Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-10-07
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1904
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19041007
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190410079
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19041007
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-07
- Monat1904-10
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
234, 7. Oktober 1904. Nichtamtlicher Teil. 8555 getreten war, und der glänzende Festabend im Wiener Rat hause. Durch den ungezwungenen Berkehr zwischen den Lenkern des Staats und den Rittern der Feder, sowie durch die bunte Mischung der Vertreter der Presse der verschiedensten Länder untereinander wurde einer der Zwecke des Kongresses, die Anknüpfung persönlicher Beziehungen und dadurch die Arbeit im Dienste des Völkerfriedens und der Betonung der allgemeinen Menschenrechte, entschieden gefördert. Zählt man noch dazu eine Reihe andrer Festlichkeiten, die Vorstellungen in der Hofoper und im Hoftheater, die allerdings durch das regnerische und frostige Wetter anfänglich stark beeinträchtigten Ausflüge in die Wachau, auf den Semmering und von da in das Salzkammergut und nach Salzburg, so begreift man, daß die gewaltig angefüllten Tags und Abende, die die Teil nehmer in Wiens Zauberwelt und in den Schönheiten seiner näheren und weiteren Umgebung verbrachten, nur zu rasch vergingen und nur eine traumschöne Erinnerung an die ge nossene großartige Gastfreundschaft zurückließen. Für die Arbeiten, denen dieser Bericht in erster Linie gewidmet ist, waren daher die Vorbedingungen in einem solchen Milieu keine günstigen. Sie bildeten für viele Kongreßleute, die mit ihren Damen gekommen waren, um eingestandenermaßen Wien zu besuchen, ein notwendiges Übel, dem man möglichst aus dem Wege ging. Durch Anwesenheit glänzten von ca. 500 Preßvertretern nur einige Dutzend, die sich in einzelnen Sitzungen bis auf zwei Dutzend reduzierten. Die Berichte waren nicht, wie beim letzten Berner Kongreß vor zwei Jahren, den Delegierten einige Wochen vorher zu geschickt worden; sie waren auch nicht gelesen oder gar studiert, was allerdings gewisse Vertreter durchaus nicht hinderte, in Wien gleichwie in früheren Kongressen mit manchmal durch keine Sachkenntnis getrübten, im letzten Augenblick mangelhaft und flüchtig zu Papier geworfenen Abänderungsvorschlägen die ohnehin schwierigen Debatten noch mehr zu verwirren. Ferner konnten es einige Berichterstatter nicht über sich gewinnen, ihre gedruckt vorliegenden Berichte nicht vom ersten bis zum letzten Wort abzulesen, bei welcher voll inhaltlichen monotonen Lektüre dann erfahrungsgemäß Un ruhe und Unaufmerksamkeit entsteht. Wieder einmal wurde nun das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und nach einer zweifelhaften Abstimmung der an frühem Kongressen schon vielfach gestellte, aber immer wieder verworfene Antrag in Wien schließlich angenommen, die Berichterstatter sollten nur ihre Schlußanträge lesen dürfen, wobei nun wieder die jenigen, die vor der Sitzung nicht einmal in den Bericht geguckt haben, nicht auf ihre Rechnung kommen. Und doch wäre es so einfach, einen Mittelweg einzuschlagen und von den Referenten eine kurze Zusammenfassung des Inhalts des gedruckten Berichts zu verlangen. Ferner wurden in den eigentlichen Sitzungen viel zu viel Komplimentierreden und persönliche Ovationen zugelassen, deren Weihrauchduft nur momentan berauschend auf einzelne der menschlichen Verhimmelungsschwäche besonders zugängliche Gemüter wirkt. Dadurch wurde einem Kultus geopfert, den die Vertreter der Presse bei andern Sterblichen scharf zu kritisieren pflegen, wenn sie ihn nicht gar mit einem überlegenen, sarkastischen, skeptischen oder mitleidigen Lächeln betrachten. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß das Sitzungslokal gewechselt werden mußte, weil die Parlamentshalle zwar wohl imposant, aber durchaus unakustisch war und das Ge summe der Stimmen der in den Wandelgängen Prome nierenden die Debatte sehr störte. In dem später bezogenen Sitzungssaal des Budgetausschusses dominierte das Bureau zu wenig. Endlich wechselte der Vorsitz, um der nationalen Eitelkeit zu schmeicheln, in jeder Sitzung unter den Vize präsidenten der verschiedenen Länder und manchmal in der gleichen Sitzung unter verschiedenen Vizepräsidenten ab, was eine einheitliche Beherrschung der Tagesordnung und Ver sammlung, namentlich bei Unkenntnis der Landessprache des Kongretzorts zur absoluten Unmöglichkeit machte. Wir schreiben diese Bemerkungen hier nicht nieder, weil der Kongreß etwa schlechter gewesen wäre als mancher andre dieser oder ähnlicher internationaler Vereinigungen, sondern damit zu Nutz und Frommen der Allgemeinheit solche Fehler vermieden werden können; dann aber auch in der Erwartung einer bessern Organisation, die denjenigen, denen Reden und Empfänge nicht alles sind, weniger Ent täuschung bereiten soll. Dies ist, wie der achte Kongreß in Bern 1902 gezeigt hat, bei gutem Willen durchführbar. Die Arbeiten. 1. Schiedsgerichte. Nach dem Generalbericht des hochverdienten Sekretärs des Zentralausschusses, Herrn Victor Taunep aus Paris, der trotz fast anderthalb jähriger schwerer Erkrankung, meist vom Schmerzenslager aus die Geschäfte der Vereinigung mit der größten Hingabe geführt hatte, gelangte in der ersten Arbeitssitzung der Be richt des Präsidenten über die Schaffung von Schieds gerichten zur Beratung. Herr Singer hatte schon in Bern nach einem trefflichen Referat über die »Berufswürde in den Preßfehden» die Vereinigung dazu gebracht, grundsätzlich sich für die Institution der Schiedsgerichte auszusprechen; er legte nunmehr einen besondern Entwurf eines Statuts für journalistische Schiedsgerichte in 29 Artikeln vor. Da von ähnlichen Einrichtungen innerhalb der Verlegerkreise und vielleicht sogar vom internationalen Verkehr der Verleger von Land zu Land gesprochen werden wird, und von schieds gerichtlichen Einrichtungen in den Beziehungen zwischen Autor und Verleger in Deutschland gegenwärtig die Rede ist, so darf das Thema und die versuchte Lösung wohl all gemeines Interesse beanspruchen. Herr Wilhelm Singer geht von dem Grundgedanken aus, »daß wir in Dingen der Presse uns nach Möglichkeit von einer allzu starren oder unzureichenden staatlichen Recht sprechung emanzipieren und eine autonome Gerichtsbarkeit anstreben müssen», auch wenn die juristischen Autoritäre dem Zuge nach Spezialgerichtsbarkeiten als einer Lockerung der zentralistischen Staatshoheit feindselig gegenüberstehen. »Wir wollen, soweit es mit den Gesetzen der verschiedenen Länder vereinbar ist, einen Teil der Gerichtsbarkeit, be treffend die Presse, selbst in die Hand nehmen und eine Institution schaffen, welche gerade dadurch dem Recht seinen wahren Inhalt geben soll, daß sie die Wünsche und Bedürf nisse der Presse sowie ihr reales Leben zur Grundlage ihrer Urteile macht. . . Unsere Gerichtsbarkeit soll eine Er gänzung jener des Staates bilden, soll die Härten mildern, die die Staatsgesetze der Presse zufügten, soll die Lücken ausfüllen, die die starre Einseitigkeit der offiziellen Gerichts barkeit offen ließ, und endlich in einer Unzahl von juristisch nicht faßbaren Fällen, die aber für uns gleichwohl von eminentestem Interesse sind, Recht sprechen und Urteile fällen, die vermöge ihrer rechts- und sittenbildenden Kraft eine spätere wohltuende Kodifikation vorbereiten sollen.« Unter dieser autonomen Gerichtsbarkeit ständen einmal alle Mitglieder der dem Bunde angehörenden Vereine, aber auch andre außerhalb des Bundes stehende Personen, wenn sie der Forderung Folge leisten, sich dem Standes gericht zu stellen. Leisten sie dieser Aufforderung keine Folge, so kann der Gerichtshof durch deklaratives Urteil aussprechen, daß in dem betreffendem Fall der Angeschul digte nach den in der Presse herrschenden Begriffen ein öffentliches Unrecht begangen, d. h. das lebendige Rechts gefühl verletzt hat, auch wenn die Lücken der Gesetzespara graphen die staatliche Rechtsprechung zur Abweisung der 1126»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder