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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.03.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-03-20
- Erscheinungsdatum
- 20.03.1900
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil Entwurf eines Gesetzes betreffend Nrnderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs. (Vgl. Nr. 33, 35, 36, 37, 47, 5b, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64 d. Bl.) Eingabe der Deutschen Verlegerkammer an den Reichskanzler. Leipzig, 15. März 1900. Seiner Durchlaucht dem Kanzler des Deutschen Reichs, Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst Berlin. Euerer Durchlaucht beehrt sich die Deutsche Berlegerkammer als geschäftsführender Ausschuß des Berliner, Leipziger, Stuttgarter und Deutschen Verlegervereins und somit als berufene Vertreterin des gesamten deutschen Verlagsbuch- handcls hinsichtlich der z. Zt. dem Reichstage in dritter Lesung vorliegenden Aendcrungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs folgendes ehrerbietigst zu unterbreiten: Der deutsche Buchhandel hat es schon bisher als seine Pflicht angesehen, unlautere Elemente jeder Art zu bekämpfen und von sich auszustoßen. So hat der Börsenverein der Deutschen Buchhändler, der alle maßgebenden Verlags- und Sortimentsbuchhandlungen und demgemäß auch unsere sämt lichen Mitglieder umfaßt, nach § 8, 2 seiner Satzungen es vorgesehen, daß »Mitglieder wegen fortgesetzter Veröffent lichung und Verbreitung unzüchtiger Schriften, Abbildungen und Ankündigungen auf Antrag des Vorstandes durch die Hauptversammlung ausgeschlossen werden können«. Es ist demnach im Sinne aller Kreise des Buchhandels, wenn auch die Reichsgesetzgebung diese Ziele verfolgt, um so mehr als gerade diejenigen Elemente, die sich mit dem Vertrieb un sittlicher Schriften befassen, sich außerhalb der Organisation unseres Buchhandels bewegen, ihren Handel vom Auslande her betreiben und schwer faßbar sind. Gleichwohl muß es die Buchhändler Deutschlands mit Besorgnis erfüllen, wenn nach ihrer überwiegenden Ansicht die Gesetzgebung über das Ziel hinausgeht, das nach der praktischen Geschäftserfahrung behufs Erreichung ersprießlicher Ergebnisse eingehalten werden sollte, und wenn einzelne Bestimmungen geeignet sind, eher den ehrbaren Buchhandel zu belästigen, als den auf Schleich wegen wandelnden Verbreiter unzüchtiger Schriften zu treffen. So muß sich die Deutsche Verlegerkammer den bereits in einer Eingabe des Börsenvereins-Vorstandes an Eure Durchlaucht zum Ausdruck gebrachten Bedenken anschließen in Bezug auf tz 184 al. 1 des Strafgesetzbuches, das denjenigen mit Strafe bedroht, der unzüchtige Schriften, Abbildungen und Darstellungen zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält. Um die Sortimentsbuchhandlungen zu verhindern, sich mit unzüchtigen Schriften zu befassen, genügt vollständig der unter Strafe gestellte Begriff des Feilhaltens, da ein Sortiments buchhändler kein Buch vorrätig hält, es sei denn zum Verkauf. Dieses »Halten zum Zweck des Verkaufs« ist nach allgemeinem Spiachgebrauch und nach dem Wörterbuch der Gebrüder Grimm der Begriff des Feilhaltens (feil — verglich, der auch für die Zwecke dieses Gesetzes alles trifft, was beim Betrieb eines Sortimentsbuchhändlers getroffen werden kann und soll. Es ist in den Verhandlungen des Reichstags darauf hin gewiesen worden, daß, wenn ein Buchhändler unzüchtige Schriften nicht auspacke, sondern nur nach Bedarf aus dem halb geöffneten Ballen abgebe, er damit das Gesetz umgehen könne, und daß deshalb der Begriff des Vorrätighaltens ein geschaltet werden müsse. Wir vermögen dieser