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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.08.1871
- Strukturtyp
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- 1871-08-07
- Erscheinungsdatum
- 07.08.1871
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- Deutsch
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Auflagen schleppte sich in dem Prologe zu „Wallcnstein's Lager" der Druckfehler: Ihr kennet ihn, den Schöpfer kühner Heere, Des Lasters Abgott und der Länder Geißel. Ein schlichter Dorfschulmeister i» Norddeutschland soll zuerst den Fehler entdeckt und für die Anmeldung desselben sich ein Frei exemplar ausgebelen haben; so wurde zu „der Länder Geißel" alz richtiger Gegensatz „des Lagers Abgott" wieder hergestellt. Bei einem der Schillerfcste, die man in Stuttgart jährlich auf der Sil berburg zu feiern pflegte-—siehalsen mit zur Aufbringung der Kosten für das nun längst bestehende Denkmal — war das „ Lied an die Freude" zum Festliede bestimmt worden. Man hatte einen beson deren Abdruck veranstaltet; mit diesem Zettel in der Hand begannen die Chöre der Schulen ihren Gesang. Da kam eine Stelle, wo der Vortrag fast zu einem Jauchzen anschwoll. Woran lag es? Kraft eines Druckfehlers war zu singen: Unser Schulbuch sei vernichtet! Es ist ein neckisches Ding um einen Druckfehler. „Apoll aus seinem Güterwagen" ist ein harmloser; Fracht- oder Güterwagen nämlich sah man vor Eisenbahnzeiten täglich, während ein Götter- wagcn nur etwa Dichtern zu Gesichte kommt. „Ritterbärtig" an statt „ritterbürtig" mag ei» Lächeln erregen, hat jedoch weiter nichts Anstößiges an sich: Bärte haben die Ritter ja denn doch auch gehabt. Wenn aber weiland der Reichstag zu Regensburg „eilende Reichs hilfe" beschloß und durch Auslassung eines Buchstabens die eilende in eine „elende" umschlug, so war das kränkend für den Reichs tag; um so empfindlicher kränkend, wenn der Druckfehler zufällig die Wahrheit sprach. In einer ähnlichen Weise fand man es an züglich, als einst in einem öffentlichen Blatte einfach durch Verwechs lung zweier Ucberschriften das Verzeichniß der neuesten Amtsbeför- derungcn unter die Rubrik „Unglücksfälle" gericth; in Betreff der Anzüglichkeit kam es eben daraus an, von welcher Art der Inhalt der betreffenden Meldungen war. Sogar eine Lebensgefahr kann in einem Druckfehler stecken. Einem Hypochonder wenigstens, der nach allerlei Büchern an sich herum curirte, sagte ein befreundeter Arzt warnend: „Nimm dich in Acht, Quacksalber, daß du nicht un versehens einmal an einem Druckfehler stirbst." Und in finanzieller Hinsicht, wie fatal beispielsweise ein Druckfehler in der Gewinnliste einer gezogenen Lotterie: eine trügerisch erweckte Hoffnung — ein gefälschtes Glück! Nicht in jedem Falle läuft es dabei so prositlich ab, wie bei jenem reichen Berliner Bierbrauer, dem Jemand die erste Nachricht brachte : „Herr Brandmeier, Sie haben 5000 Thaler ge wonnen." — „Js jut", sagte der Gewinner glcichmüthig. Nicht lange daraus stürzte ein zweiter Bote herein. „Es ist ein Druck fehler, Herr Brandmeicr" — der Sohn des Gambrinus verzog keine Miene — „Ihr Gewinn beträgt 15,000 Thaler." Herr Brand- ineier war ein Original. „Js ooch jul", versetzte er trocken und fing sofort ein anderes Gespräch an. Als einem Schriftsteller sind inir Druckschlcr natürlich nichts Ungewohntes; einer übrigens hat mich vor Jahren einmal in einer wirklich koboldartigen Weise geneckt. Staalsrath Nebcnius in Karls ruhe hatte eine Flugschrift über Las Verhältnis; Badens zur preußi schen Politik geschrieben; ich nahm davon Anlaß, einen besprechenden Artikel an ein Wiener Blatt zu senden, und der Verfasser der Flug schrift wußte darum. Als nun der erwartete Abdruck ankam, war ich deshalb unangenehm überrascht, zu ersehen, daß darin der Staats- rath Nebenius durchweg in einen Staatsrath Stebcrius ver wandelt war. Ich brachte es nicht über das Herz, ihm mitzutheilen, daß er seine Sympathien incognito darbringe und daß in Wien sein Name nicht genug bekannt sei, um ihn gegen einen derartigen Druck fehler zu schützen, also half ich mir mit der Ausrede, mein