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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.08.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-08-17
- Erscheinungsdatum
- 17.08.1903
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- Deutsch
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6280 Nichtamtlicher Teil. ^ 189, 17. August 1903. müsse, damit aber notwendig dem Verlag und noch weiter den Büchern selbst und ihren Verfassern von Vorteil werden müsse? Woher haben sie den Beweis, daß daraus eine Verteuerung der Bücher entstehen müsse, außer vorüber gehend für manche Institute und Käufer, denen ein Vorteil eingeräumt worden war, der immer schwerer als eine Unsitte empfunden wurde und den ganzen Handel unsolid zu machen drohte? Ist es nicht möglich und sogar sehr wahrscheinlich — schon wegen der Konkurrenz der Verleger untereinander —, daß der feste Ladenpreis eine Ermäßigung der Bücherpreise zur Folge haben könne? Sind sie nicht auf den Gedanken gekommen, daß der feste Bücherpreis dem Verleger die Möglichkeit gibt, gerade das abzuschaffen, was sie als einen der Hauptschäden des jetzigen Buchhandels hinstellen, die hohen Rabatte an die Zwischenhändler? Der feste Preis ermöglicht dem Verleger, den Händlerrabatt auf das mögliche Minimum hinabzuschrauben und — den Bücherladenpreis entsprechend zu ermäßigen. Das wird der Gang der Dinge sein, nicht, daß der Verleger einen um so größern Gewinn zu ungunsten des Autors schluckt. Der Verleger hat seine Spekulation auf seinen Nettopreis gegründet; den Ladenpreis ergibt der darauf zu schlagende Rabatt an den Händler. Je niedriger der Verleger aber den Ladenpreis ansetzen kann, desto lieber ist es ihm, denn um so größern Absatz kann er sich versprechen. Und wahrscheinlich wird weiter der Gang der Dinge sein, daß dem fortgesetzten Anwachsen eines nutz losen Proletariats von Buchhändlern ein Riegel vorgeschoben wird. Kleiner Nutzen genügt bei großem Umsatz; wer aber seinen Nutzen nicht mehr bei den Büchern findet, mag zu lukrativern Waren übergehen; es wird niemand einfallen, dem ehrenwerten Stande der Sortimenter am wenigsten, abkömm liche Existenzen zu »schützen«. Es ist doch merkwürdig, wie gewisse Perspektiven gewissem Verstände einfach verschlossen bleiben, wenn er nur immer auf einen Punkt starrt! Diese Erwägungen sind beiden gelehrten Herren nicht gekommen; indem sie aber ihren Popanz in den Mittel punkt ihres Angriffsfeldes stellen, geraten sie an der Haupt sache vorbei. Es muß anerkannt werden, daß sie vieles Richtige sagen und manche Schäden auf dem Büchermarkt klar erkennen; aber diese sind keine unbekannten Dinge; die Buchhändler wissen am besten, wo sie der Schuh drückt. Professor Bücher hat die buchhändlerischen Verhältnisse sehr genau studiert und bringt seine Ergebnisse in wissenschaft licher Form und in der gelehrtenmäßigen Umfänglichkeit. Seine Darstellung hat also Methode; aber leider bedeutet das hier auch Tendenz. Der Apparat, mit dem er nach weist, daß die buchhändlerischen Einrichtungen Unsinn seien, ist sorgfältig ausgewählt, und es ist alles zusammengetragen, was dem Zweck des Verfassers dienen konnte — das ge samte Aktenmaterial des geheimbündlerischen Börsenvereins hat infolge einer überraschenden Liberalität offen vor ihm gelegen, und es wird alles vor die Öffentlichkeit gezerrt, was sich für den Angriff ausbeuten läßt, auch Dinge, die als ganz interne Angelegenheiten einer angesehenen und ehren werten Korporation Anspruch auf Diskretion machen konnten.*) Aber das Bild ist falsch geworden. Wie schon gesagt worden *) Ich bedaure hier eine Anmerkung machen zu müssen. Als ich dieses schrieb, hatte ich Professor Büchers Buch nicht bei der Hand, da ich es verliehen hatte, und hatte seine Einleitung, von der ich glaubte, daß sie mit dem Prospekt identisch sei, nicht ge lesen. Ich nahm also an, das; Herrn Professor Bücher das Archiv des Börsenvereins geöffnet worden sei, obgleich es mir unbegreif lich erschien, wie der Vorstand des Börsenvereins dazu gekommen sein konnte, dem Herrn Professor die intimsten Interna des Vereins preiszugeben zu einem so unqualifizierbareu Angriff aus den deutschen Buchhandel. Aber der Börsenverein hat nichts der gleichen getan. Das Vorwort berichtet mit verblüffender Offenheit, welcher Wege sich Herr Professor Bücher bedient hat, zu seinen Kenntnissen zu gelangen. Cr