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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.12.1903
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- Ausgabe
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- 1903-12-24
- Erscheinungsdatum
- 24.12.1903
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- Deutsch
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10668 Nichtamtlicher Teil. 298, 24. Dezember 1903. Vor Eintritt in die Verhandlung erhob Rechtsanwalt Or. Löwenstcin als Verteidiger den Einwand der Unzuständigkeit des Gerichts, da beide Angeklagte ihren Wohnsitz in Berlin nicht haben. Das Gericht wies diesen Einwand als unbegründet zurück, da das Buch allen Berliner Sortimentern zugegangen, in Berlin der Hauptabsatz ermöglicht und deshalb das Berliner Gericht zuständig sei. In der Sache selbst handelte es sich um folgendes: Im Jahre 1801 ist der Schriftsteller Novalis (Frhr. Friedrich v. Harden berg) verstorben. Er hinterließ einen umfangreichen literarischen Nachlaß, der sich im Besitz der v. Hardenbergschen Familie be findet und erst allmählich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. So erschienen 1805 und 1837 in Berlin Ausgaben der Novalisschen Werke, die von Tieck, Schlegel u. v. Bülow herausgegeben waren. 1873 erschien bei Perthes in Gotha eine von einem Mitglied der Familie herausgegebene Nachlese. Im Jahre 1898 waren von Karl Meißner herausgegebene Novalis- Bände im Verlage des Angeklagten Diederichs erschienen, und diese Ausgabe war von Or. Bruno Wille eingeleitet worden. Im Jahre 1901 erschien nun bei Georg Reimer in Berlin eine vom Schrift steller Or. Ernst Heilborn herausgegebene kritische Neuausgabe der Novalisschen Werke auf Grund des Handschriftenmaterials. Dieses war dem Herausgeber durch die Freiin Karoline v. Harden berg zugänglich gemacht worden, und Or. Heilborn hatte aus sehr umfangreichen Handschriften nach langen Studien aus dem philosophischen Nachlaß dasjenige ausgewählt und chronologisch und logisch zusammengcstellt, was aus dem Chaos von Ge danken als ein Bild von der philosophischen Denkweise No valis' sich präsentieren kann. Insbesondere hat er in einem »Aus philosophischen Studienheften-- betitelten Kapitel in selbständiger Anordnung die Vorgefundenen Aphorismen in acht Abteilungen zu einem Ganzen zusammengefügt. Da diese Heilbornsche Ausgabe verschiedenes Neue enthielt, was in der 1898 von Diederichs herausgegebenen Ausgabe von -Novalis' sämtlichen Werken-- naturgemäß nicht enthalten sein konnte, so lieferte Or. Wille im Diederichsschen Verlage einen -Er gänzungsband auf Grund des literarischen Nachlasses, heraus gegeben von Bruno Wille--. In dem Vorwort wurde darauf hingewiesen, daß diesem Ergänzungsband lediglich die Arbeit Heilborns zugrunde gelegt worden sei. Or. Wille habe versucht, sich selbst die Handschriften zugänglich zu machen; er habe jedoch von der v. Hardenbergschen Familie den Rat erhalten, einfach die von Heilborn veranstaltete kritische Neuausgabe zu benutzen, da darin alles mitgeteilt sei, was der Veröffentlichung würdig sein könne. Or. Wille hat darauf in sein kritisches Werk die 62 Seiten umfassende Abteilung »Aus philosophischen Studienheften« über nommen. Darin erblickt Or. Hcilborn einen strafbaren Nachdruck. Auch die literarische Sachverständigen-Kammer hatte sich dahin entschieden, daß ein beiden Angeklagten zur Last zu legen der vorsätzlicher Nachdruck vorliege, da das Heilbornsche Werk ein auf eigener arbeitsreicher Methode beruhendes neues Werk sei, das der eigenen philologisch-kritischen Tätigkeit des Or. Heilborn in Anordnung, Auswahl, Form und Gestaltung seine Entstehung verdanke. Die Angeklagten bestritten, sich strafbar gemacht zu haben. Or. Wille führte u. a. aus, daß kritische Textrezensionen frei seien und es sich hier um die Texte eines abdruckfreien Autors handle. Von den Sachverständigen erklärten sich Professor Or. Erich Schmidt und Geheimer Rat Wildenbruch dahin, daß Or. Heilborn in seinem Werk eine urheberische Tätigkeit ent wickelt und einen selbständigen literarischen Körper geschaffen habe, der schutzberechtigt sei. Diesen Gutachten traten die Sach verständigen Or. Osterrieth, Professor Or. Kirchbach und Otto v. Leixner, die bei den Vorarbeiten zum Zustandekommen des Urheberrechtsgesetzcs mitgewirkt haben, entschieden entgegen. Sie waren darin einig, daß es sich bei dem Heilbornsche» Werk um eine wissenschaftliche, geistige, tüchtige Arbeit eines Text- kritikers, aber nicht um eine Selbstschöpfnng handle. Nach den bei dem Zustandekommen des Urheberrechtsgesctzes maßgebend gewesenen Grundsätzen sei der Begriff «Urheber- mit dem eines Textkritikers unvereinbar gewesen. Sachverständiger Or. Verth old schloß sich den letzteren Gutachten völlig an, daß ein Schutz des Urheberrechts nicht in Frage kommen könne. Zu demselben Gut achten kam der letzte Sachverständige, Schriftsteller Or. Wilhelm Bölsche. Sämtliche