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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.06.1900
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- 1900-06-30
- Erscheinungsdatum
- 30.06.1900
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- Deutsch
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4950 Nichtamtlicher Teils ^ 149, 30. Juni 1900. passive genannt werden, namentlich, wenn allzu stürmische Einflüsse von der nordischen Wasserkante zu mildern seien. Redner erinnert an verdienstreiche Männer des süddeutschen Buchhandels, von denen wir nur einen, Adolf Krvner, nennen wollen, und giebt der Ueberzeugung Ausdruck, daß der neu- gewählte Vorstand Alfred Bonz in dem altbewährten Geist seiner angesehenen Vorgänger weiter arbeiten wird. Ihn feiert die Gesellschaft mit einem donnernden Hoch. Die Stimmung war inzwischen zu einer recht gehobenen geworden, als Herr Kommerzienrat F. Steinkopf-Stuttgart das Verhältnis Bismarcks zu seinem Verleger, Geheimen Kommerzienrat A. Kröner, besprach. In launiger Weise rechnete er nach, wieviel der deutsche Buchhandel an Bis marcks Gedanken und Erinnerungen verdient habe, und erntete für seine interessanten Ausführungen allgemeine An erkennung. Der letzte Redner war Herr Otto Petters-Heidelberg. Mit hinreißender Beredsamkeit feierte er in der nur ihm eigenen, liebenswürdigen, humorvollen Weise die deutsche Frau und entfesselte mit seinen Ausführungen Stürme der Heiterkeit. Ein während des Mahles gesungenes allgemeines Tafel lied von den: bekannten Dichter Nzm »Eine Variante« zu »Der Mai ist gekommen« hatte sehr zur allgemeinen Er heiterung beigetragen. Die Großbuchbinderei Heinrich Koch beschenkte die Gesellschaft mit einem recht hübschen Notizblock, während die Buchbinderei A. Crönlein ein elegantes Notiz buch spendete. In letzterem befand sich sogar ein Taschen spiegel, aus dem den Beschauer ein recht fröhliches Konterfei mit lustigen Aeuglein anblickte. Das geschmackvolle Menü mit Programm stammte von der Firma Greiner L Pfeiffer; lustige Buchhändlerpostkarten durften natürlich nicht fehlen und waren von dem Vergnügungsausschuß gestiftet worden. Die achte Abendstunde war bereits überschritten, als die Tafel aufgehoben wurde und man sich zur gemütlichen Sitzung beim Vier auf der Terrasse des Silberburg gartens versammelte. Hier wurde bei den fröhlichen Weisen der Kapelle noch lange gescherzt nnd gelacht, dabei ein guter Trunk nicht vergessen. So ist es nur zu erklärlich, daß sich die letzten Gäste von dem prächtigen Garten nicht eher los zureißen vermochten, als bis der erste Festtag vollständig zu Ende und der zweite bereits angebrochen war. Am Dienstag Vormittag versammelten sich von 8 Uhr ab Verleger, Kommissionäre und Sortimenter wieder im großen Saale des Bürgermuseums zum Zwecke der Ab rechnung. Man sah wohl nur vergnügte Gesichter, selbst beim Sortimenter; giebt er doch gerne und am liebsten reichlich dem Kaiser, was des Kaisers ist. In wenigen Stunden vollzog sich der geschäftliche Teil recht glatt, und allem Anschein nach war das pekuniäre Ergebnis des ver flossenen Geschäftsjahres ein ziemlich zufriedenstellendes, wenn auch mehr oder minder starke Verluste durch ausgebrochene Konkurse, verfehlte Spekulationen rc. zu beklagen waren. — Nach Beendigung der Abrechnung versammelten sich die Berufsgenossen im Garten des Hotels Textor zum Früh schoppen. Hier fand die traditionell gewordene Versteigerung des historischen Federhalters durch Herrn O. Petters-Heidel berg statt. Diese ist ja schon oft hier beschrieben worden, und es ist kaum möglich, zum Lobe unseres ver ehrten Kollegen etwas Neues hinzuzufügen. Thatsächlich dürfte sich selten eine Persönlichkeit finden, die, mit einer- hervorragenden Rednergabe ausgestattet, sie so willig und freudig in den Dienst der Wohlthätigkeit stellt, und der es gelingt, in kürzester Frist eine so namhafte Summe für unsere notleidenden