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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-02-14
- Erscheinungsdatum
- 14.02.1903
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- Deutsch
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1269 uR 37, 14. Februar 1903. Nichtamtlicher Teil. Nichtamtlicher Teil. Von der kiblia pruipernw. Unsere ältesten gedruckten Bücher entbehren eines Titels; sofern sie unter bestimmten Namen bekannt sind, verdanken sie diese nicht ihren Urhebern, sondern den Bibliographen. Auch das Buch, von dem diese Zeilen handeln, ist in all seinen Ausgaben titellos, und es ist noch immer nicht einmal nachzuweisen, wer dem Werk den sonderbaren Namen gegeben hat. »Er findet sich bei keiner von den verschiedenen Sammlungen der Holzschnitte, und alle, die vor dem Herrn von Heinecke ihrer erwähnen, geben ihnen nach Gutdünken ganz verschiedne Benennungen«, sagt Lessing im zehnten Stück seiner Beiträge zur Geschichte der Literatur*) und fährt dann fort: »der Namen, sagt dieser um sie so verdiente Mann, den wir ihnen im Deutschen geben, nämlich Biblis psupsrum, schickt sich am besten. Denn diese Bilder sind sicher gemacht worden, damit diejenigen, die nicht imstande waren ein damals sehr kostbares Manuskript von der heiligen Bibel zu bezahlen, dennoch mit wenigen Kosten einen Begriff von der Bibel und deren Inhalt bekämen«. »Daß sie zu dieser Absicht gelegentlich haben dienen können, will ich nicht leugnen«, sagt dazu Lessing, »ob sie aber in jenen Zeiten zu dieser Absicht ausdrücklich gemacht worden, dürfte wohl eine andre Frage sein. Denn damals sollte der gemeine Mann die Bibel nicht lesen: wem hätte also einfallen können, einer anderweits dazukommenden Ursache: warum er sie auch nicht so leicht lesen konnte, als jetzt, auf irgend eine Weise ab zuhelfen? Was damals daher auch etwa den Titel Biblis, xsuperum führte, war nichts weniger als ein Werk für den gemeinen Mann, dem man dadurch einen kleinen Begriff von dem Inhalt der Bibel machen wollte; sondern vielmehr ein Werk für die Prädikanten, deren Armut oder Unwissenheit man damit zu Hilfe zu kommen suchte. Dieses beweist die Biblis psupsrum des Bonaventura, wovon ein alter Druck ohne Jahrzahl und Ort sich in der Bibliothek szu Wolfen- büttel, an der Lessing bekanntlich von 1770—81 Bibliothekar war) findet. Es ist nichts, als eine homiletische Schwarte, die nicht die geringste Ähnlichkeit mit den alten Holz schnitten hat«. Im wesentlichen stehen wir heute in dieser Sache noch auf derselben Stelle, wie vor fünf Vierteljahrhunderten, als Lessing diese Worte schrieb. In der Tat hat die dem Bona ventura zugeschriebene Realkonkordanz nichts mit der Biblis psapsrnm zu tun. Aber sie sowohl, wie die von Bonaventura 1269 verfaßte ü.x>olo§is psupsrum erinnerneindringlich daran, daß man solche Titel wählte, wenn es sich um Werke handelte, die für einen Bettelorden bestimmt waren. Bsupsrss nannten sich eben die Mitglieder dieser Orden. Ebenso wie der Titel, der jedenfalls im fünfzehnten Jahrhundert sehr landläufig war, ist auch der Zweck des Werkes Gegenstand vielfacher Erörterung gewesen. Um diesen einigermaßen erkennen zu können, müssen wir uns den In halt des Buchs klar machen. Im wesentlichen haben wir es mit einem Bilderzyklus des Lebens Jesu zu tun; dieses ist der Mittelpunkt, um den sich andre Darstellungen: Propheten und Vorbilder aus dem Alten Testament gruppieren. Ein kurzgefaßter Text am Rande, über, zwischen und unter den Bildern erläutert diese. »Man kann unmöglich glauben«, sagen Pfarrer Laib und Dekan Br. Schwarz bei Gelegen heit der Herausgabe der Konstanzer Biblis psupermu**), daß *) Gotthold Ephraim Lessings sämtliche Schriften, Hrsg, von Karl Lachmann, durchgesehen von Wendelin von Maltzahn. 9. Bd. S. 233. Leipzig 1855. **) Biblis psuporuin. Nach dem Original in der Lyceumsbibl. zu Konstanz, Hrsg. u. mit einer Einleitung begleitet von Pfr. Laib u. Domdekan Or. Schwarz. 