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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.07.1900
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- 1900-07-12
- Erscheinungsdatum
- 12.07.1900
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159, 12. Juli 1900. Nichtamtlicher Teil. 5251 Reichsstädten an ihrer Freiheit, Ehre und Gut gern Schaden thue, darauf hin, daß er ein bürgerfreundlicher Mann, ein Verfechter bürgerlicher Rechte und Freiheiten ist. Aus alle dem kommt Wyß zu dem Schluffe, daß Gutenberg, auf den alle diese Eigenschaften passen, der Verfasser und Vorleser des Kalenders gewesen ist. »Der Kalender«, sagt Wyß, »war durch seinen Inhalt geeignet, zugleich mit den cyprischen Ablaßbriefen verbreitet zu werden, mochte also immerhin etwas einbringen, falls mit den Ablaßkommissaren ein entsprechendes Abkommen getroffen worden wäre.« Wir kennen nun freilich für das Jahr 1454 keinen Drucker, wenn er nicht Gutenberg sein soll, wenngleich die erhaltenen Ablaßbriefe aus 1454 und 1455 mit zwei ver schiedenen Druckapparaten hergestellt worden sind. Gegen die Annahme von Wyß erhebt sich übrigens eine Schwierig keit, die er auch selbst zugesteht. Der Apparat, mit dem die sechsunddreißigzeilige Bibel gedruckt ist, hat keine Type für die Majuskel 2, während in der zweiundvierzigzeiligen Bibel dieser Buchstabe vorkommt. Der Drucker des Türkenkalenders behalf sich an den Stellen, wo er 2 hätte setzen müssen, mit Or, das hätte der Drucker, der gleichzeitig im Besitz der Typen der zweiundvierzigzeiligen Bibel war, nicht nötig ge habt. Auf dies Bedenken giebt es keine andere genügende Erklärung, als die Annahme, diese Typen seien zur Zeit des Kalenderdruckcs vollauf in Anspruch genommen gewesen. Wyß nimmt an, daß der Druck der sechsunddreißig zeiligen Bibel aus Mangel an Mitteln mehrfach unterbrochen worden sei und daß man mit denselben Typen zwischendurch kleinere, leicht verkäufliche Schriften druckte. Als solche nennt er den Laxierkalender auf das Jahr 1457, also Ende 1456 gedruckt (Unikum in der Pariser Nationalbibliothek), den Pariser siebenundzwanzigzeiligen Donat mit der wahrschein lich gefälschten Jahreszahl 145 l, fernere siebenundzwanzig- zeilige (Teile im britischen Museum) und einen dreißigzeiligen Donat (Blockteil in der Mainzer Stadtbibliothek) und einen angeblichen fünfundzwanzigzeiligen Donat. Wenn auch die Wyß' Vermutung, daß der Türkenkalender von Gutenberg gedruckt worden sei, eine ganz natürliche und einleuchtende Annahme ist, so reichen die geltend gemachten Gründe zu einem, einen anderen Herausgeber ausschließenden Nachweis des Druckers doch noch nicht hin; wird es doch immer wahrscheinlicher, daß es damals schon neben Guten berg einen andern, uns unbekannt gebliebenen Drucker gab, der die 36zeilige Bibel gedruckt oder doch begonnen hat. Ebensowenig scheint mir das bei dem zweiten, von Wyß Gutenberg zugeschriebenen Druck zuzutreffen, einem deutschen Cisianus, dem Gegenstand der folgenden Ausführung. Die katholische Kirche hat für jeden Tag des Jahres einen Heiligen zur besonderen Verehrung bestimmt, und die Reihenfolge dieser Heiligen mußte man im Mittelalter kennen, um die Datierung auszudrücken. Ebenso wie man statt mit Nummern die Häuser mit Namen bezeichnete, so bezeichnete man auch Daten mit den Festen der Heiligen, die an den betreffenden Tagen verehrt wurden. So ist z. B- der Urteils spruch des Straßburger Rates in dem Prozeß Dritzehen- Gutenberg statt mit dem 12. Dezember 1439 wie folgt datiert: Datum vixil. Dusio st Otilis ^.nno XXXIX, d. h. also, da die Feste Lucie und Otilie auf den 13. Dezember fallen und Vigilie den Tag vor den Festen bedeutet, am 12. Dezember. Um nun diese Reihenfolge der Heiligen leichter sich einprägen zu können, hatte man sie schon früh, im vierzehnten Jahrhundert, nach italienischem Muster in Gedächtnisverse gebracht, und diese wurden in den Schulen gelehrt. Anfangs waren die Verse, meist auf Kosten eines vernünftigen Sinnes, so gedrechselt, daß jede Silbe einen Tag bedeutete. Manche Tage hatten noch keinen Heiligen, die entsprechenden Silben waren dann ohne Bedeutung. So lauteten z. B. die zwei Hexameter für den Monat Januar in einer Gedächtnishilfe aus der Mitte des vierzehnten Jahr hunderts: Oisio llrmus 8 pi 81 bi vsn äi oat Oe I?