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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-02-16
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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40, 16. Februar 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. t>, Dtschn, Buchhandel. 1829 Nichtamtlicher Teil. Die I. graphische Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes im Deutschen Buchgewerbehause zu Leipzig. I. Die Ausstellung, die der Deutsche Küustlerbuud auf Anregung des Direktors des Deutschen Buchgewerbemuseums jetzt veranstaltet hat, bedeutet für Leipzig ein künstlerisches Ereignis. Schon manche Ausstellung deutscher Graphiker war im Verlauf der Jahre im Deutschen Buchgewerbehause zu sehen, doch keine bot einen solchen Umfang, keine — ab gesehen von einigen Seltsamkeiten — so hohe künstlerische Qualitäten. Auch äußerlich präsentiert sich die Ausstellung wie keine frühere, denn der Vorstand des Buchgewerbe vereins hat es sich nicht nehmen lassen, dieser Ausstellung auch ein besonders geschmackvolles Gewand zu geben. Durch die jetzt erfolgte Einteilung der Räume in Kojen ist es er möglicht worden, die Gliederung der Ausstellung in Gruppen, wie die verschiedenen Kunstzentren sie bedingen, deutlich er kennbar zu machen und so von jeder Gruppe ein geschlossenes Gesamtbild zu geben. Der Anordnung der Ausstellung folgend, beginnen wir unsre Besprechung mit der Betrachtung der Berliner Gruppe. Unter den Berliner Graphikern, die hier vertreten sind, nimmt Käthe Kollwitz die erste Stelle ein. Ob sie diese Stelle allen ihren Kollegen der Reichshauptstadt gegenüber ein nimmt, soll dahingestellt bleiben; auf dieser Ausstellung aber hat sie zweifellos mit ihren Arbeiten den ersten Platz er rungen. Sie verfügt über eine so geläuterte Formensprache, über eine solche Kraft des Ausdrucks, eine so souveräne Beherrschung aller in Frage kommenden technischen Mittel, daß kein andrer unbedingt Gleichwertiges daneben zu stellen vermag. In den Darstellungen, die uns ihr Griffel oder ihre Radiernadel vermittelt, hat die Künstlerin das Elend und die Leiden dieser Welt in den Vordergrund gerückt. Jedoch macht sich in ihren Schilderungen nicht jener gewollte auf dringliche Zug geltend, der sich so häufig in Bildern unsrer sogenannten »Armeleutemaler« breit macht. Was Käthe Kollwitz schildert, ist ihr Herzenssache, ist innerstes Erlebnis, an dem ihre ganze Seele Anteil nimmt. Daher der tiefe und nachhaltige Eindruck ihrer Gestalten, der über zeugende Ausdruck der Qual und Leidenschaft, der Ausdruck jenes grenzenlosen Jammers, der seinen Höhepunkt er reicht, wenn er tränenlos wird. Sie zeigt uns, wie in den Bildern aus dem Bauernkrieg und aus dem Weber- Zyklus, die Bestie im Menschen, die von allen Fesseln der Vernunft befreite Wut, die sich in sinnloser Zerstörung äußert, und daneben den durch die Schwere der Schicksals schläge stumpf gewordenen, in dumpfes Hinbrüten versunkenen Menschen, dem jeder Glaube an Gott und Menschen verloren gegangen ist. Zu den zyklischen Darstellungen gesellen sich Einzelblätter wie »Der Tanz um die Guillotine«, »Zertretene« und »Totes Kind«, das eine Mutter in namenlosem Schmerz umklammert hält. Eine treffendere Versinnlichung des Dichter wortes: »Der Menschheit ganzer Jammer faßt mich an« läßt sich kaum denken, als sie uns in den Schilderungen von Käthe Kollwitz vermittelt wird. Und trotz der ergreifenden, tieftraurigen Momente menschlichen Leidens ist nirgends ein abstoßender, widerwärtiger Zug in diesen Blättern zu finden. So adelt die Reinheit künst lerischen Empfindens die leidenschaftlichsten und erschreckendsten Vorgänge. Besteht die Mehrzahl der ausgestellten Arbeiten der Künstlerin aus Radierungen, so sind doch auch