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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.03.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-03-21
- Erscheinungsdatum
- 21.03.1900
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- Deutsch
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Protestvcrsammlungen, die da stattgefunden haben, berühre ich nicht. Nach meiner Meinung ist ihr Inhalt nicht geeignet, um aus die Entscheidungen der verbündeten Regierungen oder des Reichstags einen maßgebenden Einfluß auszuübcn. Aber cs sind uns ja mehrfache Vorstellungen aus der Künftlerschaft zugegangen, von hochachtbaren Männern unterzeichnet, und ich weiß auch per sönlich, daß eine große Erregung in Künstlerkrcisen besteht. Meine Herren, ich beüaure diese Erregung aufrichtg, kann mich aber nicht mit dem Herrn Abgeordneten Schräder einverstanden erklären. Ich habe bei verschiedener Gelegenheit mich über diese Frage mit Künstlern zu unterhalten Anlaß gehabt und habe dabei erfabren müssen — und es ist mir das von den Herren auch zugestandcn worden —, daß manche Gegner des Gesetzentwurfs die Bestimmungen überhaupt nicht gelesen hatten (hört! hört! rechts und in der Mitte), sondern nur davon gehört hätten. (Wiederholtes Hört! hört!) Und Hörensagen, meine Herren, ist eine sehr schlechte Autorität, Sehr richtig! rechts und in der Mitte,) Andere haben nur zugestandcn, daß sie die Bestimmungen nicht so ausgelegt haben, wie sie ausgelegt werden müssen, und daß sie sie falsch verstanden haben, (Hört! hört! rechts und in der Mitte,) Das wurde mir in durchaus loyaler Weise eingeräumt. Ich kann den Künstlern daraus, daß das vorgekommc» ist, keinen Borwurf machen. Die Gesetze der juristischen Logik sind naturgemäß dem Künstler weltfremd (sehr gut! und Heiterkeit rechts und in der Mitte), und das, was unsere bestehende Gesetzgebung enthält, ist ihnen nicht immer bekannt, braucht ihnen auch nicht bekannt zu sein. Sie müssen sich dann aber auch nicht ein maßgebendes Urteil beilegen über daS, was recht ist, und das, was verdient, recht zu werden (sehr gut! rechts und in der Mitte), und ich kann nur wiederholen, daß nach dieser Richtung von an gesehenen Männern mir völlig loyale Erklärungen abgegeben worden sind, die meinem Standpunkt gerecht werden, (Hört! hört! rechts und in der Mitte,) Also, meine Herren, man kann die Aufregung in den Künstler kreisen nicht allein darauf zurückführen, wie der Abgeordnete Schräder es gethan hat, daß in allen diesen Kreisen ein volles Verständnis dessen, was beabsichtigt wird, vorliegc, sondern vielfach ist Unkenntnis und Irrtum dabei im Spiele gewesen. Dann, meine Herren, ist noch darauf hingewiesen worden — ich muß das noch mit einem Worte berühren —, daß diese Vorlage nur ein erster Schritt auf einem falschen Wege sei, daß schon andere Dinge in Aussicht genommen seien, bei denen diese Sache nur als eui Vorläufer erscheinen werde. Ich habe diese dunklen Andeutungen sowohl bei dem Herrn Abgeordneten Beckh wie bei dem letzten Herrn Redner vernommen, und ich glaube, der eine oder andere der übrigen Herren hat auch davon ge sprochen, Ich weiß von diesen weiter kommenden Dingen nichts; sie müssen aber doch ziemlich bekannt sein, wenn so viele Herren aus dem Hause davon Andeutungen machen können. Cs wäre vielleicht besser gewesen, wenn drc Herren offen ausgesprochen hätten, was sie damit meinten, als daß sic es unter einem Schleier von Worten verhüllten. Ich würde in der Lage sein, darauf zu antworten, wenn sic positive Mitteilungen brächren. So lange wie nur derartige dunkle Beklemmungen vorgetragen werden, so lange, meine Herren, glaube ich, wird das Haus keinen Wert darauf legen, daß ich meinerseits weiter daraus eingehe, (Lehaster Beifall rechts und in der Mitte.) Stoecker, Abgeordneter: Meine Herren, der Herr Abgeordnete Bebel hat sich uns heute in einem neuen Lichte gezeigt, als ein Verteidiger und Loüredner der bestehenden sittlichen Verhältnisse, In seinem Buche -Die Frau- geht er von ganz anderen Voraus setzungen aus (sehr richtig! rechts); da kann er sich im Herunterreißen der Sittlichkeit unserer bürgerlichen Gesellschaft nicht genug thun. Nur da, wo er heute aus die Hof gesellschaft kam, die er wahrscheinlich doch selber nie gesehen hat (Heiterkeit), ließ er seinem sozialdemokratischen Grimm und Zorn freien Lauf, offenbar, um doch in diesem Stück seinen Gewohnheiten treu zu bleiben. Im übrigen kann der Verfasser dieses Buches nicht erwarten, daß er unsere sittlichen Anschauungen irgendwie beein flussen wird, oder daß wir seine Auffassungen zum Maßstab unseres Urteils machen, (Sehr gut!) Herr Bebel hat dann gesagt, das ganze Gesetz sei etwas, was unsere Zustände in dem Auslande