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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.01.1902
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- 1902-01-25
- Erscheinungsdatum
- 25.01.1902
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778 Nichtamtlicher Teil. ^ 20, 25. Januar 1902. Bernhard Hermann in die Lehre. Vom Mai 1853 bis Ende Januar 1855 folgte dann eine Gehilfcnstellung bei Waldemar Türk in Dresden. Die vorzeitige Beendigung dieser Stellung, in der er sich gute Bücherkenutnis erwarb und, wie auch in seiner Lehrstelle, sich der wohlwollenden Förderung des Chefs ! zu erfreuen hatte, erfolgte durch überraschenden Abruf nach ^ New Jork zu Bernhard Westermann, wohin ihn sein Lehrherr empfohlen hatte. Am 21. Februar 1855, nach elftägiger Ozeanfahrt von Liverpool, kam er in seiner neuen Heimat an und wurde zunächst von dem einen seiner neuen Prinzi pale, August Büchner, empfangen, einem Zögling und Mitar beiter der Hinrichsschen Buchhandlung, dem er von Leipzig her schon bekannt war. Auch bei dem andern Chef, Herrn Bernhard Westermann, fand er den freundlichsten Willkomm. Das Haus Westermann L Co. stand im krWigen Wachs tum. Ernst Steiger widmete ihm in gewohnter Weise das volle Maß seiner Arbeitskraft, und sein Eifer hielt ihn regel mäßig bis in die zehnte Abendstunde am Pulte fest. 1859 rückte er zum stillen Teilhaber auf, nachdem er Etablierungs absichten zurückgestellt hatte. Ein Besuch in Europa, wo er Leipzig, Berlin, Dresden, Prag, Frankfurt, Wiesbaden, Stutt gart, Zürich, Paris aufsuchte, unterbrach im Sommer 1859 dieses ruhelose Leben auf 65 Tage. Schon damals war der amerikanische Geist so stark in ihm, daß ihm die Heimat, »die wcltbesprochene deutsche Gemütlichkeit«, nicht mehr ge fiel. Mancherlei Beobachtung schlaffer Geschäftsbehandlung verdroß ihn, und inmitten seines Erholungsurlaubes sehnte er sich zurück nach seinem arbeiterfüllten New Park. — »Ich bin nicht wieder draußen gewesen«, sagt er, »mich zieht's auch nicht; New Dort ist gut genug für mich bis an mein Lebensende.« (!) — Offen gestanden billigen wir diese Ent sagung nicht. Häufigere Besuche in der Heimat hätten Herrn Steiger gewiß belehrt, daß seine Enttäuschung, die ihn zu dieser schlechten Meinung geführt hat, der vorurteilsfreien Prüfung nicht stand gehalten hätte, daß auch in Europa fleißig gearbeitet wird, und zwar kaum weniger gründlich, anhaltend und anstrengend als in Amerika, dem vielbe rufenen Laude des angeblich übermenschlichen Hastens und Jagens, das ja übrigens auch seine Grenze hat. Eine weitere Thatsache, die zur Kennzeichnung der Lebensauffassung Ernst Steigers bemerkenswert ist, wird aus dem Jahre 1860 berichtet, nämlich ein Urlaub von einer Woche zu einer Wanderfahrt in verhältnismäßige Nähe von NewDork. — »Am Sonnabend, den 2l. Juli«, so schreibt er, »kehrte ich zurück, und dies ist der letzte Geschäftstag in meinem Leben gewesen, den ich ganz zum Vergnügen oder zur Erholung verlebt habe. Seit jener Zeit habe ich mich mit Sonnlagen, Feiertagen und im Sommer dem Sonn abend Nachmittage (gesetzlichein Halbfeiertag) begnügt; damit habe die nötige Erholung vollauf gehabt.« — Das war, wohlgemerkt, 1860, also vor 42 Jahren! Die Beschränkung der Erholung selbst eines sehr ange strengten Arbeiters auf die Feiertage und die 52 Sonntage im Jahre, insbesondere in Anbetracht der beträchtlichen Er weiterung eines jeden dieser Ruhetage um den Nachmittag des Vortages dürfte immerhin genügen, den Mann gesund und bei Stimmung zu erhalten. Allerdings muß vorausgesetzt werden, daß diese freien Tage auch iu voll kommener Freiheit genossen werden können. Das trifft aber bei Herrn Steiger nicht zu. Im Gegenteil hören wir ihn viel von fast regelmäßiger, oft bis in den Abend aus gedehnter Sonntagsarbeit und ihrem geschäftlichen Nutzen erzählen. Noch eins übersieht er wohl: den belebenden und bildenden Wert einer Reise. Auch der vielbelcsene, erfahrene, weltklnge Mann sollte sich nicht auf das täglich wiederkehrende