einige Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. Steinzeichnungen zu sehen, die in weiblichen Studienköpfen ein nicht minder starkes Lebensgefühl und erstaunliche tech nische Behandlung offenbaren. Wollte man Louis Corinth eine Ehre erweisen, als man seinen seltsamen Zyklus »Tragikomödien« in un mittelbare Nähe der vollendeten graphischen Darbie tungen der Kollwitz rückte, oder wollte man ihm Gelegen heit geben, sich zu überzeugen, wie man's nicht machen muß? Wer da weiß, über welches Können und Feingefühl dieser Künstler verfügt, welchen Ernst des künstlerischen Strebens er in mancher Schöpfung schon gezeigt hat — ich erinnere hier nur an die meisterhafte Persönlichkeitsschilderung in dem Bildnis des Schriftstellers Peter Hille ff — der wird angesichts der hier von ihm ausgestellten Tragikomödien, die ihrem Inhalt nach durchaus nicht, nur im Hinblick auf ihr künstlerisches Maß tragikomisch wirken, wie vor einem Rätsel stehen. Mir will scheinen, als wolle sich Corinth mit solchen Unbegreiflichkeiten, die künstlerisch und tech nisch völlig belanglos sind, über seine Mitmenschen lustig machen. Der Spaß ist teuer, wenn so viel künstlerisches Ansehen dabei verloren geht wie in diesem Fall. — Den garnicht erfreulichen Eindruck der Corinthschen Blätter läßt die weitere Umgebung dieser Arbeiten bald ver gessen. Da hat sich Emil Orlik eingefunden mit charakter vollen, feintönigen Farbenholzschnitten, die erkennen lassen, daß er sich vom Japanismus, in dem er zeitweilig mehr als nötig befangen war, wieder befreit hat. Als ein besonders wertvolles Blatt will mir der prächtige Charakterkopf Hodlers erscheinen, der durch die schlichte Weise und den geringen Aufwand der Mittel außerordentlich fesselnd wirkt. Robert L. Leonard schließt sich in seinen farbenschönen interessanten Lithographien an die Weise Lunois' an, ohne ihn jedoch sklavisch nachzuahmen. Voller Geist und Leben in Auffassung und Wiedergabe erscheinen die reizvollen Blätter Max Slevogts. Groß gesehen und schön empfunden sind die mit breiten Strichen auf den Stein gezeichneten Bildnisse und Handzeichnungen von Emil Rudolf Weiß. Walter Leistikow zeigt einige land schaftliche Handzeichnungen, die das Bedeutsame des Natur charakters eindringlich widerspiegeln. Viele gute und tüchtige Leistungen könnten wir hier noch weiter anreihen, jedoch müssen wir es uns versagen, den Rahmen unsers Berichts allzuweit anzulegen. Vertreten sind u. a. noch mit inter essanten Arbeiten Edward Muuck, Heinrich Zille, Emil Pottner, Philipp Franck, Ulrich und Heinrich Hübner, Hermann Struck, Karl Walser, Heine Rath, Schmidt-Michelsen, Aenny Loewenstein, Dora Hitz, Margarethe Havemann, Julie Wolfthorn, Hedwig Weiß. Ernst Kiesling. Eine deutsche Lehrmittelausstellung in China. Seit einiger Zeit wird in allen Teilen Chinas die Reform des Unterrichtswesens mit großem Ernst betrieben. Ohne aus ländische Hilfe läßt sich jedoch das Reformwerk nicht durchführen, und cs ist deshalb den verschiedenen europäischen Nationen dort ein weites und dankbares Feld zur Ausübung erzieherischen Ein flußes auf das reich begabte chinesische Volk geboten. Leiderhaben die Deutschen sich auf diesem Feld bisher- durch England, Frankreich, Amerika und vor allem durch Japan den Rang ab laufen lassen, und es wird großer Anstrengungen bedürfen, wenn sie das Versäumte einigermaßen nachholen wollen. Mit Mühe und Not ist cs gelungen, in letzter Zeit an einigen chinesischen Staatsschulen deutsche Lehrer unterzubringen. Die Stellung dieser Schulmänner ist keine leichte; man pflegt die deutschen Klassen meist recht stiefmütterlich zu behandeln, weil man in China der Ansicht ist, daß die Kenntnis des Deutschen für die 241
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