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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.03.1887
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- 1887-03-16
- Erscheinungsdatum
- 16.03.1887
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1406 Nichtamtlicher Teil. üiS 61, 16. März 1887. Nichtamtlicher Teil. Dir Anfänge des Rostockrr Büchcrgrwerbcs. Von vr. Ad. Hofmeister. (Schluß aus Nr. 59.) Ob die Brüder vom gemeinsamen Leben ihre Schriften auch selbst geschnitten und gegossen haben, ist für die ältere Zeit wohl mehr als zweifelhaft. Die zuerst in ihren Drucken erscheinenden Lettern haben einen sehr altertümlichen Charakter und weisen auf niederrheinischcn Ursprung hin. Im Jahre 1481 finden wir sie im Besitze einer Schrift, welche sich dem im Norden, Lübeck und Magdeburg, gebräuchlichen Typus an schließt und höchst wahrscheinlich vorher Bartholomäus Gothan in Lübeck, der sich nachweislich 1480 neue Lettern beschaffte, ge hört hatte*); hiermit und mit größeren Typen für den Druck von Meßbüchern, Titeln und Überschriften behalfen sic sich bis 1522. Bis dahin hatten sie lediglich Werke zum Zwecke des kirchlichen Gebrauchs und des theologischen Studiums und da neben für breite Volksschichten bestimmte Bücher zur häuslichen Erbauung und Unterhaltung in der heimischen Mundart auf eigene Rechnung verbreitet, unbekümmert um die Konkurrenz, welche ihnen aus den mehr weltliche Richtungen verfolgenden Druckereien von Hermann Barckhusen, Nikolaus Marschalk und Ludwig Dietz erwachsen war. Mit der Mitte der zwanziger Jahre des sechzehnten Jahrhunderts beginnt sich aber ein ganz anderes Leben zu regen. Neue saubere Lettern, geschmackvolle Initialen und hübsche Zierleisten werden beschafft und in der Devise des gleichfalls neu gestalteten Druckerzeichens allen Spöt tern und Mäklern ein »Berste, blasser Neid« (Ruwpsrs livor oäax) entgegengeschleudert.**) An Stelle des früheren ruhig seinen eigenen Weg gehenden und eine ganz bestimmte Richtung pflegenden Betriebes tritt die Neigung zu rein geschäftlicher Handhabung hervor. Zuerst herrscht noch eine gewisse Unentschiedenheit in bezug auf die Strömung, welcher sie sich anschließen sollen; wie die meisten Geistlichen und Laien, wie die Landesherren und der Rat selbst schwanken sie unschlüssig zwischen den Satzungen der alten Kirche und den Ideen der Reformation hin und her und leihen ihre Presse beiden, aber mit sichtlicher Hinneigung auf die Seite der Neuerer (so drucken sie Schriften von Luther und Urbanus Rhegiusl)***), ohne damit den erwarteten und bei dem höchst wahrscheinlichen Versiegen mancher Einnahmequellen sehr erwünschten Geschäfts gewinn zu erzielen; denn mit der Durchschnittsproduktion von einem Buche im Jahre konnte die Druckerei sich unmöglich selbst erhalten. Auch das mit gewiß nicht unbeträchtlichen Kosten her gestellte Brevier wollte keinen rechten Absatz mehr finden, trotz der am 10. März 1530 erfolgten bischöflichen Empfehlung. - Je mehr sich aber auch hier im Norden die Kluft zwischen den Anhängern der alten und der neuen Lehre erweiterte und vertiefte, um so entschiedener mußte ihr geistlicher Stand die Brüder wieder auf die Seite der päpstlich gesinnten Partei führen. So übernahmen sie es, die von dem erbitterten Gegner Luthers, Hieronymus Emser, veranstaltete Ausgabe des Neuen Testaments in niederdeutsche Mundart zu übersetzen und zu verbreiten, ch) Es ist dies eine Arbeit, die ihnen alle Ehre macht sowohl durch die Redaktion des Textes als auch durch die äußere Ausstattung. Nicht mit Unrecht hatte Luther Emser vorgeworfen. Emsers Text sei ihm von Wort zu Wort abgestohlen und nur mit giftigen Zusätzen, Glossen und Annotationen versehen. So leicht machten sich die Michaelisbrüder die Sache nicht, sondern sie verglichen den *) Wiechmann, Mecklenburgs altmedersächsische Litteratur III, S. 101. **) Wiechmann III, S. 201 u. Anm. 5. **') Brunn I, S. 339, 348. ch) Jahrbb. IV, S. 23. — Wiechmann I, S. 143. — III, S. 199 ff. Text genau mit der Vulgata und änderten ihn danach ab, so daß er bei weitem mehr von Emser abweicht, als dieser von Luther. Wie es scheint, unterstützte sie dabei der Hamburger Dominikaner Augustin von Ghetelen nicht unwesentlich.