« u Ilan ^11 ki'isea k'uki Viuesnt Dim ?u>Uu8 nobils lumen. Die fettgedruckten Stellen sagten dem Kundigen: das Fest viroumeisio — Beschneidung des Herrn ist am 1. Januar, Upipbavis — Drei-Königenfest ist am 6, Ootava — die Oktav des letztgenannten Festes ist am 13., das Fest des heiligen Felix fällt auf den 14., Marcellus auf den 16., Antonius auf den 17. Januar u. s. w. Solche Gedächtnisverse nannte man nach den korrum pierten Namen im Anfänge OisiojaiE. Da so sinnloses Zeug nur schwer zu lernen war und die Cisiojani oder kurz Cisiaui in dieser Form kaum noch als eine Erleichterung bei der Aneignung der notwendigen Kenntnis betrachtet werden konnten, so verbesserten ihre Nachahmer in deutscher Sprache sie dergestalt, daß man nicht mehr eine Silbe, sondern ein Wort jedem Tage widmete. Sie behielten aber den Namen des Originals bei und erlangten im Mittelalter eine sehr starke Verbreitung; aber sinnreicher wurden sie nur in sehr bescheidenem Maße. Endlich gab es außer diesen Wort- auch Vers-Cisiani, von denen das bekannteste das heilige Namenbuch des elsässischen Dorfschulmeisters Konrad Dangkrotzheim (tz 1444) geworden ist. Von den Wort-Cisiani haben sich vier aus alter Zeit gedruckt erhalten. Sie befinden sich in der Nationalbibliothek in Paris (Ausgabe von Günther Zainer in Augsburg 1470), in der Stadtbibliothek zu Zürich (aus dem Jahre 1539, o. O.), in der Stadtbibliothek zu Neustrelitz (ein Baseler Druck um 1550) und in der Universitätsbibliothek zu Cambridge (o. O. u. I.). Den letztgenannten Cisianus erklärt nun Wyß für ein von Gutenberg gedrucktes Werk.*) Nach seinen Mitteilungen wurde dieser Cisianus im Jahre 1870 für die Universitäts bibliothek zu Cambridge bei dem Antiquar Troß in Paris für 200 Franken erworben. Ein einseitig bedrucktes Pergamentblatt, dessen Hinterer Teil nahe den Zeilenschlüssen starke Beschädigungen aufweist. Vermutlich war es in den inneren Deckel einer Inkunabel eingeklebt. Von seinen Schicksalen ist nichts Näheres bekannt. Es sind die abgenutzt aussehenden Typen der sechs unddreißigzeiligen Bibel, die uns hier wieder entgegenblicken, aber nicht in der schönen Ausstattung wie im Türken kalender. Auf eine Titelzeile folgen nach einzeiligem Zwischen raum sechsunddreißig Zeilen Text, je drei für den Monat, dessen Name vor der mittleren steht und auf die drei durch einen sie fassenden, vom Rubrikator gemalten Bogen be zogen wird. Das ist genau die Einrichtung wie beim Laxierkalender für 1457, der überhaupt genau dieselbe Druckerpraxis aufweist. Ebenso genau stimmt Sprache und Druckerpraxis mit dem Türkenkalender für 1455 überein. Wie dort, sagt Wyß, ist die Sprache ein mit aleman nischen, ich will gleich sagen Straßburgischen Elementen durchsetztes Rheinfränkisch. Die Einzelheiten in Lauten und Schreibung stimmen bis auf kleinste. Nur scheint der Straßburgische Einfluß etwas stärker. Die Namen der Monate nnd ihre Orthographie sind genau dieselben wie im Türkenkalender. Dennoch ist der Kalender, der dem Cisianus zu Grunde liegt, nicht der Straßburgische, sondern der Mainzer. Woraus schließt nun Wyß, daß der Druck schon vor *) Ein deutscher Cisianus für das Jahr 1444, gedruckt von Gutenberg, von Arthur Wyß. (Drucke u. Holzschnitte des XV. u. XVI. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung V). Straßburg, I. H. Ed. Heitz (Heitz L Mündel). 1900. 4°. 19 S. u. 1 Tafel. 704»
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