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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.06.1900
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- 1900-06-07
- Erscheinungsdatum
- 07.06.1900
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129, 7. Juni 1900. Nichtamtlicher Teilt 4349 dirre zit nit gewest« sei. Eine zuverlässige Spur, wohin sich die ausgewiesenen Gutenbergs gewandt haben, fehlt. Man glaubt, daß sie nach Eltville, wo die Familie begütert war, gezogen seien, doch machen es frühe Zeugnisse, wie das Lignamines vom Jahre 1474, das der Bergamenser von 1483 und dasjenige Fulgosus' von 1494, die den Erfinder einen Straßburger von Geburt sein lassen, wahrscheinlich, daß er sich in seiner Jugend längere Zeit in dieser Stadt aufgehalten hat. Ziemlich sicher erscheint er hier für das Jahr 1434 nachgewiesen, denn in den Registern der Straßburger Kontrakt stube, die leider mit vielen anderen, auf Gutenberg bezüg lichen Dokumenten bei der unglücklichen Beschießung der Stadt in den letzten Augusttagen des Jahres 1870 unter gegangen sind, fand sich eine Notiz, wonach Johannes Gutenberg am Gregoriustage (14. März) des genannten Jahres den Mainzer Stadtschreiber Nicolaus, der sich zu fällig in Straßburg aufhielt, verhaften ließ, weil die Stadt Mainz ihm eine fällige Rente vorenthalten hatte. Der Straßburger Geschichtsforscher Johann Daniel Schöpflin, der diese Eintragung in seinem 1760 erschienenen Werke Vioäioms tz'pogruplüog.g veröffentlicht hat, publizierte an derselben Stelle auch eine Urkunde von 1437, von der er Kenntnis durch den Straßburger Archivar Jakob Wencker erlangt haben wollte und wonach ein Fräulein Anna zur eisernen Thür Gutenberg wegen eines Eheversprechens verklagt habe. Er behauptete auch, daß dieses Fräulein des Erfinders Frau geworden sei und daß dieser Ehe Kinder entsprossen seien; aber als er, um die Vorzeigung dieser Urkunden ersucht, in die Enge getrieben wurde, mußte er zugestehen, daß keine Urkunde vorhanden sei, sondern daß es sich dabei um eine ganz unkontrollierbare Randglosse handle. Die bedeutendsten der Straßburger Urkunden, die viel umstritten worden, aber ebenfalls heute nicht mehr vorhanden sind, wurden gleichfalls von Schöpflin veröffentlicht. Zum dritten Jubelfest der Erfindung der Buchdruckerkunst, 1740, fand Wencker im Straßburger Stadtarchiv das Kouzept eines Urteilsspruches des Straßburger Rates (die Urkunde selbst ist nie gefunden worden) in einem Prozeß, in dem »Johan von Mentze genannt Gutenberg« als Beklagter erschien, und fünf Jahre später entdeckte der Archivar Joh. Heinr. Barth in einem Gewölbe des Straßburger Pfennigturmes die zu dem Urteil gehörigen Prozeßakten. Beide Dokumente sind 1870 mit der Bibliothek in Flammen aufgegangen. Die Echtheit dieser Urkunden ist schon häufig angefochten worden. Der Hauptgrund, der meines Erachtens für ihre Echtheit spricht, ist die Thatsache, daß sie bezüglich der Er findung der Buchdruckerkunst gar nichts klar beweisen. Die Fälscher, die damit doch jedenfalls hätten darthun wollen, daß Straßburg anstatt Mainz der Ruhm gebühre, der Er findungsort zu sein, wären doch allzu ungeschickt vorgegangen, wenn sie diese Urkunden in dieser Form erfunden hätten. Was ergiebt sich aus ihnen? Lediglich, daß Gutenberg vor vor dem Jahre 1440 in Straßburg gewesen ist und daß er dort irgend welche Thätigkeit geübt hat, von der sich jeder denken kann, was ihm beliebt. Die Erfinder dieser Urkunden hätten doch in erster Linie darauf bedacht sein müssen, zweifellos festzustellen, daß Gutenberg hier gedruckt habe! Nichts davon ist aus den Akten zu entnehmen. Diese ergeben vielmehr lediglich folgendes Bild: Guten berg verstand die Kunst des Steinschleifens und der Spiegel anfertigung. In der elfteren Kunst unterrichtete er einen Straßburger Bürger, Namens Andreas Dritzehen, bezüglich der letzteren schloß er 1437 einen Vertrag mit Hans Riff, einem Vogt von Lichtenau, dem später auch