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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.06.1900
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- 1900-06-09
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- 09.06.1900
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4408 Nichtamtlicher Teil. 131, 9. Juni 1900. August 1456 vollendete 42 zeitige Bibel steht. Einen wie raschen Siegeslauf durch die Welt die Kunst des Meisters nun antrat, erhellt aus der Thatsache, daß die Zahl der Inkunabeln, also der bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts gedruckten Werke, 25 000 beträgt, daß demnach, wenn die Durchschnittsauflage auf 400 angenommen wird, in diesem kurzen Zeitraum nicht weniger als zehn Millionen Exem plare aus den Pressen hervorgegangen sind, deren Stamm mutter in Mainz gestanden zu haben scheint. Von hier aus ist der Welt das Geschenk deutscher Geistesarbeit und deutscher Ausdauer geworden, und der an sich bedeutungslose Streit zweier Erzbischöfe ist die Hauptveranlassung geworden, daß mit beflügeltem Fuß ihrer Zeit die Kunst gegeben wurde, deren sie dringend bedurfte, ohne die niemals das Geistes leben der Welt die Fortschritte hätte machen können, deren Zeuge der Schluß des 15. Jahrhunderts geworden ist. Angesichts der mannigfachen Ansprüche, die von seiten anderer Länder oder zu gunsten anderer Personen betreffs der Erfindung der Kunst Gutenbergs erhoben werden, er übrigt es noch, auf die Zeugnisse einzugehen, die es zweifellos machen, daß dieser Anspruch nur für den Mainzer Bürger erhoben werden kann. Für alle Männer außer Gutenberg, die als die Er finder der Buchdruckerkunst ausgegeben werden — Schösser und Fust, Castaldi, Pfister, Mentel, Koster, Brito — sprechen nur lokale oder vaterländische Zeugen. Umgekehrt ist das Verhältnis bei Gutenberg. Seine so überaus lückenhafte Lebensgeschichte zeigt gleichwohl, daß auch schon vor 4'/^ Jahr hunderten in Deutschland der Prophet nicht viel galt in seinem Vaterlande. Die beiden ältesten Zeugnisse, die den Namen Gutenbergs als den des Erfinders bekunden, sind französischen Ursprungs. Eine 1559 geschriebene Pariser Handschrift über Münz wesen berichtet, König Karl VII. habe unter dem 4. Ok tober 1458, »nachdem er vernommen, daß der Junker Guten berg zu Mainz, ein geschickter Stempelschneider, erfunden habe, mit Stempeln zu drucken, seine obersten Münzmeister« beauftragt, ihm tüchtige Stempelschneider zu nennen, die er dann nach Mainz senden wollte, »um hinter das Geheimnis der Druckkunst zu kommen«. Wirklich unternahm daraufhin der Münzstempelschneider Nikolas Jenson aus Tours Ende 1458 oder Anfang 1459 die Reise nach Mainz und erlernte die Kunst. Aber zwei Jahre später erlag der König den Nachstellungen seines herrschsüchtigen Sohnes, und Jenson kehrte nicht nach Frankreich zurück, sondern wandte sich nach Venedig, wo er wohl als erster Buchdrucker wirkte und durch seine außerordentlich schönen Typenschnitte, die OsraLierss Vsvoti, Aufsehen erregte. Das geschah allerdings viel später, und es ist auffallend, daß 1469 in Venedig Johann von Speyer ein ausschließliches Privilegium auf den Druck von Büchern erhalten konnte. Es kommt uns jedoch hier nur auf das Zeugnis der königlichen Ordonnanz für Guten berg an. In Paris, wo Peter Schösser schon vor seiner Ver bindung mit Gutenberg und Fust vielleicht als Buchhändler thätig gewesen war, und wo schon der 1466 oder 67 verstorbene Fust eine Filiale für den Bücherverkauf errichtet hatte, ver trieb seit 1470 ein gewisser Hermann von Stadtlohn, ein Faktor Schöffers, dessen und fremde Verlagswerke auf Kosten des letztgenannten. Als Hermann aber starb, drohte seine Hinterlassenschaft gesetzmäßig an den französischen Staat zu fallen, da er nicht naturalisiert war. Dies zu verhindern, eilten Schösser und der mit ihm geschäftlich verbundene, Hancquis genannte Sohn Fusts, mit Empfehlungsbriefen des deutschen