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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.06.1900
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- 1900-06-27
- Erscheinungsdatum
- 27.06.1900
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- Deutsch
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Paläste der schönen Künste. Der kleinere rechter Hand ist der retrospektiven Kunstausstellung gewidmet, und hier finden wir auch das Buch untergebracht. In mehreren Glaskästen finden sich prächtige Manuskriptbände aus dem neunten bis siebzehnten Jahrhundert, die von den Bibliotheken Montpellier, Agen, Besan^on, Arras, Cambrai, Amiens, Balenciennes, Marseille, Chaumont, Grenoble rc. her geliehen worden sind. Eine einheitliche strengere Ordnung in der Vorführung dieser Schätze war mir — wie auch bei allen anderen Buchausstellungen hier — leider nicht erkennbar, und da man jegliche katalogische Nachhilfe noch entbehren muß, so ist dem Besucher die Besichtigung nicht leicht gemacht. Anders geordnet, hätte sich hier sehr wohl eine schöne Darstellung der Entwickelung in der Behandlung des Ornaments und der Miniaturmalerei Her stellen lassen. In einem Evangeliar des neunten Jahrhunderts aus der Bibliothek zu Cambrai treten uns besonders charakteristisch noch die strengen altchristlichen Formen ent gegen, die deutlich den Einfluß der byzantinischen Malerei in diesem Zeitalter erkennen lassen. Noch mehr ist dies besonders in den Initialen der Fall in einem, der Bibliothek zu Annens gehörigen Psalter aus derselben Zeit. Interessant in seinen kolorierten Bilderformen ist auch ein livrs äs oompat, das die beweglichen Festtage im Kirchenkalender berechnet und der Bibliothek von Boulogne entstammt. Nichtkolorierte, aber gewandte Federzeichnungen enthält ein Manuskript Us/eboumebis äs Uruäsoos aus dem neunten Jahrhundert in kleinerem Format, nach Balenciennes gehörig. Wegen ihrer großen ganzseitigen Bilder bemerkenswert sind eine Apokalypse aus derselben Zeit, aus Cambrai, und ein Evangeliar vom Erzbischof Ebbon von Reims, aus Epernay. Aus dem Ende des elften Jahrhunderts hat die Bibliothek zu Arras einen Teil der Bibel in Latein ausgestellt, während hundert Jahre jünger (aus 1197) die Bilderbibel des Königs Sancho von Navarra hübsche kolorierte Federzeichnungen aufweist. Aus der Bibliothek von Marseille stammt eines jener allerliebsten Gebetbücher, die unter dem Namen livoss ä'bsurss bekannt und geschätzt sind, und das anmutige Initialen und Randleisten in den gefälligen Formen des im dreizehnten Jahrhundert in Frankreich entstehenden gotischen Stils aufweist. Ein anderes livrs ä'bsurss aus Grenoble zeigt eine überreiche Fülle prächtiger ganzseitiger Bilder und breiter Randverzierungen, die oft nur wenig Raum für den ebenfalls handschriftlich her gestellten Text übrig lassen. Noch eine lange Reihe mit Initialen und Ornament- und Miniaturmalerei wunderbar schön geschmückter Handschriften findet sich hier, die für den verschiedenen Geschmack ihrer Enlstehungszeilen Zeugnis ab- legen, zugleich aber auch die Geschicklichkeit und die geduldige Arbeit alter Künstler offenbaren, die recht wohl heute noch als vorbildlich für reichen Buchschmuck gelten können. Wenn wir nun unsere Schritte in den gegenüberliegenden großen Palast der schönen Künste richten, der unendliche Schätze hauptsächlich französischer Bildhauerkunst und Malerei enthält, so finden wir auch hier auf der Galerie ein aller dings nur ganz bescheidenes Plätzchen für die deutsche graphische Kunst. G. Lührig in Dresden hat hier seine Folge von Steinzeichnungen »Der arme Lazarus« ausgestellt, Professor Ernst Fechner in Berlin seine Schilderungen von der Nordseereise der Auguste Viktoria un Jahre 189«: »Ins Land der Mitternachtssonne«. Die Originalzeichnungen sind auf Stein gezeichnet vom Maler Friedrich Kall morgen und gedruckt von der Braunschen Hosbuchdruckerei in Karlsruhe. Mit zwei Mappen ist der Verein für Originalradierungen vertreten, während von Hans v. Volkmann in Karlsruhe