Dritzehen und ein Andreas Heilmann als Teilhaber beitraten. Ein Jahr später drangen die letztgenannten in Gutenberg, sie gegen Zahlung von zusammen 250 Gulden »alle sin künste vnd afentur (Unternehmungen?) so er fürbasser oder in ander wege mer erkunde oder wüste, auch zu leren vnd das nicht vür jnen zu verhelen«. Dieser daraufhin abgeschlossene Vertrag, aus dem man nicht klug werden kann, wurde für 5 Jahre festgesetzt (1438—43). Als aber Dritzehen noch im ersten Vertrags jahre starb, klagten seine Erben entweder auf Aufnahme in die Gesellschaft oder Auszahlung des für diesen Fall fest gesetzten Betrages von 100 Gulden. Diese Klage war un sinnig, da Dritzehen bei seinem Tode dem Gutenberg von seinen 125 Gulden noch 85 schuldig war. Er wurde denn auch nur verurteilt, 15 Gulden auszuzahlen, da die 85 nicht entrichteten von den 100 abgingen. Das unklare Bild, das sich aus dem Urteilsspruch des Großen Rates vom Dezember 1439 ergiebt, gewinnt nicht viel durch das Protokoll der Zeugenaussagen. Eine geheimnis volle Presse spielt darin eine große Rolle, die sich in dem Hause des verstorbenen Dritzehen befunden haben sollte, an- gefertigt von dem Drechsler Konrad Sahspach, nach der Gutenberg zu Dritzehen schickt, um sie auseinandernehmen zu lassen, damit »niemand sehe, was es ist«. Auch noch andere Leute bemühten sich darum, aber sonderbarerweise fand keiner eine Spur von dieser Presse, die in vier Stücke auseinandergenommen werden sollte. Auch sandte Gutenberg seinen Knecht in die Wohnung des Verstorbenen, »alle Formen zu holen vnd wurdent zurlossen (-- zerlassen, ein geschmolzen), das er eß sehe, vnd jn joch ettliche formen ruwete«; d. h. es wurden Formen zerstört, unter denen sich einige befanden, um die es Gutenberg leid that (ruvs — Trauer). Diese Sache ist höchst unklar. Es ist nicht einzu sehen, warum diese Formen eingeschmolzen werden mußten, wenn es sich dabei etwa um Matrizen zum Letternguß oder um Lettern selbst gehandelt hätte, und was zwang Guten berg zu diesem Verfahren, das er selbst bedauerte? Der bekannte Jost Amman'sche Holzschnitt »Der Schriftgießer« zeigt, wie handlich solch ein Gießinstrument gewesen ist, das man nicht hätte zu zerstören brauchen, um es vor Mißbrauch zu schützen. Höchst merkwürdig ist die Aussage des Goldschmieds Hans Dünne, der vor drei Jahren an Gutenberg an 100 Guldeu verdient habe »alleine das zu dem trucken ge höret«. Aber auch diese Aussage, die übrigens mit dem Prozeß gar nichts zu thun hat, beweist für die Erfindung der Kunst, mit beweglichen Lettern zu drucken, sehr wenig; war doch die Druckkunst schon vor Gutenberg erfunden worden. Nach Prüfung aller in Betracht kommenden Momente kommt Karl Schorbach in seiner Studie über Straßburgs Anteil an der Erfindung der Buchdruckerkunst zu dem Schluß, daß aus den Straßburger Dokumenten sich ein strikter Be weis nicht erbringen lasse, daß Straßburg die Geburtsstätte der Buchdruckerkunst gewesen sei; daß aber ein hoher Grad innerer Wahrscheinlichkeit sich ergebe, daß jenes geheimnis volle Unternehmen, das von Gutenberg seit 1438 betrieben wurde, der erste Versuch der Typographie gewesen sei.*) Jakob Wimpheling aus Schlettstadt, übrigens ein konfuser Herr, der in der Reihe der Zeugen für die Erfindung die Rolle des schwankenden Rohres im Winde spielt, stellt die Sache einmal sogar so dar, daß ein anderer in Straßburg die Druckkuust erfunden und Gutenberg sie in Mainz voll endet habe. Viel weiter kommt man also auch mit diesem Zeugnis nicht. Jedenfalls haben die Straßburger 1840 klug gehandelt, als sie sich an dem Werke David d'Angers auf dem von Napoleon I. geschaffenen und so genannten Gutenbergplatz jeglicher Inschrift enthielten, während sie ein halbes Jahrhundert später weniger zurückhaltend waren und *) Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Neue Folge. Bd. VII. S. 645. Freiburg 1892. Siebenundsechzigster Jahrgang. 583
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