Sachverständige stimmten darin überein, daß die Persönlichkeiten der beiden Angeklagten jeden Verdacht aus schlössen, daß sie wissentlich sich eines strafbaren Nachdrucks schuldig gemacht haben könnten. Der Staatsanwalt hielt das Gutachten der literarischen Sachverständigen-Kammer sowohl in objektiver als subjektiver Be ziehung für maßgebend und beantragte, indem er den Angeklagten zubilligte, daß sie sich in einem strafrechtlichen Irrtum über den Begriff des »Werkes« befanden, je 100 Geldstrafe event. I 10 Tage Haft. Der Vertreter des Nebenklägers beantragte auf Grund des Z 47 des Gesetzes voin 19. Juni 1901 auch die Ver nichtung der auffindbaren Exemplare des Dr. Willeschen Werkes. Die Verteidiger sprachen in längeren Ausführungen für Frei sprechung der Angeklagten. Eventuell beantragten sie die Hcrbei- schaffung des Novalisschen Handschriften-Materials, um den Um fang der selbständigen Arbeit des Dr. Heilborn festzusetzen. Der Gerichtshof kam zu einem freisprechenden Urteil für beide Angeklagten, weil diese sich, ob nun ein objektiver Nach druck vorlicge oder nicht, was jedenfalls zweifelhaft sei, im guten Glauben befunden hätten. Bestrebungen zur Ausschaltung des Sortiments. (Vgl. Nr. 297 d. Bl.) — Im Anschluß an unsre Mitteilung in Nr. 297 d. Bl. sind wir in der Lage / ein Schreiben mitzuteilcn, das uns von einem andern Verleger als dem Empfängers des gestern hier mitgeteilten Schreibens vorgelegt worden ist. Der im wesentlichen übereinstimmende Wortlaut bestätigt die Vermutung, daß eine ganze Reihe von Verlegern damit bedacht worden ist. Es geht wie jenes von einer angesehenen wissenschaftlichen Ver einigung aus. Die Annahme, daß alle weitern Empfänger den seltsamen Antrag rundweg ablehnen werden, darf wohl als selbst verständlich vorausgesetzt werden. (Red.) Das Schreiben lautet: »Im Aufträge des Vorstandes der ^beehre ich mich, Sie anzufragen, ob Sie bereit wären, den Mitgliedern unsrer Gesellschaft für den Bezug der in Ihrem Verlag erscheinenden Zeitschrift Vorzugsbedingungen zu gewähren. Als Gegenleistung würde unserseits — falls Sie unfern Mitgliedern eine erhebliche Ermäßigung gegenüber dem Ladenpreis zu gestehen — innerhalb der Bekanntmachungen, die wir auf den Tagesordnungen bezw. Inhaltsverzeichnissen unsrer Hefte erscheinen lassen, sechs- bis zehnmal pro Jahr auf Ihre Zeit schrift hingewiesen werden. Unsre Mitglieder würden dadurch unter Angabe des Ladenpreises und des Vorzugspreises in wirksamer Weise und in regelmäßigen Zwischenräumen auf Ihre Zeitschrift aufmerksam gemacht werden, ohne daß Ihnen hierdurch Jnsertionskosten erwachsen. -Zur Empfangnahme der Bestellungen und Einzahlungen wäre unsere Schatzmeisterei bereit, wenn dem expedierenden Beamten für die ihm erwachsende Mehrarbeit eine Kommissions gebühr bewilligt wird. Wir schlagen vor, diese Kommissions gebühr auf 2 Prozent des durch unsre Kasse für Ihre Firma gehenden Betrags zu bemessen; sobald dieser Betrag die Summe von 1000 pro Jahr überschreitet, würde die Kom missionsgebühr auf 1 Prozent herabgesetzt werden. «Der Beamte der Schatzmeisterei würde Ihnen wöchentlich einmal die eingegangenen Bestellungen aufgeben und mit Ihnen vierteljährlich oder halbjährlich — je nach der Höhe des Um satzes — abrechnen. Die Zustellung der einzelnen Hefte an unsre Mitglieder müßte direkt Ihrerseits und portofrei er folgen. Ich bitte Sie daher, in Ihrer Antwort die Preise für portofreie Zustellung im Inland (Deutschland und Österreich- Ungarn) und Ausland festsetzen zu wollen. »Reklamationen bezw. sonstige Korrespondenzen mit den Mitgliedern, welche sich an die beabsichtigte Neueinführung an schließen, würden Ihnen von unsrer Geschäftsstelle zur Er ledigung überwiesen werden.« Personalnachrichten. Hoftitel. — Die Inhaber der Buch- und Kunsthandlung Müller L Rühle in Darmstadt, die Herren Wilhelm Topp und Oscar Petrenz, sind zu »Hoflieferanten Seiner Majestät des Kaisers von Rußland und des gesamten kaiserlichen russischen Hofes« ernannt worden. Mordversuch. — Auf einen der geachtetsten deutschen Schriftsteller, Or. Max Nord au in Paris, ist in diesen Tagen ein tätlicher Angriff erfolgt, der zum Glück nicht den beab sichtigten Erfolg gehabt hat. Am 19. d. M. gab bei einer von Zionisten in Paris veranstalteten Festlichkeit ein ärmlich gekleideter junger Mann zwei Revolverschüsie auf Or. Max Nordau ab. Dieser wurde von einer Kugel leicht gestreift, während die andre einen der Gäste namens Ossoweckski verletzte. Nach seiner Festnahme sagte der Täter, der sich Chaim Selig Luban nennt, aus, er sei russischer Revolutionär und durch das Los bestimmt worden, Nordau zu erschießen, weil er im Wider spruch mit dem ursprünglichen Programm der Zionisten auf dem Basler Kongreß für das Anerbieten Chamberlains, betreffend Gründung einer autonomen Judenkolonie in Englisch-Ostafrika, eingetreten sei. Or. Nordau ist gänzlich unversehrt.
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