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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.12.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-12-29
- Erscheinungsdatum
- 29.12.1903
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- Deutsch
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IV708 Nichtamtlicher Teil. ^ 300, 29. Dezember 1903 darzustcllen, den die Bücherpreise auf den Buchhandel selbst, die literarische Produktion, sowie die Verbreitung von Bildung und Kenntnissen ausgeübt haben. Die entsprechenden Verhältnisse andrer Länder sind nur vergleichungsweise, außerdem aber dann zu berücksichtigen, wenn zur Beurteilung der deutschen Verhält nisse nicht ausreichender Stoff vorhanden ist und ihre Überein stimmung sich annehmen läßt.-- »Trotzdem eine Frist von etwa zwei Jahren gegeben war — fügt die Verlegerkammer hinzu —, hat sich bis jetzt unsers Wissens kein einziger Bewerber gefunden. Das ist ein Beweis dafür, wie schwierig das Thema ist.« Allerdings eine schwierige und bezüglich der Neben- bedingnngen kaum lösbare Aufgabe, die vernehmlich darauf hindeutet, daß mau sich in Universitätskreisen schon länger mit Fragen beschäftigt, die zuletzt zur Bildung des aka demischen Schutzvereins geführt haben. Sicherlich aber auch ein interessantes Thema, das in zusammenhängender ge schichtlicher Behandlung manche wissenswerte Dinge in An regung bringt. Ich werde versuchen, einige Beiträge dazu zu liefern. Die Erfindung der Buchdruckerkunst fällt in ein Zeit alter der Bibliophilie, genährt durch das mittelalterliche Handschrifteuwesen, ein Umstand, der mir für die Geschichte des Bücherpreises von Belang scheint. Nach modernen Schätzungen bilden die frühesten Buchdruckerzeugnisse einen Nachglanz der ältern monumentalen Handleistnngen. Die bibliophilischen Zeitgenossen waren nicht ganz dieser Meinung; sie verhielten sich ablehnend gegen die neue »Kunst«, Bücher mechanisch herzustellen, und blieben den kostspieligen Handschriften treu, deren Herstellung neben dem Buchdruck so dauernd anhält, daß die letzten Spuren bis ins siebzehnte Jahrhundert verfolgt werden. Nicht alle Bücherfreunde waren Bibliophilen im spezifi schen Sinn und hatten auch nicht die Mittel dazu. Sie gaben sich mit der praktischen Bedeutung der Gutenbergschen Erfindung zufrieden, die es ermöglichte, Büchererwerbungen zu machen, die ihnen vordem versagt geblieben waren. Zur Befriedigung größerer Erwartungen gehörte freilich Zeit. Um so mehr Zeit, als die Unternehmertätigkeit vor einem Problem stand. Die manuale Bücherherstellung hatte den Vorteil geboten, daß die Produktion, welche sich auf ein einzelnes Exemplar beschränken konnte, ohne Rest oder doch ziemlich ohne Rest in den Absatz aufging. Die Gutenberg- sche Erfindung nötigte dagegen zur Vorherbestimmung der »Auf lage«, d. i. zur Abschätzung des Absatzes mindestens nach hundert oder einigen hundert Exemplaren, nach deren Druck die Satzformen zu weiterer Verwendung auseinander ge nommen wurden. Eine solche Abschätzung war um so schwieriger, als jeder Anhalt, alle Erfahrung über die Absatz verhältnisse im allgemeinen fehlte. Deshalb die Klage der frühesten Drucker, daß ihr Haus voll von Büchern und leer an Brot sei. Dies hatte seine Wirkung auf den Bücherpreis. Kapp Seite 87 bringt den Straßburger Drucker-Verleger und Pa- pierhändler Adolf Rusch in Erinnerung, der vielfach Bücher andrer Drucker durch Tausch gegen Papier zum Zweck des Handels erwarb, so zwar, daß er zwei Ballen weißes Papier für einen Ballen bedrucktes Papier gab. Die Kalkulations grundlage war somit für Rusch der zweifache Papierpreis eines Buchs, eine Grundlage für Bestimmung des Bücher preises, die auch damals schwerlich unterboten werden konnte. Rusch scheint sein Glück auf das Unglück andrer gegründet zu haben, wofür die Konjunktur recht günstig gewesen sein mag. Die naturwüchsige Handelsart des