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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.08.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1903-08-24
- Erscheinungsdatum
- 24.08.1903
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- Deutsch
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6454 Nichtamtlicher Teil. 195. 24 August 1903. der Tasche. Das paßt gar nicht zu der Klage Professor Büchers, daß dem Volke die geistige Nahrung verkümmert werde und daß daher zu wenig Bücher gekauft würden. Es bleibt ein Widerspruch, wenn Bücher sagt, daß der Reisebuch handel den unbemittelten Leuten das Geld aus der Tasche ziehe und daß er anderseits durch die energische Verbreitung belehrender Werke auf Kosten der Schundliteratur Bil dung in Kreise trage, die sonst mit Büchern nur selten in Berührung kämen. Was im Anschluß hieran Büchers Ausführungen über Reisebuchhandek und dessen Stel lung zum Sortiment usw. anlangt, so ist da eine ganze Reihe volkswirtschaftlicher Entgegnungen am Platze; denn es ist bekanntermaßen eine notwendige Arbeitsteilung, die den Reisebetrieb neben dem Sortimentsbetrieb notwendig macht, weil jener mit andern Grundlagen, andern Krediten, anderm Risiko arbeitet, die der stehende Sortimentsbuchhandel gewiß niemals wird übernehmen können und übernehmen wollen. Hierin Professor Bücher des nähern zu widerlegen, mag aber, wie gesagt, eingehenderen Erörterungen aus den beteiligten Sortimenterkreisen Vorbehalten bleiben. Über die wissenschaftlichen Handbücher aber ist noch einiges zu sagen. Da wendet sich Bücher mit aller Schärfe in erster Linie gegen das Handwörterbuch der Staatswissen-j schäften, das bereits die zweite Auflage erlebt hat und vielfach als ein Werk bezeichnet worden ist, um das uns andre Nationen beneiden. Wir möchten in Bezug auf dieses wie auf andre große wissenschaftliche Handbücher das Urteil Büchers nicht als richtig anerkennen. Diese Werke sind dazu berufen, den derzeitigen Stand einer Wissenschaft zusammen zufassen und festzulegen zun: Gebrauch für alle, die ein Nachschlagewerk des ganzen betreffenden Wissensgebietes brauchen und nicht für jeden Einzelgegenstand eine Mono graphie haben und studieren können. Die Abfassung solcher Werke aber ist nur der gemeinsamen Arbeit vieler Ge lehrten möglich, es trägt da jeder Berufene an seinem Teil zur Zusammenfassung des ganzen Wissensgebiets bei, und die Erwägung, daß hiermit der Wissenschaft ein Dienst geleistet wird, dürste es auch sein, die Herrn Professor Bücher selbst zur Mitarbeit am Handwörterbuch der Staats-^ Wissenschaften veranlaßt hat. Wenn bei der Mitarbeit an größern gemeinsamen Unternehmungen und Sammelwerken, die übrigens meines Wissens meist recht angemessene Honorare zahlen, auch einmal ein anfechtbarer Vertrag sich findet, der dem Verfasser zu spärliche und seiner nicht würdige Bedingungen stellt, so ist das gewiß bedauerlich, aber den Verfasser kann sich da, wie auch schon sehr treffend bemerkt wurde, mit einem einfachen »Nein« helfen und bedarf dazu kaum eines akademischen Schutzverbands, da kein Verfasser zur Lieferung eines geistigen Erzeugnisses' gezwungen werden kann. Anderseits aber wäre bei der Würdigung der Hand bücher noch zu bedenken, daß die von Bücher so geschmähte »Geschäftsspekulation«, die diesen Werken zum Dasein ver haften haben soll, dem Verlagsbuchhandel vielleicht erst jene Mittel zuführt, die ihn in den Stand setzen, die größern Monographien der Gelehrten überhaupt zu verlegen und zu vertreiben und möglicherweise gar noch eine Verfasser vergütung dafür zu bezahlen. Durch alle Ausführungen aber zieht sich als roter Faden die Anklage wegen zu hoher Bücherpreise, die nicht nur bei diesen Handbüchern, sondern fast bei allen deutschen Büchern zugunsten weniger hier die geistige Nahrung »künstlich verteuern«. Als Beispiel dafür, daß die