Kaisers und des Kurfürsten von Mainz an Ludwig XI. ausgerüstet, nach Paris, und zwar mit gutem Erfolg. Schon vorher aber hatten Wilh. Fichet, ein Doktor der Theologie an der Sorbonne und Bibliothekar, und der Prior Johann Heynlin von Stein bei Breiten in der Diözese Speyer auch Drucker nach Paris gerufen; es waren Ulrich Gering, der vordem bei dem Drucker Halle in Beromünster im Kanton Luzern beschäftigt war, Michael Friburger von Kolmar und Martin Krantz, vermutlich von Mainz. Der genannte Fichet richtete am 1. Januar 1472 an seinen früheren Schüler und späteren Nachfolger Robert Gaguin einen Brief mit einem Lobgesang auf die Buch druckerkunst, in dem es heißt: » . . . Den humanistischen Studien hat eine neue Art Buchverfertiger großen Glanz verliehen, welche seit unserem Gedenken (gleich wie einst das trojanische Pferd) Deutschland nach allen Seiten ausgeschüttet hat. Dort, erzählt man nämlich, nicht fern von der Stadt Mainz sei ein gewisser Johannes mit dem Beinamen Gutenberg gewesen, der als der erste von allen die Buchdruckerkunst ausgedacht habe, wodurch nicht mit dem Rohre (wie die Alten thaten), auch nicht mit der Feder (wie wir jetzt thun), sondern mit aus Erz gefertigten Buchstaben die Bücher hergestellt werden, und zwar ganz rasch, fein, geschmackvoll und schön. Fürwahr, dieser Mann war würdig, daß ihn alle Musen, alle Künste und alle Zungen derer, die sich an Büchern erfreuen, mit göttlichen Lobsprüchen ehren und ihn den Göttern und Göttinnen desto mehr vorziehen, je näher und gegenwärtiger er den Wissenschaften und ihren Jüngern seine Unterstützung geliehen hat. Denn wenn Liber und die ernährende Ceres vergöttert werden, jener, weil er die Gaben des Bacchus erfunden und die Becher des Acheloos mit den gefundenen Trauben gemischt, diese, weil sie die Eichel Chaoniens mit der fetten Aehre vertauscht und (um einen anderen Dichter zu gebrauchen), weil Ceres zuerst mit gekrümmtem Pfluge die Erdschollen auseinanderriß und zuerst Früchte und liebliche Nahrung der Erde gab, so hat jener Gutenberg weit Angenehmeres und Göttlicheres erfunden. Hat er doch Buchstaben derart ausgefeilt, daß man mit denselben alles, was man sagen und denken kann, ganz bald schreiben, abschreiben und der Nachwelt überliefern kann. Zumal von unseren Leuten werde ich an diesem Orte nicht schweigen, die den Meister durch ihre Fertigkeit schon übertroffen haben, und von diesen werden Ulrich, Michael und Martin, welche vor kurzem die Briefe des Gasparino di Bergamo gedruckt, als die hervor ragendsten genannt . . .« Dieser, in lateinischer Sprache abgefaßte, 1472 (nach von der Linde) als Flugblatt gedruckte und noch in zwei Exemplaren vorhandene Brief ist 1883 von dem Universitäts bibliothekar vr. Sieber in Basel wieder aufgefunden worden. Abgesehen von seinem Zeugnisse an sich, läßt er aber auch die oben erwähnten avignonesischen Druckversuche Waldfoghels in einem zweifelhaften Lichte erscheinen; denn es ist wohl kaum anzunehmen, daß der französische König nach Deutsch land gesandt hätte zur Erlangung einer Kunst, die seit fast zwanzig Jahren in seinem eigenen Lande ausgeübt worden wäre. Es würde mich zu weit führen, wollte ich die ganze lange Reihe von alten Zeugnissen hier aufführen, die Guten berg als den Erfinder der schwarzen Kunst preisen. Ihre Zahl ist gegenüber den vereinzelten Stimmen anderer er drückend. Sie zusammengestellt zu haben, ist das Verdienst von der Lindes, das auch die unerquickliche Art seiner Dar stellung nicht zu schmälern vermag. Man kann sagen, daß der Anspruch Gutenbergs im 15. Jahrhundert ohne jeden Widerspruch anerkannt worden ist, und daß ihm nur wenige Zeugnisse gegenüberstehen, die aus Unkenntnis oder aus be wußter Fälschungsabsicht entsprungen sind. Hat doch selbst Johann Schösser in seiner Widmung zum Livius 1505 und ,in den späteren Ausgaben bekundet, daß in Mainz »die
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