Anschauung nicht beizupflichten, vielmehr erscheint es nach dem oben dargelegten Sprach gebrauch uns klar, daß, wenn ein Buchhändler in dieser Weise verfährt, dieses gleichwohl ein Feilhalten ist. Ist daher der Begriff des Vorrätighaltens, insoweit der Betrieb des Sortimentsbuchhandels in Betracht kommt, überflüssig, weil ein Feilhalten das Vorrätighalten in sich schließt, und weil das Vorrätighalten nur zum Zwecke des Feilhaltens erfolgt, so wird dieser unter Strafe gestellte Begriff des Vorrätig haltens für den Betrieb eines Kommissionsgeschäftes direkt gefährlich. Der buchhändlerische Kommissionär hält in der That Verlagswerke seiner Kommittenten vorrätig, und es könnte ihm nachgewiesen werden, daß er sie auch indirekt zum Zwecke der Verbreitung vorrätig halte; aber thatsächlich ist er nur der Verwalter des Gutes seines Kommittenten; er hat nicht das geringste Dispositionsrecht über dieses Gut, und es liegt zur Zeit nicht in seiner Aufgabe, von dem In halt der einzelnen Bücher auch nur Kenntnis zu nehmen. Nun hat allerdings in seiner Antwort auf die Eingabe des Börsenvereins-Vorstandes Herr Staatssekretär Nieberding hervorgehoben, daß eine Bestrafung wegen des Vergehens nur zulässig sei, wenn der Buchhändler sich der unzüchtigen Eigenschaft der von ihm vorrätig gehaltenen Schriften, Ab bildungen oder Darstellungen bewußt war. Aber zes läßt sich sehr wohl der Fall denken, daß unter den zahlreichen Verlagswerken eines Kommittenten sich irgend ein Werk findet, dessen Inhalt, wie dem Kommissionär wohl bewußt ist, je nach der gerade jetzt zu Tag getretenen schwankenden Auffassung als ein rein künstlerisches oder auch als ein un züchtiges Werk charakterisiert werden könnte, daß es aber gleichwohl für ihn nicht angeht, deswegen seinem Kommit tenten die Vertretung für das einzelne Buch oder gar für den ganzen Verlag zu kündigen. Aus diesem schwer wiegenden Grunde hält es die Deutsche Verlegerkammer für bedenklich, den besonderen Begriff des Vorrätighaltens unter Strafe zu stellen. Aus der oben angeführten Stelle in der Antwort des Herrn Staatssekretärs Nieberding an den Börsenvereins- Vorstand geht ferner hervor, daß in diesem Fall die vorsätz liche Handlung Voraussetzung für die Strafbarkeit nach der jetzigen Gerichtspraxis ist. Dies ist für den Laien aus dem Wortlaut nicht zu ersehen, und es würde deshalb nach unserer Ansicht eine wesentliche Verbesserung des Gesetzentwurfs be deuten, wenn dies im Gesetz selbst ausgedrückt würde, um diesen Wortlaut auch dem Laien in seiner eingeschränkten Bedeutung sofort kenntlich zu machen. Nach Alinea 2 des Paragraphen 184 wird bestraft, wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder an bietet, wobei durch Beschluß des Reichstags die Altersgrenze von 16 auf 18 Jahre ausgedehnt worden ist. Obwohl dieser Paragraph den Buchhandel nur in geringem Maße trifft, da es sich nach der Erklärung des Herrn Staatssekretärs Nieber ding im Reichstag »um die unentgeltliche Abgabe unzüch tiger Schriften an junge Leute in solchen Fällen handelt, die außerhalb des gewerblichen Verkehrs liegen, z. B. durch Vertrieb von Schriften durch Hotelportiers und durch Leute an den Bahnhöfen«, so will doch die Deutsche Verleger kammer nicht unterlassen, die hohe Reichsregierung in dem Vorsatz zu bestärken, daß sie unter keinen Umständen von der Altersgrenze von 16 Jahren abgehe, da nach der treff lichen Motivierung des Herrn Staatssekretärs in der Reichs tagsverhandlung vom 6. Februar diese Erhöhung der Alters grenze Konsequenzen ergeben würde, die wohl im praktischen Leben undurchführbar sind.
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