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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.07.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-07-16
- Erscheinungsdatum
- 16.07.1904
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- Deutsch
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^ 16S, 16. Juli 1S04. Nichtamtlicher Teil- K11L in den Wettbewerb einzutreten; dieser eine große Erfolg wiege alle erdenklichen Nachteile auf. »Erst durch die Presse ist die gewaltsame Unterdrückung der Idee, dieses gefährlichste Hemmnis kulturellen Fort schrittes. dauernd unmöglich geworden; die Presse ist das stärkste Bollwerk der Freiheit des Denkens, die Hk-beas oorpus-Akte des menschlichen Geistes.- Er hebt hervor, daß nunmehr, nach Abstreifung der Fesseln der Entwicklungs prozeß der Menschheit beschleunigt vor sich gehe, daß »der Kampf der Meinungen. Sieg und Niederlage sich in un vergleichlich rascherem Tempo vollziehen als ehedem«. Die Verirrungen der Völker haben nicht mehr Zeit genug, sich zu vertiefen, sich ein- und auszuleben, wie ehemals. Die Raschheit und die Intensität, mit der heutzutage eine Idee Verbreitung findet, stellen das große Übergewicht gegenüber früheren Epochen dar. Anderseits betont er. daß die Überfülle an Subjektivismus in der Presse nach einer bestimmten Richtung hin einen üblen Einfluß auf die geistige Verfassung des Lesers ausübe. »Die Gewißheit, tagtäglich eine Anzahl fertiger An sichten über Tagesfragen in gefälliger Form vorgesetzt zu erhalten, erzeugt in dem lesenden Publikum nur zu leicht eine intellektuelle Unselbstständigkeit und eine Abneigung gegen jenen geistigen Kraftaufwand, der zur Gewinnung einer eigenen Meinung erforderlich ist. Es fehlt oder es verkümmert jene Gymnastik des Geistes, jene Schulung der kritischen Fähigkeiten, die doppelt wünschenswert ist in einer demokratischen Gesellschaftsordnung, in der die Völker ihres Glückes Schmied sein sollen. Eine weitere Folge ist dann jene weitgehende Nivellierung der Anschauungen, die zweifellos unserer Zeit einen öden und schalen Beigeschmack verleiht. In diesem Punkte fällt der Vergleich mit den Vorfahren zu unfern Ungunsten aus. Die Produktion billiger Massengüter ist, wie in der Industrie, auch im geistigen Leben die vorherrschende geworden. Es ist ja wahr, das Wissen der Gegenwart steht quantitativ un endlich hoch über dem früherer Zeiten; die Menge der Kenntnisse und Erkenntnisse ist gestiegen, das Ausmaß des Durchschnittswissens der einzelnen ist gewachsen, die Zahl der unterrichteten Individuen ist absolut und relativ größer als ehedem. Aber die Qualität des Denkens von einst ist eine bessere, feinere, adligere. Die Zahl der Ge bildeten mag früher geringer gewesen sein, aber sie dachten selbständiger als wir, weil sie nicht in demselben Maße wie wir den Gefahren einer unaufhörlichen Beeinflussung ihrer Ansichten preisgegeben waren, einer Beeinflussung, der gegenüber es immer schwerer wird, ein -Eigener« zu bleiben. In diesem heutigen Geschlechts der Zeitungsleser gedeihen nicht mehr so leicht jene kühnen Geistestaten, die. aus der mächtigen Denkkraft eines geschlossenen Ich entsprungen, die Anschauungen der ganzen Menschheit in neue Bahnen zu lenken vermochten.