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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.07.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-07-10
- Erscheinungsdatum
- 10.07.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19020710
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5580 Nichtamtlicher Teil. ov 157, 10, Juli 1S02 Gründen von Wichtigkeit, In erster Linie geben Inhalt, Form und Verbreitung der Tageszeitungen schätzenswerte Winke für den litterarischen Geschmack des Publikums; in zweiter haben die Zeitungen durch ihre Bücherbesprechungen einen wesentlichen Einfluß ans den Büchcrabsatz, und endlich wird die Wirksamkeit der Bücheranzeigen für jeden Buch händler ein Gegenstand von großem Interesse sein, — So hoffe ich denn, mit nachstehenden Skizzen aus dem Wiener Zcitungswesen manchem reichsdeutschen Leser des Börsen blatts gelegen zu kommen. In allgemeiner Erinnerung steht noch, daß nach viel jährigen heißen Kämpfen am 81, Dezember 1899 der öster reichische Zeitungsstcmpel — ein Kreuzer pro Nummer — fiel; am 1, Januar I960 erschienen unsere Zeitungen zum ersten- male ohne diese Abgabe, dis für die größeren Blätter, mit einem Einzelpreise von vier bis sechs Kreuzer pro Nummer, eine drückende gewesen war und das Bestehen wohlfeilerer Blätter überhaupt unmöglich gemacht hatte. An die Be seitigung dieser lästigen Fessel hatten nicht nur das Publikum, sondern auch das Druckgewerbe, die Papierfabrikatiou rc, große Hoffnungen geknüpft, — die sich zumeist als trügerisch erwiesen. Die Mehrzahl der Tagesblätter ließ die erwartete Preisermäßigung nicht cintreten — unter der Begründung, daß die Herstellungskosten seit Jahren erheblich gestiegen wären; manche leisteten ihren Lesern durch Erweiterung und Ausgestaltung des Blattes Ersatz für den ersparten Kreuzer, über dessen Zahlung sie vorher arg gejammert hatten, — Neue Blättcrgründungen, die man in großer Zahl erwartet hatte, tauchten garnicht aus, bis auf den vollständig unzuläng lich geführten --Lokalanzeiger-, der sein Erscheinen auch bald wieder einstellte. Ein neuerlicher Versuch aus diesem Gebiete — und zwar ein radikaler — ei» Blatt für zwei Heller (— 1 Kreuzer) wurde im Frühjahr von ein paar beherzten Leuten, mit dem von mancherlei Unternehmungen her bekannten I, Schnitzer an der Spitze, gemacht. Die »Neue Zeitung für Jedermann aus dem Volke« — dies war der Titel; das Publikum nannte sie einfach die »Krcuzcrzeitung« — führte sich günstig ein; Format der »Neuen Freien Presse«, vierspaltig gedruckt, mindestens acht Seiten, am Sonntag bis sechzehn Seiten, darunter eine belletristische Beilage mit größtenteils annehm barem Lesestoff, Der Hauptwert wurde aus kurze, knappe Form der Nachrichten und Artikel gelegt. Keine langatmigen, phrasen haften Leitartikel, keine schwülstigen, gelehrten Feuilletons, sondern ähnlich wie in der »Frankfurter Zeitung» ein soge nanntes -Kleines Feuilleton- mit vermischten Nachrichten, Für Wien eine Neuerung war die an der Spitze des Blattes angebrachte »Kurze Chronik«, Diese brachte, mit Nummern versehen, in fettem Druck eine kurze llebersicht der wichtigsten Tagesereignisse; der ausführliche Bericht hierüber war unter der korrespondierenden Nummer im Blatte zu finden. So konnte der mit der Zeit geizende Leser sich aus dem Blatte das heraussuchen, was ihm in der kurzen Chronik wichtig erschien. Einen Lesestoff von etwa sechs Seiten Großfolio für zwei Heller — es war in der Thal ein unerhört wohl feiles Blatt, Auf der ersten Nummer war die Auflage mit 60 000 angegeben — eine für österreichische Verhältnisse sehr be deutende Ziffer, Aber erste Nummern zählen bekanntlich nicht, und die Pessimisten behielten mit ihrem »Hirtenknabe, dir auch läutet man einmal« Recht! Knapp zehn Wochen nach der Gründung der »Neuen Zeitung» las man in der Nummer vom 4 Juni d. In »Die heutige Nummer der »Neuen Zeitung« ist ihre letzte. Gründe privater Natur, unansgleichbarc Meinungsverschieden heiten zwischen den Eigentümern des Blattes haben die Liquidation des Unternehmens zur Notwendigkeit gemacht,« Aus der Zeitungssprache in gemeinverständliches Deutsch übertragen, heißt dies- Die Unternehmer, welche bereits eine» nicht geringen Betrag in die Zeitung hineiugesteckt hatten, wollten das täglich sich erneuernde Defizit nicht weiter an- wachsen lassen und zogen es vor, die aufgewendete Summe verloren zu geben. Sie wollten nicht warten, bis die Zei tung, von der, wie es heißt, in ihren letzten Tagen noch immer etwa 25 000 Exemplare verkauft wurden, breitere Schichten der Bevölkerung angezogen hätte, und sie befürch teten weitere Verluste. Die Gründe des Mißerfolgs werden verschiedenartig angegeben, Fachleute behaupten, die Artikel wären zu hoch gehalten, den Tagesneuigkciten, dem Gerichtssaal und dem Klatsch wäre zu wenig Raum eingeräumt gewesen; Praktiker meinen, die Unlust der Tabaktrafikanteu — in Wien kaust man bekanntlich die Zeitungen im Cigarrenladen —, eine Zeitung mit einem Nutzen von nur einem halben Heller pro Exemplar zu verkaufen, hätte den Absatz bedeutend geschädigt. Gewiß ist, daß das Eingehen des Kreuzerblattes vielfach im Publikum beklagt wird. Auf dem Stubenring, gegenüber dem österreichischen Museum, erhebt sich seit einigen Wvchen ein eleganter stcbcu- stöckiger Neubau, der an den Seitenmauern die Aufschrift »Gebäude des Neuen Wiener Journals« trägt. Dieser Ring straßenpalast bezeugt augenfällig die großen Erfolge der Ham burger Firma Lippowitz L Löwenstein, die vor zehn Jahren den kühnen Versuch machte, einen neuen Zcitungstyp in Wien einzuführen. Mit dem Neuen Wiener Journal sollte in Wien die Gattung des Berliner Lokalanzeigers eingefühlt werden. Bis zu jener Zeit kannte man in Wien nur Blätter, die irgend eine Partei vertraten oder doch ver treten wollten. Das Neue Wiener Journal hatte als Pro gramm — dies sind die eigenen Worte des Herausgebers bei dem Festmahle anläßlich der Ucbersiedelung in das eigene Haus — die Programmlosigkeit, Ein Blatt also ohne aus gesprochene politische Richtung, ohne eine politische Anschauung, Die Redaktion legt das Hauptgewicht auf einen ausführlichen Lokalbericht, vermischte Nachrichten aus aller Herren Länder, widmet einen breiten Raum den Vorgängen in den Theatern, im Gcrichtssaal, und will dem Publikum hauptsächlich leichte Kost bieten. Als pikantes Detail erwähnte einer der Re dakteure in seiner Festrede, daß vor zehn Jahren bei Grün dung des Neuen Wiener Journals eine maßgebende Persön lichkeit ihre Kritik des Unternehmens in sehr drastischer Weise geäußert habe. Der Erfolg hat seither den Unternehmern Recht gegeben. Den ausgestellten vier Zwillings-Rotations maschinen, jede im Gewicht von 25 000 Kilogramm, die derzeit den Druck besorgen, wird bald eine fünfte beigesellt werden. Vier elektrische Motoren von je zehn Pferdekrästen setzen die Maschinen in Betrieb, Seit Jahren wird mit der größten Sorgfalt in Wien ein neues Zeitungsunternehmen, von dem im Börsen blatt bereits die Rede war, vorbereitet. Zum Herbst soll das neue Blatt, aus der bekannten Wiener Wochenschrift »Die Zeit« hervorgehend, zu erscheinen beginnen. In der Form der großen reichsdeutschen Blätter, politisch freisinnig gehalten, wird es für die großen Wiener Zeitungen eine empfindliche Konkurrenz bedeuten, zumal das Unternehmen mit einem bedeutenden Kapital (zwei Millionen Kronen) gegründet erscheint und sich bereits die Mitarbeiterschaft her vorragender Schriftsteller gesichert hat. Wem übrigens die Psychologie des Wiener Zeitungsabounenten bekannt ist, der
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