und witterte ein Werk des Teufels darin. Ein Buchdrucker, der zuerst in Paris gedruckte Bibeln verkaufen wollte, wurde als Zauberer aus der Stadt getrieben; der alte Begriff des Schwarzkünstlers als eines Zauberers heftete sich an die Ausüber der neuen »schwarzen Kunst«, und in der Tradition des Volkes flössen der größte aller Teufels bündner, der Grausen erweckende Doktor Faust, mit Johann Fust, dem Genossen Gutenbergs, zusammen. Und endlich wollten reiche Bibliophilen von der neuen Kunst nichts wissen und blieben beim Sammeln des hand schriftlichen Buches, dessen fabrikmäßige Herstellung denn auch das Aufkommen der Buchdruckerkunst noch geraume Zeit überdauerte. Aber diese Feinde vermochten den Siegeszug der neuen Kunst über alle Länder nicht aufzuhalten; Gutenberg selbst hat ihn, bevor er im Jahre 1468 die Augen schloß, zum guten Teil noch gesehn. Besonders als die Fustsche Offizin im Jahre 1462 bei der Erstürmung von Mainz in Flammen aufging und die dadurch brotlos gewordenen Arbeiter sich in alle Welt zerstreuten, breitete sie sich schnell den Rhein entlang nach den Niederlanden, über Süddeutschland, nach Italien und Frankreich, später nach Norddeutschland, England und Skandinavien aus. Um 1500 gab es in Europa bereits etwa 1200 Druckereien in über 200 Orten mit teilweise großem Personal. Schon 1470 beschäftigte der Drucker Koberger in Nürnberg mehr als 100 Gesellen. Die Zahl der bis zum Jahre 1500 gedruckten Bücher, die wir als Wiegendrucke, lateinisch Inkunabeln, bezeichnen, beläuft sich auf etwa 17 000. Aber schon in ihrem Frühling trieb die Buchdrucker kunst Blüte und Frucht zugleich. In jener Zeit, da das Handwerk noch Kunst war, da man mit größtmöglicher Nützlichkeit die schönste Form zu verbinden strebte, war schon der Erfinder der Buchdruckerkunst mit seinen Ge nossen bemüht, sein Werk auch auf eine hohe künstlerische Stufe zu heben. So schufen reicher Formensinn und feines Raumgefühl sein eigentliches Lebenswerk, die berühmte zwei- undvierzigzeilige Bibel, deren Druck und Ausmalung unser Auge noch heute entzückt, und später die sechsunddreißig zeilige Bibel und das Mainzische Psalterium. Eine große Anzahl von Druckern des ersten und zweiten Jahrhunderts des Buchdrucks haben uns herrliche Denkmäler ihrer Kunst hinterlassen; so — um nur einige hervorragende Namen zu nennen — Gutenbergs und später Fusts Genosse Schösser, Feyerabend in Frankfurt, Aldus Mauritius in Venedig, Didot und Etienne in Frankreich, Plantin in Antwerpen und die berühmte Dynastie der Elzevier, die von der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts an bis über 1650 hinaus blühte. Auf höchster Stufe stand, namentlich in Italien und Frank reich, auch die Buchbinderkunst, von einer großen Zahl reicher Bücherfreunde liebevoll gefördert. Und große Maler, wie Albrecht Dürer, Holbein und später Rubens, stellten ihre Arbeit in den Dienst des Buches. Erst unsre Zeit hat die Brücke zurückgeschlagen zur Kunst der alten Meister. Drucker und Verleger waren zuerst in einer Person vereint. Den Vertrieb besorgten aber schon im fünfzehnten Jahrhundert die Buchführer, die namentlich auf Jahrmärkten und Messen ihr Geschäft trieben. Zuerst war Frankfurt der Mittelpunkt des internationalen Buchhandels, bis es diese 1326
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