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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.12.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-12-29
- Erscheinungsdatum
- 29.12.1903
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- Deutsch
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10710 Nichtamtlicher Teil 300, 29. Dezember 1903. Von 1712 an kam dann der in der Hauptsache abgeschlossene Text als Gemeindebibcl zur Ausgabe, der zu Franckes Leb zeiten fortgesetzt aufgebessert worden ist. Schlosser sagt in seiner Geschichte des 18. Jahr hunderts I. 543: »Der Geschmack deutscher Leser und Schriftsteller war gerade im Anfänge des 18. Jahrhunderts am schlechtesten. Die wenigen Gebildeten lasen und schrieben französisch, die, welche deutsch lasen, waren weit von der Einfalt des sechzehnten Jahrhunderts, sie erfreuten sich eines Lohenstein und Hofmannswaldau und ihres Bombastes. Die Pietisten wirkten in dieser Beziehung sehr heilsam, denn sie führten Luthers und Arnds Einfalt und würdige Sprache zurück.« Die deutschsprachliche Seite ist für den Franckeschen Bibeltext von der höchsten Bedeutung geworden; sie hat ihn vollends zum herrschenden Bibeltext erhoben, der denn auch dem großen öffentlichen, 1890 zum Abschluß gebrachten Re visionswerke zugrunde gelegt worden ist. Das Ansehen billiger Preise, in dem die Bibelanstalt stand, übertrug sich keineswegs auf die Buchhandlung Franckes, die umgekehrt bald in das Ansehen höherer Preise kam, als sonst am Platze üblich waren. Dies wurde von den Gegnern Franckes, an denen es nicht fehlte, öffentlich ausgebeutet und führte zu Konflikten recht unangenehmer und auch kostspieliger Art. Das Waisenhaus trieb Tauschgeschäfte, denen ein hoch ansehnlicher Verlag zugrunde lag. Zunächst die Schriften Aug. Herm. Franckes, der im Verlagskatalog von 1738 mit 174 Titeln vertreten ist. Francke dürfte für die damalige Zeit der verbreitetste Autor nach Luther sein. Sodann unter der Pädagogik vor allem die Lehrmittel für gelehrte Schulen, mit denen Francke den herrschenden halbmittelalterlichen Lehrmitteln, darunter dem ehrwürdigen Donat, die Wege verlegte, und die dann das ganze 18. Jahrhundert beherrscht haben. Endlich der wissenschaftliche Verlag mit seinen stolzen Folianten, Quartanten und bändereichen Unternehmungen. Auf 19 Universitätsmänner kamen allein 157 Verlagsunter nehmungen großen Stils, worunter die Jurisprudenz den Glanzpunkt bildete. Ein Verlag von solchem Kerngehalt war an und für sich im Tauschhandel nicht günstig gestellt. Die Kunstregel des Tauschhandels war: Besseres gegen Minderwertigeres zu erwerben. Hier lag die Sache augenscheinlich anders. Die sich als gleichwertig betrachtenden Tauschgeschäfte bildeten einen Verband, dessen Mitglieder durch Konvention bezüglich der Berechnung beim Tauschgeschäft gebunden waren. In dieser Konvention kam die eigentümliche Be stimmung vor, daß die Ausgaben pro labors (Autorhonorar) nicht auf den Preis geschlagen werden dürften. Franckes rechte Hand, Elers, machte darauf aufmerksam, daß auf dem gegenwärtigen aktiven Verlagsbestande für Tauschzwecke über 5000 Rtlr. Honorar lasteten, nach heutigem Geldwerte reichlich 30000 Nicht jede Firma mochte einen ähnlichen Honoraretat aufweisen, und das Plus siel dem Waisenhaus zur Last, d. h. seine Verlagswerke und das eingetauschte Sortiment mußten um so viel höher im Preise angesetzt werden. Unter solchen Umständen kam der Gedanke in Er wägung, ob es nicht zweckmäßiger sei, den Sortimentsbetrieb, also den Tauschverkehr, einzustellen. Dem widersprach Elers aus andern Gründen. Francke aber wollte Ruhe und Frieden haben. Der Bogen »ordinärer Schrift« wurde daher auf 2 Pf. herabgesetzt. Jetzt war das Waisenhaus wohlfeiler als die übrigen Mitglieder des Verbandes, was