Einerlei seiner beruflichen, geselligen und andern Pflichten beschränken. Die in solchem Einerlei immerhin verborgene Mannigfaltigkeit der Vorkommnisse genügt dem Anspruchs volleren nicht. Wie der ermüdete Körper des Luftwechsels bedarf, so verlangt auch der strebende Geist nach reicherem Sccncnwechsel, und zwar im belebenden Besitz einer ge- i nügenden Spanne Zeit zu völlig freiem Genießen. Die graphische Anschauung, wie Zeitung, Buch, Bild sie geben, soll durch Anschauung der lebendigen Natur ersetzt, Alpen, Meere, Städte, Länder, Völker müssen in ihrer Wirklichkeit, geschaut, in der vollen Größe, Schönheit und Eigenart ihrer Erscheinung ausgenommen werden, anderer Leute Lebens gewohnheiten und Anschauungen sollen zu unserer persön lichen Kenntnis kommen und gewürdigt werden. Das erfrischt nicht nur, sondern das belehrt auch, bringt neue Gedanken, bildet in hohem Maße, weckt Duldung und Wertschätzung anderer Meinung, erhebt über kleinliche Auffassung und vielerlei Steine des Anstoßes, die dem tagaus, tagein an seine fast immer gleiche Arbeit Gefesselten zahlreich im Wege liegen. Auf der andern Seite freilich, und das soll hier mit voller Anerkennung hervorgehoben sein, giebt das Bekenntnis Steigers zur Bewunderung Anlaß. Zur Bewunderung eines ungeheuren Maßes von Arbeitseifer und Arbeitskraft, deren rücksichtsloser Verwendung gegenüber wir nur zu wünschen haben, daß sie der leiblichen Gesundheit des Inhabers nicht schade. Grade als fürchte er an sich die Bewährung des Sprüchleins »Rast' ich, so rost' ich«, so hat sich Steiger seit jener lange zurückliegenden Zeit keinen Geschäftstag Ruhe gegönnt, und dabei opfert er, wie bemerkt, häufig auch den Sonntag dem erbarmungslos seine persönliche Arbeit fordernden Geschäft. Die Arbeit ist ihm Lebensbcdingung, Lebensgenuß. Das Bewußtsein, seine Pflicht als Chef eines großen Hauses gewissenhaft erfüllt, von allen Vorgängen Kenntnis genommen und die Arbeit der Gehilfen für den folgenden Tag persönlich vorbereitet zu haben, befreit ihn von Sorge, giebt ihm Schlaf und stärkt ihm Leib und Seele. So steht er denn morgens pünktlich um 8 Uhr an seinem Platz und ist abends der letzte, der ihn verläßt, immer gegen wärtig und für jedermann zu sprechen. Es ist sein Ideal eines Geschäftsmanns, und wir stehen nicht an, diese Aus dauer zu loben und ihr einen wesentlichen Teil der Erfolge zuzuschreiben, die er als Fremder auf dem schwierigen Boden des amerikanischen Geschäfts gehabt hat. Er selbst bekennt das oft genug in seinem Buche, und nament lich betont er mit berechtigter Befriedigung, daß er durch diese Allgegenwart manches Unheil habe verhüten können, das anderen, Sorglosen, gefährlich geworden sei. Junge und auch ältere Geschäftsleute würden nur ihreni Vorteil dienen, wenn sie sich gleichen Ernstes in Wahrnehmung ihrer Pflichten befleißigen und sich Steiger zum Vorbilde nehmen möchten. — Am 30. Dezember 1865 trat Steiger aus dem Wester- mannschen Geschäfte aus, in dem er elf Jahre lang geivirkt hatte. Schon vorher, seit dem September 1863, hatte er neben seiner Teilhaberschaft bei Westermann L Co. eine von F. W. Christern erworbene, entfernt liegende Zeitungs handlung: »Joseph Wieck, ^gsot«, 17, North William Street, betrieben. Er ließ das Geschäft durch Wieck führen, widmete ihm aber persönlich seine Abende. Am 1. Januar 1866 begann er auf dieser Grundlage unter seinem Namen den Import deutscher Zeitschriften und Bücher, und das Geschäft entwickelte sich, wie er versichert, ausnehmend gut. Karl Goepel aus Stutt gart, der ihn besuchte, verschaffte ihm beim süddeutschen Ver lagshandel Kredit, in Leipzig sorgten andere Freunde dafür, und wie wir erfahren, nahm er den deutschen Kredit in nicht geringem Grade in Anspruch. Es wollte in der That schon etwas heißen, wenn beispielsweise Ernst Keil ihm, einem An fänger, so viel Vertrauen schenkte, daß dieser Anfänger ihm Ostermeßsaldi bis zu 14000Thaler auf einmal zu zahlen hatte.
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