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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.03.1900
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- 1900-03-20
- Erscheinungsdatum
- 20.03.1900
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- Deutsch
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65, 20. März 1900. Nichtamtlicher Teil. 2213 Wir erlauben uns ferner darauf hinzuweisen, daß dieses Alinea, vom Standpunkt des Laien betrachtet, an einer undeutlichen Fassung leidet, die schon im Reichstag und auch im Buchhandel zu einer so mißverständlichen Auf fassung geführt hat, daß diese durch die oben erwähnte Auf klärung des Herrn Staatssekretärs Nieberding berichtigt wer den mußte. Der Ausdruck »gegen Entgelt« wird von dem Laien so aufgefaßt, als wenn es sich auch hier um verkäuf liche Dinge handle, während im Gegenteil gerade die unent geltliche Verteilung von Drucksachen in Frage steht durch Personen, die auftragsweise, lohnweise handeln. Das Alinea würde nach unserer Ansicht in folgender Fassung deutlicher lauten: wer »auftragsweise (lohnweise) unzüchtige Schriften rc. einer Person unter 16 Jahren unentgeltlich überläßt oder anbietet«. Den schwerwiegenden Bedenken, die der Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler Eurer Durch laucht gegenüber § 184a sowohl in der Fassung der Regierungsvorlage, wie der des Reichstags zum Ausdruck gebracht hat, muß sich auch die Deutsche Verlegerkammer an schließen. Es erscheint zunächst fraglich, ob dieser Paragraph überhaupt nötig ist, nachdem bereits in Z 184 al. 1 der jenige unter Strafe gestellt wird, der unzüchtige Schriften rc. an Orten, die dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, da hiermit auch die öffentlichen Straßen, Plätze und andere Orte, die dem öffentlichen Verkehr dienen, durch den § 184 al. 2 im wesentlichen getroffen sind. Hierzu kommt, daß der Begriff »Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen,« zu unbestimmt ist, um nicht den verschiedensten Auffassungen einen weiten Spielraum für ihre Interpretation zu gewähren. Aus den Verhandlungen des Reichstags ist ersichtlich, daß hervorragende juristische Mitglieder über den Begriff des Schamgefühls sehr auseinandergehende Ansichten hegen, und daß dieser Begriff selbst bei Richtern, unbeschadet ihrer Inte grität, beliebig so oder so gefaßt wird, je nachdem er zur einen oder anderen politischen Partei gehört oder durch das Milieu, in dem er lebt, mehr oder minder großes Verständnis für künstlerische und litterarische Anschauungen hat. Nun haben zwar Eure Durchlaucht in einer Besprechung hervorragender Vertreter der Wissenschaft und Kunst erklärt, daß die Reichs regierung es sich angelegen sein lassen werde, genau festzu stellen, wie dieser oder jener Begriff zu interpretieren sei, aber wenn es nach der Aussage eines Reichstagsmitglieds in der Sitzung vom 12. März richtig ist, daß die Gerichte hinsichtlich der Auslegung an keine Autorität gebunden sind, so würde der schwankende Begriff des Schamlosen eine solche Verschiedenheit der Auslegung auf Jahre hinaus erfahren, daß sich hieran eine große Unsicherheit in Handel und Wandel und eine schwere Belästigung des buchhändlerischen Erwerbs lebens in vielen Fällen knüpfen müßte. Schließlich möge es gestaltet sein, noch eine Erwägung allgemeiner Art Eurer Durchlaucht in aller Ehrfurcht nahe zulegen. Selbst wenn die neuen Gesetzesparagraphen an sich keine Bedrohung oder Belästigung des ehrbaren Geschäftes in sich trügen, so ist doch nach bisheriger Erfahrung die Gefahr mißverständlicher