Berufsgenossen zusammenzubringen, wie es bei dieser Veranlassung der Fall ist. Auch die heutige Ver anstaltung ergab ein schönes Resultat, so daß den buch händlerischen Unterstützungskassen ein ansehnlicher Beitrag zufließen konnte. In einem modernen Stuttgarter Vergnügungsprogramm darf das Wilhelma-Theater, diese neueste Schöpfung, nicht fehlen. Es entstand in den vierziger Jahren in der benach barten Bäderstadt Cannstatt und gehört zu der »Wilhelma«, einem Komplex von herrlichen Bauten und Pflanzenhäuseru, inmitten schöner Anlagen, im formen- und farbenreichen mau rischen Stil für König Wilhelm I. von Württemberg geschaffen. Das Theater geriet aber bald in einen Dornröschenschlaf, aus dem es erst im vorigen Monat durch die Huld des jetzigen Königs zu neuem Leben erweckt wurde. — Der Besuch des königlichen Landhauses Rosenstein und der Wilhelma war für den Dienstag Nachmittag in das Vergnügungsprogramm ausgenommen worden, und eine ansehnliche Gesellschaft wan- derte durch die prächtigen königlichen Anlagen dorthin. Nach Besichtigung der beiden Schlößchen begaben sich Damen und Herren in den im üppigsten Sommerschmuck prangenden Wilhelmagarten und erfreuten sich au den vortrefflichen Darbietungen der Deutschmeister-Kapelle aus Wien, die in ihrer schmucken Uniform konzertierte. Eine große Anziehungs kraft übte am Abend das VariötS-Theater auf der Sommer bühne in luftiger Halle aus; bereits eine halbe Stunde vor Beginn konnte man am Eingang Plakate mit »Ausverkauft« lesen, so daß sich ein großer Teil der Zuschauer mit einem Zaunbillet begnügen mußte. Die Darbietungen des »Künstler personals« sind meist humoristischer Art. Da sah man Soubretten, bei denen der Leib schöner war als der Gesang, Komiker, deren Witze teilweise ein »Au« hervorriefen; ferner Miß Semona, die durch Feuer unverletzbare Künstlerin. Wie ihre erstaunlichen Leistungen mit glühenden Eisen stangen seit dem ersten Auftreten der jungen Künstlerin allgemeine Verwunderung erregt haben, so war es auch jetzt der Fall, und die Unverletzlichkeit ihres Körpers durch Brand ist dem Laien unfaßlich. Semona bestreicht mit rotglühendem Eisen Arme und Zunge, ohne daß eine Spur einer Ver- lessung sichtbar ist, und man könnte förmlich an einen »Feuer zauber« glauben. Sehr interessant war eine russische Truppe Aquamarinoff, die in farbenreichen, malerischen Kostümen Gesänge und Tänze ihrer Heimat aufführte. Alle Einzel heiten aufzuzählen und zu schildern, würde zu weit führen, wir beschränken uns auf die Bemerkung, daß das Programm unter der Devise stand: »Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen«. Wer einen mehr künstlerischen Genuß vor zog, dem standen die Hallen des Wilhelmatheaters offen, in dem die lustige Operette »Der Bettelstudent« von Millöcker zur Aufführung gelangte. Nach Schluß der beiden Bühnen wogte die große Be- Besucherschar im Garten auf und ab, wobei die heileren Weisen der Deutschmeister-Kapelle zum Tanze lockten. Manches Mädchen- und Jünglingsherz mochte in Erwartung desselben schon höher schlagen, allein die schnell dahineilende Zeit verbot dieses besondere Vergnügen. Der Sonderzug stand um Mitter nacht auf dem Cannstatter Bahnhof bereit, und schweren Herzens mußte man sich von der liebgewordenen Stätte, die ein ab wechselungsreiches Vergnügen dargeboten hatte, trennen. Alle Vorbereitungen waren von dem Festausschuß, Herrn Erwin Nägele, bestens getroffen, und allen Veranstaltungen merkte man seine kundige, sichere Hand an. Wer die Mühen und Sorgen eines Vergnügungsausschusses kennt, wird um so aufrichtiger in den herzlichen Dank einstimmen, der Herrn Nägele für seine bewährte Leitung der Festlichkeiten gebührt. Die erste Stuttgarter Junimesse im neuen Jahrhundert hat einen in allen Teilen recht günstigen Verlauf genommen, Wir scheiden mit dem Wunsche, daß es bei allen folgenden in noch höherem Maße der Fall sein möge.
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