Straßburgers erklärt sich teilweise daraus, daß die Frühzeit es fast ausschließlich mit der Umwandlung mittelalterlicher Handschriften in Druckwerke zu tun hatte. Von verlagsrechtlichen Beziehungen zwischen lebenden Autoren und Verlegern, die auf Original- produktivn deuten würden, kennt man aus der Jnkunabeln- zeit bis jetzt nicht einen einzigen Fall. Sie machen sich erst vereinzelt bemerklich, wo die Vorboten der Reformation nahen. Im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, unter dem Einflüsse des italienischen Humanismus, kam die Kunst, auf mechanischem Wege Bücher herzustellen, zu bibliophilischen Ehren. Die Aldinen hatten es den deutschen Bücherfreunden angetan. Das Verlangen nach italienischen Klassikerausgaben wurde, wie Hase sagt, fast zur Modesache. »Was nur an guten Büchern (d. h. in Aldinischer Letter) nach Basel kommt — schreibt ein Zeitgenosse —, so sind dreißig da, die es, kaum daß sie uach dem Preise fragen, an sich reißen, so groß ist die Begierde und die rasende Sucht (denn es ist eine Raserei) bei einigen, denen diese Bücher nicht zu Nutz sind, und die sie nicht verstehen: haben aber wollen sie dieselben.« Hase, 2. Ausl., S. 386 teilt eine Anzahl Preise italienischer Klassikerausgaben mit, wie sie die Koberger berechneten, darunter eine hebräische Bibel mit Komm. I. zu 14 Gulden, einen Galenus, griechisch, zu 30 Gulden. Kapp berechnet den damaligen Goldgulden mit etwa 16 so daß die Umrechnung Preise ergeben würde, die sich nicht jedermann nachzuschreiben getraut. Immerhin versteht man es, wenn nach Hase der eine Kunde auf den Ertrag seines selbstgebauten Weins vertrösten, der andre sein Haus verkaufen mußte, um die Bücherschulden zu decken. Selbst die Lutherschriften, die doch auf die weiteste Verbreitung hinzielten, tragen dem bibliophilischen Sinne der Zeit Rechnung. Wenn man eine Sammlung derselben besichtigt, wie sie die Leipziger Stadtbibliothek aufbewahrt, so macht der heutige Bücherdruck den Eindruck eines Not mittels für literarische Vervielfältigungszwecke. Damit ver bindet sich aber sofort der andre Eindruck, daß die Luther drucke bei ihrem Erscheinen stattliche Preise gehabt haben müssen. Kapp 421 berichtet, daß die September-Ausgabe, also die erste in Folio gedruckte Ausgabe der Lutherschen Übersetzung des Neuen Testaments, die am 22. September 1522 zur Ausgabe gelangte, trotz der Höhe der Auflage (5000 Exemplare) und des hohen Preises (bis 1'/- Gulden, etwa 25 heutigen Geldes) innerhalb dreier Monate ver griffen gewesen sei, so daß schon im Dezember eine neue Ausgabe erschien. Das Alte Testament, bemerkt Kapp weiter, ließ Luther demnächst in mehreren einzelnen Teilen erscheinen, da er be fürchtete, daß dasselbe anders zu teuer werden würde. Sehr glaublich, denn es hätte nach dem Beispiel des Neuen Testaments »bis« 65 ^ kosten müssen. Der Zusatz »bis« will sagen, daß die Bücherpreise im sechzehnten Jahrhundert und weit darüber hinaus von Ort zu Ort und am Orte selbst ungleich waren. Die Bezugsart, wie die Transport- und Vertriebsspesen bewirkten dies. Was Ende des sech zehnten Jahrhunderts in Jena 18 Gr. kostete, kostete in Leipzig und Naumburg 19 und in Frankfurt a. M. 20 Gr, Die Preise' der Lutherbibel werden stattliche gewesen sein, aber sie bedürfen der genauem Untersuchung. Wie soll das Neue Testament (Kapp 415) beim Preise »bis« 25 ^ mit Blitzesschnelle in die Burgen der Ritter, in die Klöster der Mönche, in die Häuser der Bürger und sogar in die Hütten der Armen gedrungen sein? Letzteres ist schon aus einem andern Grunde nicht an nehmbar; die Bewohner der Hütten der Armen konnten nämlich nicht lesen, es fehlte die Volksschule, der die Re formation erst die Wege ebnete. Deshalb darf die herrschende Annahme von der massenhaften Verbreitung der Lutherbibel nicht entfernt nach Art der heutigen Bibelverbreitung ge-
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