die humoristischen, bei Breitkopf L Härtel gedruckten Studien und Einfälle über Afrika ausliegen. Die Prachtbrücke Alexanders III. bringt uns über die Seine zu den Palästen der Jnvaliden-Esplanade, in denen verschiedene Jndustrieen untergebracht worden sind. In der deutschen Abteilung kann derjenige, der wissen will, wie ein moderner Bücherscherschrank auszusehen hat, ein Muster kennen lernen. Die Künstlerkolonie in Darmstadt hat ein solches, mit kleinen Fensterchen versehenes Möbel, das in ein Zimmer mit den heute so beliebten steifen und schwind süchtigen Tischen, Stühlen und Schränkchen passen soll, aus gestellt. In der Abteilung für Goldschmiedekunst finden sich einige wirklich künstlerisch gearbeitete Buchdeckel, von denen besonders diejenige des Gastbuches der Stadt Dortmund hervorgehoben zu werden verdient. Eine recht interessante kleine Buchausstellung hat Dänemark oder genauer gesagt, die »dänische Gesellschaft des Buches« hier veranstaltet. Die »Forening for Boghaandvaerk« ist 1888 gegründet worden. Hervorragend ist eine Sammlung mit der Hand vergoldeter Bucheinbände, von denen einige sich in Ledermosaik repräsen tieren, und die nach Zeichnungen von Th. Bindesboll und Hans Tegner von D. L. Clement Nachf. (Jnim. Petersen), I. L. Flyge, Anton Kyster, Th. Petersen, F. Wichmann Nachf. (A. Nt. Pedersen) ausgeführt worden sind. Auch die 1893 gegründete Schule des Buches in Kopenhagen giebt schöne Proben ihrer Leistungsfähigkeit. Daß diese Leistungen der Buchbinderkunst, die dem modernen Geschmack entsprechen, ohne m seine Uebertreibungen zu verfallen, Anerkennung finden, lehren die mannigfachen Vermerke von verkauften Büchern; eins davon, nach einer Christ. Heilmannschen Zeich nung von Jmm. Petersen gebunden, hat das Berliner Kunst gewerbemuseum angekauft. Die Wände des Raumes schmücken Illustrationen zu dänischen Werken. Da finden wir die »Uäitiou umvsrsslls äss eoutss äs Laos Obrigtisa ^.näsrsso«, illustriert von Professor Hans Tegner in Kopenhagen, die ja auch Ende vorigen Jahres durch die in Neffs Verlag erschienene Klaibersche Uebersetzung in Deutschland bekannt geworden ist, im Originalverlag »Det nordiske sorlag (Ernst Bojesen)«, ferner Illustrationen der berühmten dänischen Künstler L. Frölich, Aug. Jerndorff, I. Skovgaard, N. Skovgaard, endlich Bilder zu Troldtoj (eine Sammlung von Gespenstergeschichten, Sagen rc.) von Th- Bindesboll, Aug. Jerndorff und I. Skovgaard. Auch gut gedruckte Bücher dänischer Verleger liegen aus. Sonder bar ist, daß zwar ein Katalog zu dieser Ausstellung gedruckt vorliegt, daß inan aber nur seine Außenseite durch Glas be trachten kann, und daß er nicht abgegeben wird. In der Straße der Nationen treten wir zunächst in das ungarische Haus ein, wo oben im Turnizimmer eine kleine, aber sehr interessante Sammlung alter Drucke sich vorfindet. Es sind meist schwere Codices, zweispaltig geschrieben und mit schönen Initialen und reichen Randverzierungen versehen. Das Kapitel zu Preßburg hat ihrer zwölf, Missates aus dem vierzehnten Jahrhundert, beigesteuert; weiter finden sich dort vier Exemplare, in Ungarn im vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhundert geschrieben, mit eigentümlich charakteristischem Buchschmuck. Den Hauptanziehungspunkt dürsten aber dreizehn Bücher aus dem vierzehnten Jahrhundert bilden, die noch aus der berühmten, 5000 Bände zählenden öffentlichen Biblio thek des ungarischen Königs Matthias Coroiuus herstammen. Die eigenartigen Randverzierungen und Initialen, von denen einige von großer Schönheit sind, lassen die unglücklichen Schicksale dieser größten Bibliothek ihrer Zeit doppelt beklagen, die bei der Eroberung Ofens 1527 in vandalischer Weise größtenteils zu Grunde gerichtet wurde. Heute wäre diese Büchersammlung von unschätzbarem Werte. Außer den er wähnten Handschriften sind vier schön illuminierte Inku nabeln von Ungarn und mehrere ungarische Drucke aus dem sechzehnten bis achtzehnten Jahrhundert ausgestellt, endlich
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