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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1903
- Strukturtyp
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- 1903-02-14
- Erscheinungsdatum
- 14.02.1903
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- Deutsch
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37, 14. Februar 1903. Nichtamtlicher Teil 1271 wiesen zu der stillen Größe und edlen Einsalt der Antike, bedeutet gleichfalls das Auftreten einer neuen Gesellschafts klasse, die an die Stelle der alten trat. So bedeutsam z. B. die im antiken Geist geschaffnen Bauwerke Schinkels in gewisser Hinsicht auch erscheinen mögen, so entsprachen sie dennoch keineswegs der Anschauung des dritten Standes, der die Stelle der alten Gesellschaft eingenommen hatte. Diese nach antiken Vorbildern geschaffnen Werke mögen zweifellos aus einem starken Enthusiasmus hervorgegangen sein; als der Ausdruck des künstlerischen Formempfindens der damaligen Zeit sind sie jedoch nicht anzusehen, und heute können sie nicht anders denn als eine künstliche und gemachte Sache betrachtet werden. Eine Wandlung zum Bessern brachte aber die aus der Reaktion gegen die Antike hervorgegangne Romantik ebenfalls nicht, denn die Begeisterung der Romantik für das Mittel- alter und die Gotik bedeutet auch kein neues Formen ideal, ihr Ursprung beruht in poetischem und gelehrtem Geist, nicht im Bedürfnis, eine neue Anschauung von der Welt zu verkörpern. Erst das Jahr 1870 leitete ein neues Ideal ein, die Kunst nahm einen unverkennbar malerischen Zug an. Aber die Gesellschaft, die in der Renaissance, dann im Barock, Rokoko rc. ihr Ideal suchte, verfolgte damit doch nur eine Modesache, und so ist eigentlich die tiefe Kluft, die zwischen Künstlern und Gebildeten sich aufgetan hat, bis heute noch nicht überbrückt. Und der Einfluß der japanischen Kunst, der sich eine zeitlang geltend machte, hat die Ver wirrung vollends vergrößert. Die moderne Bewegung kennzeichnet sich vornehmlich dadurch, daß sie vor allem den Zweck betont, daß sie bestrebt ist, sparsam im Schmuck zu sein, gute Arbeit in echtem Material zu liefern trachtet und eine möglichst schlichte Formengebung anwendet, ferner, daß sie den alten über lieferten Formenkram über Bord wirst. Die neue Bewegung wird in England durch Ruskin und Morris eingeleitet, und auf den dortigen Gewerbeschulen wird die Entwicklung des Ornaments im Anschluß an die Naturformen gelehrt. Die von Morris entwickelten Ornamentformen, die als Studio-Orna ment weithin bekannt geworden sind, zeigen eine Verschmelzung der englischen Gotik mit Pflanzenformen. Nach England tritt Belgien auf, wo van de Velde seine eigenartige Fvrmensprache bildet. Dieser Reformer geht von der Überzeugung aus, daß es bei gewissen Aufgaben überhaupt nicht darauf an komme, ein schmückendes Beiwerk zu geben, sondern nur darauf, daß die Form sich logisch aus dem Material entwickle. Die Zweckform allein bedinge das Schöne. So anregend wie die englischen und belgischen Einflüsse sich bei uns geltend gemacht haben, so ist die Verwirrung bei uns doch noch immer nicht beseitigt. Um uns nun klar zu machen, wie die Dinge bei uns liegen, und wie sie sich besonders im Buchgewerbe äußern, sei es geboten, dies sich an be stimmten Beispielen vor Augen zu führen. An der Hand einer Anzahl Lichtbilder wies der Herr Vortragende nach, wie bei uns der Ausdruckswert für jedes Kunstempfinden geschwunden war und sich ein ganz willkür liches Stilgemenge breit machte. Man ersah aus diesen Beispielen, wie völlig unverstandne Renaissance- und antike Formen mit beliebigen Schriftgattungen zusammengestellt wurden, und wie sich anstatt der in der Antike und Renaissance vorherrschenden Heiterkeit und geschlossenen Einheitlichkeit unverkennbare Unruhe und Zerfahrenheit geltend macht. Wie jedoch ein durchaus antiker Eindruck zu erzielen ist ohne sklavische Nachahmung der überlieferten Formen, geht aus illustrativen Arbeiten Max Klingers hervor. Diese zeigen, wie ein Künstler sehr wohl einen Stil ganz frei wiederzugeben vermag, wenn er versteht, sich in die Em pfindungsweise bestimmter Perioden hineinzuleben. Im