Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.07.1884
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- 1884-07-09
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- 09.07.1884
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3174 Nichtamtlicher Theil. 158, 9. Juli. Wenn es unzweifelhaft ist, daß im Jahre des großen Guten bergsfestes 1840 Leipzig noch unbedingt sich als Vorort des Buch gewerbes betrachten konnte, so haben sich seit jenem Tage doch die Verhältnisse überall ganz wesentlich, zwar zum Vortheil des Ganzen, jedoch nicht zum speciellen Vortheile Leipzigs verschoben. In Stuttgart hat sich eine Specialität in illustrirten Werken ansgebildet, welche den Vergleich mit keiner anderen Drnckstadt zu scheuen braucht; Berlin hat durch die gewaltigen Hilfsquellen, welche seine Stellung als Mittelpunkt eines großen Staates mit sich bringt, für einzelne Zweige der Literatur ein gewisses Uebergewicht erreicht, und seit einigen Jahren hat man auch dort gelernt, Illustrationen und Accidenzen gut zu drucken. Für Wien sind die Zeiten längst vorüber, wo: „in Wien ge druckt" gleichbedeutend war mit „schlecht gedruckt". Ueberall, nicht nur in diesen drei Hauptstädten, sondern auch in vielen kleineren Orten mindert sich der große Abstand immer mehr, der früher ihre Leistungen von denen Leipzigs trennte. Dazu kommt, daß einzelne Hilfstechniken, welche in neuerer Zeit zu großer Bedeutung gelangt und offenbar dazu bestimmt sind, in Zukunft eine noch weit größere Rolle zu spielen, auffallenderweise in Leipzig keine eigenen Stätten ersten Ranges gefunden haben, wie vor Allem die auf der Photo graphie beruhenden vielfachen neuen Verfahrungsarten. Endlich ist Leipzig kein Künstlerheim, und die Stadt, welche durch Zahl und Bedeutung der in ihren Offizinen gedruckten illustrirten Werke, wie durch ihre großen Holzschneidewerkstätten so vielfach auf die zeich nenden Künste angewiesen ist, hängt in dieser Beziehung doch sehr von auswärts ab. Wenn nun auch trotz alledem das Resultat einer gewissenhaften und vorurteilsfreien Prüfung jetzt noch sein muß, daß Leipzig, wenn in einzelnen graphischen Zweigen überholt, doch in seinen Gesammt- leistungen noch immer den Anspruch erheben darf, der Vorort des Druckgewerbes in Deutschland zu sein, so muß dieselbe Prüfung aber auch ergeben, daß es dringend nöthig ist, seine Stellung für die Zukunft zu stärken, wenn es den es so lange Zeit mit Ehren eingenommenen Platz sich erhalten will. Zur Erreichung dieses Zwecks hält unsere Denkschrift folgende vier Hauptpunkte als dringend erforderlich und widmet diesen eine mehr oder weniger ausführliche Begründung: 1) Ein graphisches Museum ersten Ranges, verbunden mit einer ebenbürtigen Fachbibliothck nebst Lesezimmer und kleineren belehrenden wöchentlichen Ausstellungen; 2) Eine höhere graphische Fortbildungsanstalt (Akademie) für Ausgelernte oder in Bildung genügend Vorgeschrittene, daneben Fachunterricht für Lehrlinge; 3) Pflege der von dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler unternommenen jährlichen Ausstellungen, mit praktischen Zielen vor Augen; 4) Begründung eines Vereins von Angehörigen der Buch gewerbe im weitesten Sinne des Wortes in Leipzig, also mit Einschluß von Buchbindern, Papier- und Farbefabrikanten und Erbauern von Maschinen in einschlägiger Richtung u. s. w. zum Zwecke der Förderung der unter 1)—3) aufgeführten Punkte. Dem zu gründenden graphischen Museum würde zunächst die Aufgabe zufallen, eine so weit möglich vollständige Sammlung zur Geschichte der Buchdruckerkunst nach der technischen Seite hin zusammen zu bringen. Es müßte von höchstem Interesse für jeden mit der Kunst Gutenberg's in irgend einer Beziehung Stehenden sein, die Werkzeuge mit eigenen Augen zu sehen, durch welche die ersten Anfänge der welterschütternden Erfindung in's Leben traten, und mit denen sie schon nach wenigen Jahrzehnten Prachtleistungen ersten Ranges schuf. Welchen Werth würden einige Dutzend Lettern aus Gutenberg's Offizin oder ein Gießinstrument haben, mit dem sie hergestcllt wurden! Daß solche Wünsche auf immer zu den „frommen" gehören werden, ist leider wohl anzunehmen; und auch ein Besitzthum, wie es die Stadt Antwerpen in dem Plantin- museum ihr Eigen nennen kann, gibt es zum zweiten Male nicht. Dennoch wäre es Wohl zu ermöglichen, durch eifriges, verständ- nißvolles Suchen und Sammeln noch Vieles im Laufe der Jahre zu erlangen, wodurch man dem hier vorschwebenden Ideale so nahe kommen würde, als es überhaupt möglich ist. Bei der Organi sation unseres Standes, bei dem innigen Zusammenhang seiner einzelnen Glieder und der Möglichkeit, durch eine weitverzweigte Fachpresse an allen Orten und Enden in mächtiger Weise zu wirken, würde ein Aufruf in dieser Richtung, wenn er von einer mit der nöthigen Autorität ausgerüsteten Stelle ausginge, sicherlich überall den regsten Eifer Hervorrufen und die besten Resultate erzielen. Wie Manches mag noch in den Rumpelkammern großer und kleiner Druckereien vergraben liegen, dem jetzt ein Schicksal droht, wie der unvergleichlichen Sammlung von Matern und Stempeln, welche die berühmte Druckerei Enschedö in Haarlem lange Zeit besaß, und die dann in einer Zeit, welcher der Sinn für das Historische abhanden ge kommen war, auf den Metallhaufen zum Einschmelzen geworfen wurde, welchem Ende nur eine kleine Quantität — jetzt ein werth volles Besitzthum des Hauses — entging. Noch wichtiger natürlich als die Hilfsmittel, mit denen die Marksteine unserer bibliographischen Entwickelung hergestelltwurden, sind die letzteren selbst, und der beste Theil des geplanten Museums müßte deshalb die Sammlung von hervorragenden Erzeugnissen der Druckerkunst aus allen Perioden ihrer bald vierhundertfünfzig jährigen Geschichte sein. Unerläßlich für die Bildung des Geschmacks ist die Anschauung, — dieser alte Gemeinplatz gilt ja doch am meisten für die, welche sich einer Kunst oder einem Kunstgewerbe gegenüber nicht nur ästhetisch genießend oder kritisch beurtheilend verhalten, sondern selbstthätig in ihm arbeiten, es durch eigene schöpferische Kraft weiterbilden wollen. Wie sollen aber die Arbeiten in unseren graphischen Werkstätten zur Veredlung ihres Geschmacks gelangen, wenn es nicht möglich ist, das, was die Vorfahren geschaffen, mit eigenen Augen zu sehen und an ihm zu lernen? Und wenn man bis vor kurzer Zeit bei dem Gedanken an die Anlage einer solchen Sammlung seufzend darauf verzichten zu müssen glaubte, in derselben gerade die werthvollsten und gesuchtesten Drucke, diejenigen aus der ersten Zeit der Kunst, die „Wiegendrucke", in irgend nennenswerther Zahl vertreten zu sehen, weil diese in jedem Sinne des Wortes „theueren" Schätze in einer ent sprechenden Vereinigung kaum mehr zu haben wären, so bietet sich eben jetzt durch eine unvergleichliche Gunst der Ver hältnisse die Gelegenheit, die einzig dastehende Sammlung des Commissionsrathes Heinrich Klemm in Dresden als Grund stock und Grundstein des Museums zu erwerben. Die Collec tion von Jncunabeln, „welche dieser enthusiastische Bücherlieb haber durch materielle Opfer, zähe Ausdauer und beinahe fana tischen Sammeleifer in aller Stille und in unglaublich kurzer Zeit in ausgesuchten Exemplaren zusammen gebracht hat, und welche alle Kenner in höchstes Erstaunen versetzt", konnte in Leipzig erst bei Gelegenheit der letzten Meßausstellung wieder bewundert werden und ist auch damals in diesem Blatte eingehend besprochen worden. — Der unermüdliche und uneigennützige Sammler hat sich auf Anfrage bereit erklärt, seine Sammlungen abzugeben in der Voraus setzung, daß sie als Ganzes erhalten und in Leipzig, als dem Vorort der deutschen Druckkunst, zum öffentlichen Nutzen aufgestellt würden. Aus dem allgemein als höchst mäßig bezeichneten Preise würde Herr Klemm außerdem 50,000 M. zur weiteren Vervollständigung
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