Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-01-29
- Erscheinungsdatum
- 29.01.1904
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19040129
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190401292
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19040129
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-29
- Monat1904-01
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 23, 29. Januar 1904. Nichtamtlicher Teil. 955 dringende Interessen der deutschen Wissenschaft vernachlässigt, nicht ohne Begründung mit dem Einwand entgegnet werden: unsre öffentlichen Bibliotheken und Institute besäßen stets schon wesentliche Teile der angebotenen Sammlungen, es hieße ihren Etat und ihren Raum ungebührlich und zwecklos in Anspruch nehmen, wollte man ihnen alle die »Dubletten einverleiben, und in den überseeischen Ländern lägen die Dinge ganz anders, insofern als dort überall aus dem Nichts das Material für die Forschung hervorgestampft werden müsse. Wohl richtig; aber ließe sich nicht ein Ausweg in der Weise finden, daß unsre großen Sammlungen eben nur das für ihre Zwecke Brauchbare erwerben, das übrige aber wieder dem freien Verkehr zerführen? Gerade die meist schon vor handenen Zeitschristenreihen. Gesamtausgaben. Zusammen stellungen von Dissertationen und Gelegenheitsschriften über bestimmte Sonderstagen werden in den letzten Jahren zu fast unerschwinglichen Preisen Hinaufgetrieben, weil davon infolge des geschlossenen Verkaufs der Bibliotheken, die sie enthalten, nichts mehr auf den Markt kommt. Früher war das anders. Starb ein großer Gelehrter, so löste sich die Masse seines Arbeitsmaterials durch Auktion oder Einzelverkauf wieder in ihre Bestandteile auf: die Jüngeren konnten das Gerät des abgetretenen Vorfahren in die Hand nehmen und damit den von ihm durchpflügten Boden weiter beackern. Es ivar ein im Wesen der wissenschaftlichen Arbeit begründeter Erb gang innerhalb der Generationen deutscher Gelehrten, der jetzt durch das Eingreifen des Auslands fast ganz unter brochen ist. In jeder Wissenschaft gibt es gewisse große Publikatio nen, Handbücher, Zeitschriftenrechen, die man bei der Arbeit stets zur Hand haben muß und nicht ohne erhebliche Störung in jedem einzelnen Falle auf der Bibliothek nach schlagen kann. Meist sind sie neu gar nicht mehr vollständig zu erwerben, oder der Ladenpreis ist für die normalen Mittel der Gelehrten unerschwinglich. Blieben die durch Todesfall zum Verkauf gelangenden Exemplare in Deutsch land, dann wäre der Bedarf so weit gedeckt, daß sie nicht als Seltenheiten ersten Ranges bezahlt zu werden brauchten; denn obwohl sich die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiter auf allen Gebieten in den letzten Jahrzehnten vermehrt hat, so ist doch der Begehr nicht so sehr gewachsen, um eine maßlose Preissteigerung herbeizuführen. Der Wettbewerb der überseeischen Länder, in erster Linie Amerikas, hat diese verschuldet. Nicht nur die höhere Dotation der dortigen Biblio theken und die Opferwilligkeit ihrer Gönner, auch die reichere Entlohnung der gelehrten Arbeit läßt es unfern Buch händlern vorteilhafter erscheinen, die ihnen zum Verkauf an gebotenen Sammlungen im ganzen übers Meer zu ver kaufen. Auch wo ein Angebot der einzelnen Werke durch Kataloge vorgezogen wird, werden häufig -amerikanische« Preise angesetzt, weil man in erster Linie auf die trans atlantischen Liebhaber rechnet. Das ist eine in eingeweihten Kreisen bekannte und oft genug schmerzlich empfundene Tat sache. Auch in bezug auf die Neigung, für den Erwerb von Büchern Opfer zu bringen, gilt eben Amerika als Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dagegen müssen wir uns aus idealen und praktischen Gründen zur Wehr setzen. In England, wo die Dinge ähnlich liegen, hat sich bereits eine Vereinigung gebildet, die in Fällen, wo nationalen, geistigen und künstlerischen Schätzen die Entführung ins Ausland droht, einschreiten will, und dasselbe sollte auch in Deutschland