Artikel sei nicht ausgenommen worden. In Wien bekümmerte man sich da mals wenig uni die Anhänger, die Oesterreich „draußen im Reich" hatte; manche derselben kannte man nicht einmal dem Namen nach. Von Berlin aus verfuhr man anders: man hatte ein Augenmerk auf Alles, was vorging — man studirte nicht bloß die Höfe — man be warb sich um die öffentliche Meinung. Es war dies ein bedeutsamer Unterschied in der politischen Taktik; den schließlichen Unterschied im Erfolge haben wir erlebt. Mit der Geographie braucht sich ein Druckfehler ebensowenig zu placken wie jener Pariser Redner, der noch 1848 an das Bestehen eines Königreiches Westfalen glaubte. Die zuerst 1783 erschienenen „Briese eines reisenden Franzosen über Deutschland" sind von Ris- beck, welcher ihnen den Anschein einer Uebersetzung aus dem Fran zösischen gab, um sie für das große Publieum dadurch pikanter zu machen. Aus dem Titelblatt blieb er deshalb selbstverständlich un genannt, auch nachdem seine Autorschaft längst kein Geheimniß mehr war. Damit aber reimt sich nun schlecht zusammen, daß das Buch selbst (dritte Ausgabe, 1805) ihn mit dürrenWorten gelegen- heitlich sagen läßt: „Ich bin ein Württemberger". Als ein „reisen der Franzose" konnte er nicht zugleich ein Württemberger sein; nach seinem Geburtsorte Höchst war er ein geborner Kurmainzer; er lebte eine zeitlang in Mainz, in Wien, in Linz, in Salzburg, schrieb das obenerwähnte Buch in Zürich und starb in Aarau. Die Schuld der Ungereimtheit, ihn unter solchen Umständen zu einem Württemberger machen zu wollen, hatte lediglich ein Druckfehler aus sich; cs sollte richliggestellt heißen: „Ich bin ein Weltbürger". Noch um ein gutes Stück weiter in geogra phischer Keckheit geht ein Druckfehler, der sich in einer Verdeut schung Walter Scvtt's unter Franckh'scher Berlagsfirma findet. In den „Verlobten" bildet der Grenzkrieg zwischen Engländern und Wallisern den historischen Hintergrund des Romanes. Ein englischer Grenzvogt ist bei den unruhigen Nachbarn verhaßt, weil er mit seinen Reisigen ihre räuberischen Einfälle hemmt ; man stell« seinem Leben nach, indem man einen wallisischen Barden oder Minstrel in das englische Lager sendet, um sich dort in die Gunst des Befehlshabers einzuschleichen und ihn dann zu ermorden. Aber unter welcher Maske glaubt mau wohl, verbirgt sich derMinstrel, um nicht als Walliser erkannt zu werden, was ihm unausbleiblich Verdacht und Mißtrauen zuzöge? Ganz schlicht und einfach: er gibt sich für einen Amerikaner ans. So steht es gedruckt zu lesen. Fassen wir ins Auge, um welche Zeit cs sich handelt. Im Jahre 1283 wurde Wales (Wallis) mit England vereinigt; zu einer Art von Ausgleich versprach Eduard I. den neuen Staatsgenossen einen Statthalter, der in Wales geboren sei, ein untadelhaftes Vorleben habe und kein Wort Englisch verstehe. Zu diesem Zwecke nahm Eduard's Gemahlin vor ihrer bevorstehenden Niederkunst ihren Auscnthalt aus dem wallisischen Schlosse Caernarvon, wo sic einen Prinzen gebar (den nachmaligen Eduard II.), bei dem jede der drei bezeichuelen Eigenschaften zutraf. Seitdem führt der jeweilige directe Thronerbe in England den Titel „Prinz von Wales", und die Walliser finden es nicht Übel, an der Machtstellung der Gesammt- heit Antheil zu haben, während sic in ihrer Nationalität Walliser sind, nach- wie vorher. Hiernach spielt also jener Roman Walter Scott's jedenfalls vor 1283. Zu dieser Zeit waren noch die Nor weger die Abenteurer zur See. So wie sie von Island nach Grön land gelangt waren, so hatten sic auch einige Küstcnpunkte südlich von Grönland angesegelt, und ihr „Winland" mag etwa in der Gegend des heutigen Newyork zu suchen sein. Allein von einem neuen Welttheilc wußten sic nichts, und das übrige Europa wußte nichts von ihrem „Winland"; Columbus selbst erwartete nicht, auf einen großen Kontinent zu stoßen, sondern suchte eigent lich einen westlichen Seeweg nach Ostindien. Woher nun ein „Ame rikaner" schon im zwölften oder dreizehnten Jahrhundert, lange vor dem 1451 geborenen Americus Vespucius, von dessen Vornamen 346*
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