weitern Verlauf seiner anregenden Ausführungen besprach Redner eingehend den Charakter des gotischen Slils, sowie den des Barock, Rokoko, Empire rc. und betonte, daß es vor allem darauf ankomme, sich das wesentliche des Stils anzueignen. Der starke Einfluß der japanischen Kunst auf unsre Kunstentwicklung ergebe sich daraus, daß die japanischen Schöpfungen bei uns gerade zu jener Zeit in weitern Kreisen bekannt wurden, als das Schlagwort von der »Rückkehr zur Natur« den Zündstoff hergab. Was dieser Einfluß im Buchgewerbe gezeitigt hat, ist eher als eine Verschlim merung, denn als Verbesserung anzusehen. Eine Anknüpfung an die von Morris angewandten Stilformen ist ebensowenig lebensfähig geworden, wie van de Veldes Betonung des Konstruktiven in allen Zweigen des Kunstgewerbes und nament lich im Buchgewerbe verwertbar erscheint. Als Ausschmückung des Buchs wird wahrscheinlich immer als Schmuckmotiv die Umrahmung, das Schmuckstück, oder das gleichmäßige Über spinnen einer Seite festzuhalten sein. Die Freude am Orna ment als solche hat Eckmann, nachdem er sich vom japani schen Einfluß frei gemacht hatte, ganz vortrefflich zur Erscheinung zu bringen gewußt, indem er späterhin mehr die Linie betont hat. So zeigt sich auch die von ihm ins Leben gerufne Schrift in ihrer sorgfältigen und konsequenten Durchbildung der Form als eine gradezu geniale Leistung. Neben ihm sind im Buchgewerbe Cissarz und Behrens, der an van de Veldes Weise angeknüpft hat, zu nennen. Wenn wir uns nun nach alledem die Frage vorlegen, was wir aus diesen mannigfachen Wandlungen gelernt haben, so erscheint das Ergebnis als ein trübes, denn wir müssen uns gestehen: wir haben keinen Stil. Wir können ihn auch noch nicht haben, weil wir kein gleichmäßiges Enrpfinden zur Welt haben. Dies Empfinden werden wir erst wieder haben, wenn unsre politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse sich geklärt haben werden, denn wir können uns dies Empfinden nicht geben, da wir von äußern Einflüssen abhängig sind. Kurzsichtig wäre es jedoch, an einer Weiterentwicklung unsrer Kunst verzagen zu wollen. Wir haben vielmehr die bestimmte Pflicht, uns die Ausdrucksart und den Charakter jeder Stilform klar zu machen. Wenn wir dies gelernt haben, wenn wir wissen: diese Form, dies Verhältnis wirkt ernst, dies heiter, dann werden wir auch wieder imstande sein unser eigenstes Em pfinden anschaulich zu machen. Dann wird jedes Werk unsrer Hand Charakter haben und damit »Stil«. — Den anregenden Darlegungen des Redners folgte wie immer lebhafter Beifall. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen Zum Entwurf eines neuen österreichischen Preß- gesetzes. (Vergl. Vörsenblat 1902: 13«, 137, 158, 265, 275, 283; 1903 Nr. 22.) — Die letzte Gesamtsitzung der Wiener Juristischen Gesellschaft, die vor einigen Tagen unter dem Vorsitz des Herrn Or. Emil Steinbach getagt hat, brachte die Besprechung des Ent wurfs eines neuen österreichischen Preßgesetzes zum Abschluß. Unter den Anwesenden befanden sich Herrenhausmitglied Or. Mil- lanich, Hofrat Or. v. Frydmann, Universitäts-Professor Or. Löffler, Reichsrats-Abgeordneter Or. Ofner und zahlreiche Richter und Rechtsanwälte. Aus der Besprechung entnehmen wir der »Neuen Freien Presse« folgende Einzelheiten: Hof- und Gerichtsadvokat Or. Kienböck hielt die objektive Haftung für unerläßlich zur wirksamen Durchführung des Schutzes gegenüber der Presse. Die Bestimmung des Entwurfs, wonach der Herausgeber einer periodischen Druckschrift, durch welche eine strafbare Handlung begangen wird, für die Geldstrafen haftbar sei, lasse auf eine Verschlechterung des Rechtszustands rechnen. Das Unternehmen selbst solle haftbar sein. Es sei eine Lücke der Gesetzgebung, daß die objektive Haftung nicht platz- greise bei Vergleichen über Ehrenbeleidigungen in Preßangelegen- heiten; solche wären dann viel häufiger. Zu wünschen wäre eine Norm, daß Reichsrats-Abgeordnete nicht verantwortliche Redak teure sein dürften. Nicht glücklich sei die Regelung, daß der gesetzgebenden Körperschaft ermöglicht sein solle, durchjBeschluß fest- 169*
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