geschehen. Zwar würde eine solche Schutzgemeinschaft schwerlich aus eignen Kräften ein- greifen können; aber sie müßte in jedem Fall die Öffentlich keit und die Behörden aufmerksam machen und Wege Nach weisen, um den drohenden Verlust zu verhüten. Wenn ihr die Leiter der Bibliotheken und erfahrene Fachleute auf möglichst vielen Gebieten der Wissenschaft angehörten, dürste es nicht allzuschwer sein, zu erkennen, welche Bibliotheken im deutschen Sprachgebiet verkäuflichen Sammlungen im ganzen oder für ihren Hauptbestand Aufnahme gewähren könnten. Der »Akademische Schntzverein« wäre meines Erachtens das geeignete Organ, uin diese Pflicht ausznüben, die durchaus in das Bereich seiner vorgesteckten Wirksamkeit fiele, und er würde sich dadurch ein großes Verdienst um das deutsche Geistesleben erwerben. Zum Beweis dafür, daß die Verlustliste anhaltend wächst, seien zum Schluffe die neuesten Einbußen, die zu meiner Kenntnis gelangt find, verzeichnet. Da ist zunächst die wertvolle Sammlung des Heidelberger Ägyptologen August Eisenlohr, die der Cornell-Universität in Jthaca zufiel, da sind die Handapparate des berühmten Leipziger Theologen Ernst Luthardt und des Münchener Strafrechtslehrers Lothar Seuffert, der erste jetzt im Theologischen Seminar in Hartford, der zweite für die Univerfiät zu Tokio erworben. Am schmerzlichsten aber berührt uns der Verlust der in ihrer Art einzigen Maurerschen Bibliothek, die Professor Coolidge ankaufte und der Harvard-Univer sität schenkte. Zwei Generationen haben seit den zwan ziger Jahren diesen stolzen Bau Stein für Stein zusammen getragen und aufgerichtet. Den Grund legte Georg Ludwig von Maurer (1790—1872). Schon er war als Jurist germanistischen Studien vor allem zugewandt; aber er wurde als Staatsmann, als Regent des jungen griechischen König reichs und bayrischer Minister mit seinen Interessen weit über das Spezialgebiet seines literarischen Schaffens, die deutsche Verfassungs- und Rechtsgeschichte, hinausgeführt. Durch enge Freundschaft mit Andreas Schmeller, dem Bücherkundigsten der Germanisten, verbunden, wußte der ältere Maurer verborgene Seltenheiten aufzuspüren mit jener Jägerfindigkeit und Leidenschaft, wie sie dem echten Sammler eigen ist. Das Glück war ihm günstig, da in seiner Jugend infolge der Säkularisation der Klöster der Markt mit Seltenheiten förmlich überschemmt wurde und die kostbarsten Drucke beinahe umsonst zu erwerben waren. Sein einziger Sohn erbte von ihm Charakter und wissen schaftliche Neigung, und als er zum Forschungsgebiet das nordische Germanentum erwählte, war er imstande, für sein Spezialfach, das altnordische Recht, die gesamte Literatur um sich zu vereinigen. Ein Streifzug nach Island im Jahre 1858 brachte ihm besonders reiche Beute an alten Hand schriften und Drucken, und die skandinavischen Länder stellten dem größten Historiker ihres Rechts alles zur Verfügung, was irgend seiner wissenschaftlichen Tätigkeit von Nutzen sein konnte. So kam dieser Bücherschatz zusammen, der beim Tode Konrad von Maurers (1823—1902) 9937 Nummern zählte, darunter allein 3288 Schriften zur nordischen Lite ratur. Die nordische Jurisprudenz und Rechtsgeschichte ist sicher nirgends in der Welt so reich wie hier (mit 443 Nummern) vertreten: auch für manche der übrigen Unter abteilungen mag dasselbe gelten, zumal für die gesamt germanischen Rechtsdenkmäler. Beim Durchblättern des gedruckten, 432 Seiten zählenden Katalogs fällt diese Voll ständigkeit ebenso wie die Fülle von Seltenheiten gleich stark ins Auge. Würde eine der Hauptstätten deutscher wissenschaftlicher Arbeit in den Besitz dieses Schatzes gelangt sein, so wäre nicht nur wieder eine Art von Mittelpunkt für die alt nordischen Rechtsstudien, wie ihn früher München durch Konrad von Maurer darstellte, geschaffen worden, sondern ohne Zweifel hätten diese Studien dadurch auch eine mächtige Anregung und Förderung erfahren. Ist nun etwa anzu- 12«'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder