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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1871
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1871-05-15
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1871
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil Die Ostcrmeffe 1871. Ein Jahr voll gewaltiger Ereignisse liegt hinter uns. Noch hatten wir nicht ganz die Schrecken von 1866 überwunden, als uns mitten im tiefsten Frieden der Krieg von Frankreich aufge drungen wurde. Waren wir auch der festen Zuversicht, daß wir in diesem Kampfe nicht unterliegen werden, so konnten wir doch nicht ahnen, daß unsere Heere so schnell und glänzend den Feind be siegen würden, und der Buchhandel hatte vielmehr schwere Störun gen für seinen Verkehr zu erwarten. Gott sei gedankt! es ist an ders gekommen und zu der glorreichen Besiegung des äußern Fein des hat sich noch der Triumph über unsere innere Uneinigkeit gesellt. Möge jetzt dem wiedercrstandenen Deutschen Reiche eine lange Frie- dcnszeit Gelegenheit geben, sich ebenso geschickt und fertig zu allen Werken des Friedens, als tüchtig und stark in Waffen zu erweisen! Noch tobte Anfangs dieses Jahres der Krieg mit allen seinen Schrecken fort und die Aussichten für die Leipziger Ostermessc wa ren nichts weniger als ermuthigcnd; jedoch der bereits EndeFebruar abgeschlossene Frieden zerstreute auch diese Befürchtungen, und wir sahen mit Befriedigung, welche Anziehungskraft Leipzig als Ver sammlungsort auf die Buchhändler ausübt; es fehlte zur Ostermesse keiner der allen Bekannten undFrcunde, und selbst neue Gäste fanden sich ein, um an den Bcrathungcn und Vergnügungen ihrer Collegcn Theil zu nehmen. Wie immer, so hatte auch in diesem Jahre das Fest-Comitä für die geselligen Freuden der Gäste Sorge getragen und das Schützen haus zum Vereinigungspunkt bestimmt. Der Saal des Locals war diesmal in glänzender Weise ausgeschmückt, und wurden vorzüglich die großen Bildnisse der vcrstorberen Koryphäen des Buchhandels mit allseitigcm Interesse und Beifall bemerkt. Man konnte sich in solch erlesener Gesellschaft gewiß nur wohl befinden. Gegen Abend füllten sich die Räume des Schützcnhauses immer mehr mit bekann ten Gesichtern, die sich alle einer ungetheilleu Freude Hingaben. In diese allgemeine Heiterkeit mischten sich noch einige gymnastische Kunstproductionen, welche das Fcst-Comits in anerkennenswerther Weise zur weitern Unterhaltung der Gäste veranstaltet hatte. War schon der Beifall, den die beiden Schlittschuhläufer, welche ihre schwierige Aufgabe mit vieler Eleganz und Geschicklichkeit lösten, ein großer, so steigerte sich derselbe doch noch bis zum Enthusiasmus, als Fräulein Emmy Braatz, die gewiß noch Vielen vom vorigen Jahr her bekannt ist, auftral, um in schwindelnder Höhe ihre Künste zu produeircu. Dieselbe erntete wieder die lebhaftesten und wärmsten Beifallsbezeugungeu und es wäre nur zu wünschen gewesen, daß die graziöse Gymnastin ihre Künste nicht in solcher Höhe ausgeführt hätte, um dieselben, ohne das Genick zu sehr anzu- strcngen, mit noch mehr Ruhe und Genuß betrachten zu können. Nach Verlauf einiger gemüthlich durchlebten Stunden trennte sich die Versammlung, um theils sich zur Ruhe zu begeben, theils um noch irgendwo ein Glas gutes Bier zu trinken, zu welchem Zweck sich eine größere Anzahl Gesinnungsgenossen in der Restauration von Baarmann zusammenfanden. Auch für diese schlug die Stunde der Ruhe nur zu bald und Jeder eilte nach Hnuse, um mit gestärkten Kräften sich den Anfor derungen des folgenden Tages widmen zu können. Wie immer, so war auch diesmal der Sonntag zum Mittelpunkt der Festlichkeiten bestimmt. Leider war das Wetter nicht so freund lich, um zu Ausflügen ins Roscnthal aufzumuntern, so sah sich denn der größte Theil der Gäste auf die Stadt angewiesen, wo sich ein Jeder nach Möglichkeit zu unterhalten suchte. Nach Beendigung der Haupt versammlung fand sich eine zahlreiche Gesellschaft in der Restaura tion von Schatz zusammen, um bis