sagt, die «reichhaltige Bibliothek- des ist, sind die buchhändlerischen Einrichtungen mit ihren Vor teilen und ihren Mängeln das Ergebnis langer und zum Teck heftiger Kämpfe, denn die verschiednen Berufsgruppen stehn eben manchen Dingen mit ganz verschiednen Interessen gegenüber, und jede kämpft natürlich nach Kräften zunächst ür die eignen. Es ist nun selbstverständlich sehr leicht, aus den Debatten, die über die strittigen Dinge geführt worden stnd, immer die Redner als Eideshelfer herbeizurufen, die das Durchgesetzte als Unsinn bezeichnet hatten, deren Bedenken als die begründeten hinzustellen, ohne zu berücksichtigen, wie weit sie vielleicht unbegründeten Besorgnissen ent- 'prungen oder der Mantel für selbstische Interessen ge wesen sind, oder auch nur reine Querköpfigkeit. Den Buch händlern wird auch Büchers Beweisführung wenig Eindruck machen; sie kennen die wirkliche Lage der Dinge selbst doch noch besser, und jedenfalls werden sie argumentieren dürfen, daß gerade der Umstand, daß sich trotz der langen und scharfen Kämpfe um Sonderinteressen die große Masse der Berufs genossen auf gewisse Dinge, wie vor allem den festen Laden preis, geeinigt hat, daß dieser Umstand die Notwendigkeit dieser Dinge beweist. Die jetzt gegen den Buchhandel ge führte Aktion wird trotz ihrer Emphase und der großen Worte, mit der sie eingeleitet ist, keine Bresche in sein Gefüge legen, er wird mit seinen eignen Angelegenheiten auch ohne das schwere Kopfzerbrechen, das sich andre darüber für ihn machen, allein fertig werden; sie wird auch die wirklichen Schäden nicht heilen, die gewiß niemand sehnlicher geheilt sehen möchte, als der ehrenhafte und von dem Wert seines Berufs überzeugte Teil der Buchhändler selbst, denn sie haben ihren Grund nicht in den Fundamenten und dem Bau der buchhändlerischen Organisation, sondern dort, woran die Tadler des Buchhandels blind vorübergehn, in der Schattenseite der Freiheit von Wissenschaft und Verkehr: in der Überproduktion. Warum lassen die Tadler diese Seite der Verhältnisse außer acht, während es doch klar auf der Hand liegt und oft genug ausgesprochen worden ist, daß sie die Haupt wurzel aller vorhandenen Mißstände ist? Oder weshalb be rühren sie sie nur, wenn dem Buchhandel daraus ein Vor wurf gemacht werden kann? Weil sie sich scheuen — es sei gern angenommen, in der Sorge für die Freiheit der Wissen schaft —, die Augen dafür zu öffnen, wieviel Schuld an dem Literaturelend und dem Literatenelend auf ihrer eignen Seite Vörsenvereins und insbesondre das »Börsenblatt« hätten unbe- nützt bleiben müssen, -weil die Verwaltung derselben angewiesen sei, sie Nichtbuchhändlern zu verweigern-, d. h. ivohl die Einsicht darein, und zwar in gewisse Dinge. Diese Verweigerung ist wohl für jeden Unbefangenen eine ganz selbstverständliche Sache — wo käme es wohl vor, daß Fakultätsprotokolle der Universitäten und dergleichen Nichtprofessoren zugänglich wären? Man denke nur, was sich da den verblüfften Augen des Publikums alles ent hüllen würde, vorausgesetzt, daß alles so gewissenhaft protokolliert wird, wie im Börsenverein. Aber der Herr Professor findet die Ver weigerung ungehörig; zwischen der Wissenschaft und einem Buch handel, der seiner Aufgabe gerecht werden wolle, gäbe es über haupt nichts zu verschweigen; für ihn, Professor Bücher, durfte kein Incksx librorum probibitoruw existieren, auch solche vom Börsen verein an seine Mitglieder gerichteten Schriften, die als -Manu skript gedruckt- und als »vertraulich« bezeichnet sind, durfte er benutzen, -um Tatsachen festzustellen«, und triumphierend ver kündet er vom Börsenblatt, »daß nicht alle in Deutschland vor handenen Exemplare dieses ffekretierten'Organs an Ketten liegen«, daß es vielmehr Leute gab, die ihm alles das »in dankenswerter Weise« zusteckten. Vielleicht ist das aus reiner Lust am Unheil stiften geschehen, vielleicht kann man auch an Fuchs und Gans denken; jedenfalls hat sich der Herr Professor nicht gescheut, diesen Vertrauensbruch zu benutzen, durch den er in den Stand kam, der »wohlberechneten Heimlichkeit., mit der der Börsenverein seine intimen Angelegenheiten »umgibt«, seine rücksichtslose Indiskretion entgegenzusetzen. Es braucht zu diesen anmutigen Dingen, die im Buchhandel die gebührende Beachtung finden werden, keine weitere Bemerkung gemacht zu werden.
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