hcrabsetze. Ich verstehe nicht, wie er auf solche Meinung kommen kann, Ern Volk, das schlimmen Erscheinungen des öffentlichen Lebens gegenüber die Hand an die Gesetzgebung legt, um die Zustände zu bessern, kann doch anderen Völkern nur zum Vorbild dienen, (Lebhafte Zustimmung.) Darin liegt keine Herabsetzung, sondern eine Ehre. (Ach! ach! links.) Aber ich will Herrn Bebel sagen, was eine Herabsetzung unseres Volkes bei anderen Völkern bewirken könnte. Das ist die Haltung, welche gewisse Teile der deutschen Presse innegehalten haben, seitdem die Beschlüsse zweiter Lesung in die Oeffentlichkeit gekommen sind, (Lebhafter Beifall.) Ich habe hier neulich gesagt, das sei unser größtes Elend in Deutschland, daß man bei der Arbeit an der Besserung sittlicher Verhältnisse die öffentliche Meinung in der Presse nicht auf seiner Seite, sondern gegen sich habe, (Sehr richtig!) Es wurde damals von der Linken dagegen protestiert. Was wir in den letzten drei Wochen erlebt haben, ist ein völlig schlagender Beweis für das, was ich gesagt habe. (Lebhafte Zustimmung.) Denn wir haben erlebt, daß in der nichtsnutzigsten Weise nicht bloß die Witzblätter, sondern auch gewisse Zeitungen die vor liegenden Verhandlungen mit Hohn und Spott überschüttet haben, (Sehr gut! links.) Was hat denn die Regierung veranlaßt, das Gesetz vorzulegcn? Doch die Teilnahme am sittlichen Zustande des Volks! Was hat uns in der Majorität bewogen, mit Sorgfalt das Gesetz zu bearbeiten und nach Kräften zu verstärken? Doch die Teilnahme am sittlichen Zustand unseres Volkes! Selbst wenn die Schreiber der Presse unsere Maßregeln nicht billigten, so liegt es in der Natur nicht bloß eines christlichen, sondern jedes anständigen Menschen, solche Bestrebungen mit Ernst zu behandeln, wie sie mit Ernst gepflogen sind, (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.) Das ist nicht geschehen. Wir alle, die wir daran teilgenommen haben, besonders unser Kollege Roeren, sind fort und fort in der infamsten Weise heruntergeriffen, wie keine Presse in der ganzen gebildeten Welt dazu imstande wäre. (Lebhaftes Bravo.) Ich halte es für meine Pflicht — und bin überzeugt, obwohl ich mit den Herren von der Konimission nicht gesprochen habe, in ihrem Sinne zu sprechen —, zu sagen, daß wir, die wir die Majorität der Kommission bildeten, für den Fleiß und die Sorg falt und den Ernst und die Treue, welche der Herr Kollege Roeren im Laufe der ganzen Verhandlungen bewiesen hat, ihm den auf richtigsten Dank schulden. (Lebhaftes Bravo rechts und in der Mitte.) Die Protestversammlung und diese große Anzahl von ge lehrten und künstlerischen Herren hätten auflreten und erklären sollen: das ist eine nichtsnutzige Art, ein die guten Sitten be treffendes Gesetz in der Presse so herunterzureißen. Dann würden sie sich ein Verdienst um den Geist unseres Voltes erworben haben, (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Aber diese ganze Flut von Gemeinheit durchs öffentliche Leben hindurchrauscheu zu lassen, ohne ein Wort zu sagen, und dann im unbegreiflichen Fanatismus sich hinzustellen und unnütze Dekla mationen gegen unverstandene Paragraphen zu machen (lebhafte Zustimmung), meine Herren, das entspricht nicht der Höhe der Bildung, die man vielen dieser Herren zumuten sollte. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Wenn ich unter dieser Erklärung Redakteure der Witzblätter finde, die wochenlang in der schmachvollsten Weise diese Sache verhöhnt haben, sollen die auf uns einen sittlichen Eindruck machen? (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Das macht keinen Eindruck, Ich kann nur die Anmaßung bedauern, daß solche Herren sich zu Sittenrichtern aufstellen wollen, und den Fehler, daß verehrte vornehme Geister sich mit solchen Leuten zusammenthun, um einen Gerichtshof der Sittlichkeit zu bilden, zu dem sie nicht berufen sind. (Sehr richtig! Wir sind noch immer ein christliches Volk, und der Maßstab, den wir an die öffentlichen Sitten legen, ist nicht die Künstler moral, auch nicht die Moral der Zeitungsredakteure, auch nicht einmal die Gelehrtcnmoral, sondern die schlichte bürgerliche Moral eines Volks, in dem das Evangelium noch eine Macht ist, (Sehr richtig!) Nur diesen Standpunkt können wir anerkennen, nicht das Wünschen und Wollen einer Anzahl von Männern, die der Zufall zusammen getrieben hat, und von denen viele bekanntermaßen in Glauben oder Sitte Feinde der christlichen Weltanschauung sind. Das kann auf denkende Menschen nicht den geringsten Eindruck machen, (Sehr gut! rechts und in der Mitte.) Auch das erregte Volk wird sich wieder ernüchtern und die ganzen Erklärungen und Protestversammlungen so achten, wie sie es
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