zum Beginn des Festmahles ent- Achtunddreißigstcr Jahrgang weder einer gemüthlichen Unterhaltung zu pflegen, oder von da aus das Museum zu besuchen und die bei Del Vecchio ausgestellte Venus Anadyomenc zu bewundern. — klm l Vs Uhr versammelten sich die Buchhändler mit ihren Gästen zu dein herkömmlichen Cantate-Fest essen in den schön geschmückten Räumen des Schützenhauses; die Zahl der Theiluehmer belief sich auf etwa 600. Die Reihe der Festreden eröfsnete Herr Ad. Enslin aus Berlin mit einer Be grüßung der Geschäftsgeuossen und einem Hoch auf den Buchhandel. Ihm folgte Herr Geibel jun., welcher die anwesenden Gelehrten begrüßte und dem guten Einvernehmen zwischen Autoren und Ver legern ein Glas weihte. Herr Or. Roderich B enedir gedachte in einer humoristischen Rede der zu Hause gebliebenen Frauen der hier versammelten Gäste. Herr Geh. Hofrath Prof. Or. vonTischen- dorf erwiderte die Rede des Herrn Geibel jun., indem er mit Anerkennung des guten Einvernehmens zwischen den Verlegern und Autoren gedachte und dessen fernerem Fortbestehen und cinmüthigen Wirken zur Förderung der Wissenschaft ein Hoch ausbrachte. Ihm folgte Herr Rector I)r. Eckstein, welcher weder als Mann der Wissen schaft, noch als Schulmeister, sondern als deutscher Mann zur Ver sammlung sprechen wollte und mit kurzem Rückblick auf die jüngsten Ereignisse dem deutschen Kaiser und dem einigen Deutschen Reich ein warmes Hoch ausbrachte. Ein stürmischer Beifall lohnte diese Rede, ein Beweis, daß durch dieselbe den Gefühlen der Meisten Ausdruck gegeben war. Ebenso fand die Rede des Herrn Bonde aus Alkcn- burg, welcher Fürst Bismarck leben ließ, eine jubelnde Aufnahme. Schließlich erinnerte noch Herr Marcus aus Bonn an die Opfer des Kriegs aus den Reihen des Buchhandels und regte eine Samm lung zu Gunsten der Verwundeten, Wittwcn und Waisen a», die ein sehr ansehnliches Resultat lieferte. Der Anordnung des Comiläs ist es zu verdanken, daß diese Reden schnell aufeinander folgten und mit Aufmerksamkeit angehört wurden, während früher die letzten Reden in der sich mit der Zeit steigernden Heiterkeit weder die wüuschens- wcrthe Aufmerksamkeit fanden, noch überhaupt sich die Redner noch Gehör verschaffen konnten. Ein nun folgendes humoristisches Lied mit einigen sich anschließenden Versen voll patriotischen Ernstes, welche die vom Buchhandel und der Presse brav gethane „Wacht am Rhein" feierten, beseelte die Versammlung mit allgemeinem Jubel und Jeder gab sich jetzt ohne Wiederstreben der heitersten Stimmung hin. — Wenn wir schließlich noch mit besonders lobender Anerkennung auch der culinarischen Genüsse des Festessens und dessen wohlgeordneten Verlaufs gedenken, so bringen wir damit nur die allgemeine Stimme zum öffentlichen Ausdruck. Die Speisen waren durchweg nicht allein vortrefflich zubereitet, sondern auch reichlich geboten, und was bei früheren Cantate-Essen schon oft vermißt wurde: sie kamen auch warm auf die Tafel. Auch die Fest - und anderen Weine fanden allgemeinen Beifall; gleichwohl konnten wir darunter nicht ohne Bedauern die Firma von Freund Witter vermissen, der nun schon so manches Jahr den Cantateweiu in so vorzüglichcrGnte lieferte. Als Grund dieser Acnderung hörten wir neunen: der Witter'schc Wein sei zu berauschend. Es ist wohl anzunchmeu, diese Eigenschaft sei weniger der Qualität, als der Quantität des genossenen Stoffes znznschreibcn, denn auch nach dem diesjährigen Essen erblickten wir, trotz der kühlen äußern Temperatur, manche schwankende Gestalten, die uns den Beweis gaben, daß auch andere Weine nur bedingungsweise das Lob für sich in Anspruch nehmen dürfen, ohne erregende Wirkung zu bleiben; hoffen wir daher, daß bei späteren Gelegenheiten die Firma Witter wieder zu Ehren ge nommen werde. Noch lange bewegte sich die Gesellschaft im Garten hin und her, Kaffee trinkend, rauchend und plaudernd, bis sich nach und nach die Reihen der Gäste immer mehr lichteten und schließlich auch 209
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