deutschen Bücher teurer seien als die englischen und französischen, vergleicht Bücher deutsche und ausländische Grundrisse und Lehrbücher der Nationalökonomie, bei denen allerdings der Unterschied ein erheblicher ist, nämlich von 12 bezw. 14 H auf 10 000 Silben bei den französischen und englischen und 19—22 H bei den betreffenden deutschen Büchern. Nebenbei sei hier zunächst erwähnt, daß bei dem Conradschen Grundriß ein Rechenfehler untergelaufen ist, insofern als zwei am Schluffe befindliche graphische.Tabellen nicht mitgerechnet sind, und daß dadurch sich der 10 000 Silben-Preis von 21 schon auf 1iU z H ver mindert. Immerhin bleibt noch ein nennenswerter Unterschied übrig. Eine Untersuchung, wie weit dieser vielleicht auf ungleich höhere Honorare in Deutschland zurückgesührt werden könne, finden wir bei Bücher nicht, und doch darf inan an nehmen, daß bei Lehrbüchern berühmter Autoren die Ver fasservergütung mitunter die gesamten übrigen Herstellungs und Vertriebskosten sogar übersteigt. Weiterhin ist zu be denken, daß auch der Wettbewerb unter den deutschen Gelehrten größer ist und mehr Bücher über den gleichen Gegenstand veröffentlicht zu werden pflegen, was für das einzelne Werk die Absatzfähigkeit naturgemäß ver mindert. Ein wichtiger Gesichtspunkt für die Beurteilung dieser Frage ist auch das ungleich größere Sprachgebiet, das dem Absatz französischer und englischer Bücher offen steht, da die französische Sprache als die Sprache der Ge bildeten der ganzen Welt fast überall gepflegt wird und das englische Sprachgebiet die vielen großen Kolonien und den nordamerikanischen Kontinent mit umfaßt. Und endlich mag noch daran erinnert werden, in welchem Maße in Frankreich und England wissenschaftliche Gesellschaften und dergleichen die Bücherherstellung in eigene Hand nehmen oder unterstützen, und wie dadurch ein großes Gebiet gerade der geschäftlich unsichersten Tätigkeit dem eng lischen und französischen Verleger abgenommen ist, während es dem deutschen noch voll zur Last fällt und damit ihm die Notwendigkeit einer höheren Risikoprämie auferlegt alles Dinge, die das Bild ganz wesentlich beeinflussen, deren zahlenmäßige Wiedergabe aber große Studien und Erörterungen erfordern würde, die ich vielleicht an andrer Stelle, wo ein größerer Raum zur Verfügung steht, näher behandeln könnte. Und trotzdem liefern die deutschen Verleger auch er staunlich billige Werke. Als bemerkenswerte Beispiele seien das Lehrbuch der inneren Medizin von Professor Mering und das Lehrbuch der Gynäkologie von Professor Küstner genannt, bei denen 10 000 Silben trotz deutscher Verfasser honorare nur 10^2 bis 12flz H kosten; und bei der »Natur wissenschaftlichen Wochenschrift« (herausgegeben von Potoniö) kosten 10 000 Silben gar nur 9>/z H. Aber auch nicht durchweg sind die englischen und fran zösischen Bücherpreise so niedrig, wie sie an wenigen Bei spielen von Professor Bücher angegeben werden. Schon vr. Ruprecht hat in der »Nationalzeitung« vom 21. Juli 1903*) eine ganze Anzahl von Werken genannt, bei denen die eng lischen und die französischen Preise bedeutend höher als die deutschen sind. So fiel mir auch neulich ein Lehrbuch der Zoologie von Ray Lankaster in die Hände, das ich mit dem Lehrbuch der Zoologie von Richard Herttvig verglichen habe. Das bemerkenswerte Ergebnis war folgendes: Das englische, 450 Seiten mit durchschnittlich 900 Silben; 297 Abbildungen; Preis für den Druckbogen 43 V, H, Gesamtpreis 12'/, Sch. Das deutsche: 674 Seiten mit durchschnittlich 1050 Silben; 579 Abbildungen, Preis für den Druckbogen 29 H, Gesamt preis 11'/, Und da man solche Vergleichungen am besten an den in die fremden Sprachen übersetzten deutschen Werken anstellen kann, so seien hier einige mir zufällig bekannt ge- *) Vgl. Börsenblatt Nr. 168 v. 23. Juli 1903. Red.
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