2. Ausl. Würzburg 1892. S. 27. Börsenblatt sür den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. die Darstellungen der Armenbibel in der Form eines Buches, auf einigen Pergamentblättern und als nur Wenigen zugängliches Manuskript Selbstzweck gewesen seien. Vielmehr tragen sie ganz den Charakter eines Malerbuchs an sich, 'o daß sie für die abendländische Kirche einen ähnlichen Zweck verfolgte, wie das Malerbuch vom Berg Athos für die griechische.« Während die zuletzt zitierten Autoren also, fußend aus einigen Nachweisungen über Kirchengemälde, Skulpturen rc., der Ansicht sind, daß die Darstellungen in den Kirchen rc. ich auf die Armenbibel stützen und infolgedessen auch ihren Namen für gänzlich verfehlt halten müssen, gibt Lessing in der schon angezogenen Abhandlung über die Fensterscheiben in der Klosterkirche zu Hirsau bei Calw im württembergischen Schwarzwald der Überzeugung Ausdruck, daß eine vierzig- blättrige Armenbibel in Wolfenbüttel die genaue Wiedergabe dieser Kirchenfenster sei. Wie Lessing diese bestimmte Be hauptung aufstellen konnte, ist unklar, da eine am Ende der 1890er Jahre aufgefundene Abbildung einer Scheibe aus Hirsau beweisen soll, daß das Arrangement der Gruppen zwar mit dem der Armenbibel übereinstimmt, daß aber die Bilder selbst völlig verschieden von einander sind. Auch der Auffassung der Biblis xsuxerum als Malerbuch tritt W. L. Schreiber in der Einleitung der kürzlich erschie nenen Wiedergabe der fünfzigblättrigen Armenbibel*) ent gegen, weil das Buch wohl Bilder, aber keine Regeln zur Anfertigung derselben enthalte und die einzelnen Ausgaben, Handschriften und Drucke sich untereinander ganz beträcht lich in bezug aus Anordnung und Ausführung ihrer Illustra tionen unterschieden. Nichtsdestoweniger gibt er zu, daß selbst die berühmten Bilder Michel Angelas in der Sixtini schen Kapelle wenigstens von dem typologischen Gedanken der Biblis PSNPSIMM beeinflußt worden sind. Bei der Verschiedenheit der Ansichten über den Zweck der Biblis psuxeimm kann man wohl kaum der einen vor der andern einen objektiv begründeten Vorzug geben. Jeden falls spricht die Meinung Schreibers, daß die Darstellungen nicht Erfindungen der Maler, sondern solche der Geist lichen seien, nicht gegen die Behauptung Bi-, Laibs und Schwarz', die in der Armenbibel ein Malerbuch sehen. In jener Beziehung erinnert er daran, daß die Humanisten ge naue Anweisungen für die Illustration ihrer Bücher gegeben haben. Sebastian Braut habe alle Entwürfe für sein »Narrenschiff« selbst angefertigt, Konrad Celtes seine sämt lichen Allegorien skizziert, und der »Weiskunig« und die übrigen Bildwerke, die Kaiser Maximilian sich und seinen Ahnen zu Ehren erscheinen ließ, seien von ihm und seinen gelehrten Ratgebern auf das sorgfältigste vorbereitet worden. So glaubt Schreiber auch, daß die Wandgemälde in den Kirchen die ursprünglichen Schöpfungen waren, nach denen eine Anzahl von Ausgaben der Biblis xsuperuw entstanden sei. Über die Zahl der Ausgaben ist durch die Forschung Schreibers die bisherige Kenntnis wesentlich erweitert worden. Während das umfangreichste bisher veröffentlichte Verzeichnis der Handschriften des Werks, von Zestermann herstammend, deren 14 aufweist, sind heute nach der Zusammenstellung Schreibers im ganzen 33 Handschriften bekannt und eine große Zahl xylographischer und typographischer Ausgaben aus Deutschland, Holland, Frankreich und Italien. Von den Handschriften entstammt die älteste anscheinend dem ersten Viertel des vierzehnten Jahrhunderts. Sie enthält, wie fast ,*) Biblis psupsruin. Nach dem einzigen Exemplare in 50 Dar stellungen herausgegeben von Paul Heitz, mit Einleitung von W. L. Schreiber. Straßburg, I. H. Ed. Heitz (Heitz L Mündel), 45 S., 50 Tafeln, 29 Textillustrationen und 1 Lichtdrucktafel, 36 169
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