eine ernste Auseinandersetzung gekostet zu haben scheint, da nur wenige Mitglieder beistimmten. Elers berechnete das einmalige Opfer auf 7500 Rtlr., nach heutigem Geldwerte reichlich 45 000 und hierzu kam dann das laufende Opfer der definitiven Preisherabsetzung. Dem Tauschhandel kann man in seiner Blütezeit viel Gutes nachsagen, aber um die Festigung des Bücherpreises hat er sich nicht verdient gemacht; im Gegenteil. Unter seiner Herrschaft kam es zu keinem gleichmäßigen Anhalt für den Verkaufspreis der Bücher. Verlags- und Meßkataloge erschienen deshalb ohne Preise, der Verlagskatalog des Waisen hauses noch 1750. Für die Geschichte des Bücherpreises ist es somit bemerkenswert, daß da, wo das Konditionsgeschäft zunächst in Form des Nettohandels aufdämmert, auch der Bücherpreis in den Katalogen auftaucht. Der alte Ordinär preis, den der Tauschhandel als Geheimnis der Geschäftswelt behandelte, wird nunmehr zum öffentlichen Ladenpreis. Zwei Dinge bilden in neuester Zeit Gegenstand der Klage: die literarische Überproduktion und die Höhe der Bücherpreise. Eigentlich ein Widerspruch, denn die Über produktion treibt meines Wissens in Handel und Gewerbe die Preise nicht in die Höhe, sondern drückt sie. Den Buch handel darf man eben nicht mit Handel und Gewerbe im allgemeinen verwechseln, keineswegs, wie man wohl annimmt, weil der Buchhandel höher gewürdigt werden will, sondern umgekehrt: weil der Buchhandel das mangelhafteste Warenobjekt in der gesamten Geschäftswelt vertritt. Deshalb die Absonderung des regulären Buchhandels vom übrigen Handel und Gewerbe, deshalb die einseitige Fachbildung seiner Angehörigen, die sie für kaufmännische Geschäfte meist un- verwendbar macht, deshalb die Organisation des Bücher verkehrs und das für den Bücherverkehr nicht zu überbietende System des Konditionsgeschäfts. Wenn man sich all diese Eigenartigkeiten hinwegdenkt, so würde das Buch in sehr kurzer Zeit um seine Preishaltung kommen und dem Trödel und Makulaturhandel verfallen. In vielen Teilen des Auslandes ist es so. Die Überproduktion liegt in der Natur des Geschäfts Wesens und die Klagen darüber beruhen auf Verwechslung des Buchhandels mit dem Warenhandel, von dem der Be griff der Überproduktion hergeholt ist. Der Buchhandel beginnt geschichtlich mit Überproduktion und überproduziert bis zur Stunde. Die Überhöhung der Bücherpreise ist dagegen geschichtlich markiert in einer einzigen langen Periode: vom siebenjährigen Krieg bis über die Freiheitskriege hinaus. Die Drangsale des Kriegs und die Verschlechterung des Münzfußes veranlaßten um das Jahr 1760 viele Leipziger, Berliner und sonstige norddeutsche Firmen, die Preise ihrer Verlagswerke bedeutend, teilweise um 50 Prozent, zu er höhen. Die Teuerungsverhältnisse nach dem Kriege trieben dementsprechend die Preise der neuen Erscheinungen in die Höhe. Dies war jedoch keineswegs die alleinige Ursache der anormalen Bücherpreise. Das Deutschland des achtzehnten Jahrhunderts mit seinen großen Dichtern und Denkern ist ein autorenarmes Land. Beim Mangel irgendwie genügender Originalproduktion mußte die große Masse von Anfang bis zu Ende mit Übersetzungen gefüttert werden. Am Ende des Jahrhunderts klagte selbst Schiller für seine höhern Zwecke bei den Horen über den Mangel an verwendbaren Mit arbeitern. Der norddeutsche Buchhandel zog unter diesen Verhältnissen die dünn gesäten und modernen Ansprüchen meist nicht gewachsenen Kräfte durch die höchsten Honorar bewilligungen an sich, Honorarbewilligungen, wie sie die Gegenwart nicht kennt. Es war eben ein Kampfmittel um die spärlichen produktiven Kräfte, das den Süden lahmlegte, so daß der Norden den Tauschverkehr mit ihm aufhob, da er Genügendes nicht mehr zu bieten vermochte. Mit Öfter-
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