Auslegung durch untere Organe, denen ja überhaupt eine richtige Interpretation der in Frage kommen den schwierigen Begriffe nicht zugemutet werden kann, so groß, daß die sich hieraus ergebende Perspektive, wie Eure Durchlaucht wissen, schon jetzt eine tiefgehende Aufregung hervorgebracht hat. Das Unbehagen über diese bevorstehenden Gesetzesverschärfungen gehört mit zu den Imponderabilien, die die Volksstimmung im allgemeinen beeinflussen. Aber gerade in jetziger Zeit, wo Seine Majestät der Kaiser als genialer Dolmetsch des Deutschen Volkes neue große vater- Siebeuundsechzigster Jahrgang. ländische Aufgaben proklamiert hat, ist es doppelt nötig, daß alle geistig produktiven Elemente in voller Freudigkeit an der Erreichung des hohen Zieles Mitarbeiten, daß alle kleinen inneren Reibungsflächeu verschwinden, damit kein Atom unserer Kraft verloren gehe. Die Bekämpfung der Unsitt lichkeil wird nach wie vor durch jeden einzelnen von uns, wie durch unsere Korporationen gefördert werden; das sittliche Ziel, das vor allem der Staat sich in dieser Frage stellen muß, wird nach unserer innersten Ueberzeugung voll ständig erreicht durch die eingeschränkten Bestimmungen unserer obigen Darlegung. Was darüber hinaus noch zu erstreben ist, mag getrost dem gesunden sittlichen Kern un seres Volkes, sowie der Erziehung im Elternhaus, in der Schule und in der Kirche anheimgestellt werden. Die Deutsche Verlegerkammer hält es für ihre Pflicht, Eurer Durchlaucht diese Bedenken offen darzulegen, in der Hoffnung, daß dadurch das Gewicht der zahlreichen Stimmen, die sich bereits gegen einzelne Verschärfungen des Strafgesetz buchs vom Standpunkt der direkt betroffenen Kreise aus gesprochen haben, um einiges verstärkt werde. Wir bitten ehrerbietigst, Eure Durchlaucht wolle beim Bundesrat be antragen, daß der Kompromißfassung des Reichstags die Zustimmung versagt werde, daß der Bundesrat an der Regierungsvorlage festhalte unter Berücksichtigung der von uns vorgeschlagenen Streichungen und Aenderungen: Z 184, Zeile 3 hinter »wer« anzufügen: »vorsätzlich upd wissentlich«; §184 Alinea 1 »oder zu demselben Zweck vorrätig hält« zu streichen; § 184 Alinea 2 statt »(wer) unzüchtige Schriften rc. einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet« folgende Fassung zu geben: »(wer) auftragsweise unzüchtige Schriften rc. einer Person unter 16 Jahren unent geltlich überläßt oder anbietet«; Z 184s, ganz zu streichen. Wir verharren in größter Ehrerbietung Eurer Durchlaucht ergebenste Deutsche Verlegerkammer. gez. Bielefeld, Vorsitzender. Hermann Costenoble in Jena 1850-1900. Denkschrift zum fünfzigjährigen Jubelfeste der Verlagsbuchhandlung von Hermann Costenoble in Jena. 20. März 1900. Gr. 8°. 52 S. mit 12 Lichtdrucktafeln. Als ein ebenso seltenes wie hocherfreuliches Ereignis ist es gewiß zu begrüßen, wenn es dem Gründer eines an gesehenen und zu immer schönerer Blüte sich entwickelnden Geschäfts vergönnt ist, das Fest des fünfzigjährigen Bestehens nicht nur selbst in voller Rüstigkeit, sondern auch an der Seite seiner treu mitwirkenden, alle Freuden und Leiden treu teilenden Gattin, im Kreise seiner Kinder und Kindes kinder und bewährter, anhänglicher Mitarbeiter zu begehen. Die oben angeführte Festschrift gestattet uns einen will kommenen Einblick in das Geschäfts- und häusliche Leben des Jubilars Hermann Costenoble und weckt um so lebhafter das Verlangen, den vielen, hier mit ihren Glück wünschen vertretenen berühmten Autoren im Namen des deutschen Buchhandels uns anzuschlietzen. 296
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