*) Als Luther Ende 1529 durch Lübecker Freunde von diesem Vorhaben hörte, erwirkte er ein Schreiben'der kursächsischen Regierung an Herzog Heinrich und wendete sich auch selbst an diesen mit der Bitte, den Druck zu hindern. Es scheint fast, als ob der Herzog sich damit nicht allzu sehr beeilt oder bei dem Rate der Stadt Rostock Widerstand gefunden habe; denn erst ein weiterer Fall entschiedener, diesmal politischer Parteinahme gegen die zur Zeit im Rate herrschende Richtung, der Druck von Proklamationen der ausgewichenen Lübischen Bürgermeister Claus Brömse und Härmen Plönnies gegen Jürgen Wullenwever und seine Partei (anderes läßt sich unter den in der betreffenden Urkunde ge nannten »Lübischen Breven« nicht verstehen) führte zu einem energischen Einschreiten des Rates. Der Rektor Martin Hilleman und der Bruder Johann van Holt, welcher in einem Registratur vermerk als Drucker des Hauses zu St. Michael bezeichnet ist, wurden 1532 gefänglich eingezogen und erst nach beschworener Urfehde wieder in Freiheit gesetzt'. Seitdem ruht die Druckerei. Johann van Holt scheint bald darauf die Stadt verlassen und sich in das Mutterhaus zum Springborn in Münster zurückgezogen zu haben. Bereits 1533 begegnen wir daselbst einem Johannes Holtmann als Haupt- gcgner der Reformation und 1540 als Rektor des Schwestern hauses Niesink ebendort**), und es liegt nahe, in diesem, der als ein im Griechischen und Lateinischen hochgelehrter Mann bezeichnet wird, unseren Johann van Holt wieder zu erkennen. Der Wechsel des Namens giebt für die damalige Zeit keinen Gegengrund ab; nennt sich doch z. B. noch fast hundert Jahre später der gleichfalls aus Westfalen stammende Professor Jo hannes Affelmann daneben auch von Affeln. Diese Identität vorausgesetzt, haben wir allerdings den Namen Johann van Holt aus der Reihe der Rostocker Drucker zu streichen; er hatte dann wohl als lidrariuo der Brüderschaft die Oberaufsicht über die von Laienbrüdern bediente Druckerei wie früher zur Zeit der hand schriftlichen Vervielfältigung über die Schreibstube. Als dann in den sechziger Jahren das unbewohnte Kloster, in dem nur noch zwei alte Brüder, Heinrich Pauli, nach seiner Heimat Ar- senius genannt, und Gerd Dunckhorst, ihren Aufenthalt hatten, ausgeräumt und für Universitätszwccke eingerichtet wurde, kamen um 1570 auch die Reste der Druckerei und mit ihnen Emsers bis zum Ende der Apostelgeschichte gediehenes Neues Testament wieder zum Vorschein. Sie fielen der Vernichtung anheim. Erstere wurde zerstreut, letzteres vermakuliert und hat sich nur in einem einzigen, früher dem 1542 urkundlich erwähnten Bruder Laurenz Foß (Fuchs) gehörigen Exemplar in der königlichen Bibliothek zu Stuttgart und wenigen aus alten Büchereinbändcn ausgelösten Bruchstücken erhalten. So haben wir denn die erste Pflegstätte der Buchdrucker kunst in Rostock und im ganzen mecklenburgischen Lande von ihrem Ursprung an bis auf ihre letzten Spuren verfolgt. Wir haben gesehen, wie im Hause der Brüder vom gemeinsamen Leben die Geschäfte des Druckers und des Verlegers, ja selbst des Verfassers und Übersetzers sich vereint fanden. Aber auch die letzte Zurüstung, deren ein Buch bedarf, um Verkaufs- und gebrauchsfähig zu werden, das Binden, wurde im Kloster selbst besorgt. Das einzige wirklich nachweisbar im Brüderhause selbst gebundene Buch, welches mir bisher vor Augen gekommen ist, macht in Hinsicht auf Schönheit und Festigkeit der Arbeit auch *) Monatsschrift sür die ev.-lulh. Kirche im hamburgischen Staate, V (1885), S. 341. **) Jo st es, Johannes Veghe (Halle 1883), Einleitung.
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