« Wenn Löbl diese ernstliche Gefahr für die Denkfähigkeit und Selbständigkeit der Leser noch wesentlich erhöht erblickt durch den Umstand, daß bei der außerordentlichen Raschheit, mit der die moderne Tageszeitung Urteile schöpfen und formulieren muß, diese naturgemäß nicht immer gründ lich und folgerichtig sein können, so weiß ich nicht, ob eine derartige allgemeine und fortgesetzte Schädigung der Persön lichkeit gegenüber der Gesamtleistung der Presse in geistiger Hinsicht nicht schwerer ins Gewicht fällt. Die Presse hat mitgeholfen Denkfreiheit zu schaffen, sie hat die gewaltsame Unterdrückung der -Idee- unmöglich gemacht, sie übt jedoch selbst in ihrem stufenweisen Wachsen einen sich fortgesetzt steigernden schlimmen Einfluß aus. Aus der so laut ge priesenen Befreiungstat wird das Gegenteil, wird geistige Knechtschaft, deren schließlich? Folgen noch nicht abzusehen sind, die jedoch sicher nicht weniger Gefahren bringen für die geistige Beschaffenheit eines Volkes, als jene frühere »gewaltsame« Hinderung. Löbl verweist noch auf eine Äußerung von F. von Holtzendorff. der vor Jahren schon in einem Aufsatze über die englische Presse auf diese Gefahr, die in der suggestiven Gewalt der Presse eines Landes und ihrer fortgesetzten Be einflussung der Leser für die Geistesbildung der letzteren liegt, hinweist; -Preßfreiheit verlangt nicht bloß ungehinderten Meinungsaustausch gegenüber der Staatsgewalt, sondern auch Unabhängigkeit des Urteils in den lesenden Per sonen gegenüber den von den Parteiblättern verfochtenen Ansichten. Könnte es jemals geschehen, daß die Presse ausschließlich die Meinungen des den einzelnen Partei blättern zugehörenden Leserkreises beherrschte, daß der Geist der Kritik durch die blinde Hingabe an den Leit artikel erstickt würde, so wäre die öffentliche Meinung nur der beschönigende Ausdruck für eine neue Form der Knechtschaft.« Nun. es wurde bereits ausgeführt, daß wir uns diesem Stadium ganz bedenklich genähert haben oder gar schon ganz darin eingetreten find, und die vorstehend an geführten Ausführungen eines Mannes, der die Zeichen der Zeit zu verstehen wohl imstande ist. bestätigen den Wider spruch in den sonst so lichtvollen und scharffinnigen Dar legungen des Verfassers von »Kultur und Presse», der übrigens selbst die zwingende Notwendigkeit von Reformen fühlt und zum Ausdruck bringt. Er erblickt ein »teilweise« wirksames Gegenmittel gegen die verheerende Wirkung der Tagespresse auf die Geistesbildung der Völler in dem Be stände einer gut redigierten Wochenpresse sowie in den Halbmonats- und Monatsschriften. Diese sind jedoch meines Erachtens nur in ganz geringem Maße imstande den Einfluß der Tagespresse abzuschwächen, da sie nur für einen verhältnismäßig geringen Prozentsatz von Lesern in Frage kommen. Im übrigen steht die Tagespresse auf einer Stufe der Entwicklung, auf der sie selbst den ernstesten und von der zwingendsten Notwendigkeit gebotenen Versuchen, sie in ihrem Wirkungskreise zu beschränken, spotten kann und spottet. Was F. v. Holtzendorff ferner bei der bereits er wähnten Gelegenheit äußert; »Die Besorgnis, daß eine unselbständige Menge aus die Parteilehren der Tagespresse sich vereidigen lasse, ist nur dadurch zu beseitigen, daß der Staat durch einen vom blinden Autoritätsglauben befreienden, die Beobachtungs gabe entwickelnden Unterricht jene Freiheit des Geistes sicherstelle, die die Völker davor bewahrt, sich selbst in die Knechtschaft zu begeben . . . .» gibt Löbl Veranlassung, die moderne Tagespresse gewisser maßen zu entschuldigen. Sie setze lediglich das Werk der Schule fort, die auf Grund einer bestimmten, bei allen Völkern gleichmäßig geübten Erziehungs- und Unterrichts methode. nämlich in steter systematischer Durchdringung des Geistes mit fremden Anschauungen, den Schüler von der Elementarschule bis hinaus zur Hochschule mit angelernten fremden Urteilen, Bewertungen und Taxierungen vergifte. Ob nun das Urteil richtig sei oder falsch, es sei jedenfalls ein fremdes. »Anschauungen, die erst den Schlußstein eines selbst ständigen. strengen Gedankenprozesses bilden sollten, werden halbreifen Knaben und Mädchen als ein fertiger Lehrstoff eingedrillt. Im historischen Unterricht z. B. lernen sie nicht bloß die feststehenden Tatsachen etwa der römischen 8VS»
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