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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.03.1906
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- Ausgabe
- Band
- 1906-03-13
- Erscheinungsdatum
- 13.03.1906
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- Deutsch
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./I/ so, 13. März 1906. Nichtamtlicher Teil. 2679 verlegt, wenn er sich selbst unter diese Räuber gezählt hätte. Er glaubte vielmehr, dem Publikum einen Dienst zu erweisen und auch gegen Goethe nicht unrecht zu handeln, wenn er die Werke, die noch nicht gesammelt Vorlagen, zum ersten mal herausgab. Noch etwas andres spricht für sein gutes Bewußtsein: die Ausstattung seiner Goethe-Ausgaben. Sie sind sorgfältig auf gutes Papier gedruckt, mit liebenswürdigen Stichen von Chodowiecki und andern ersten Meistern ge schmückt und stellen sich so gefällig dar, daß Goethe, als er seine Schriften zum erstenmal selbst herausgab, sie zum Vorbild nahm Der Erfolg ist auch nicht schlecht gewesen; denn in den Jahren 1775, 1777 und 1779 erschienen drei, immer von neuem vermehrte Auflagen, die letzte in vier Bänden. Aber für die Genauigkeit des Textes hat Himburg nicht die nötige Sorgfalt getragen. Der Wortlaut wurde im Laufe der Zeit immer unkorrekter, und da Goethe, als er später selbst seine Schriften herausgab, mit einem gewissen Leichtsinn die dritte Himburgsche Ausgabe zugrunde legte, haben sich fast ein Jahrhundert lang ihre Fehler in alle Ausgaben fortgepflanzt. Besonders der »Weither« ist durch ausgefallene Worte und Sätze, durch die Willkür der Kor rektoren entstellt worden, so daß man erst auf die Original drucke Goethes zurückgehen mußte, um zu erfahren, was er eigentlich geschrieben hat. Die Himburgsche Ausgabe ist wiederum von zahlreichen Nachdruckern in Biel, Frankfurt, Karlsruhe, Reutlingen, Frey stadt wiederholt worden, und was das tollste ist, Himburg hat selbst Nachdrucke seines Nachdrucks veranstaltet, in der Weise, daß er von seinem Satz billige Exemplare abziehen ließ und diese nun als angeblich in »Frankfurt und Leipzig« erschienene unrechtmäßige Ausgaben vertrieb. Derartige Dinge erscheinen uns ja als höchst sonderbar und jedem Rechtsgefühl wider sprechend. Aber wir müssen uns zurückversetzen in die schlimme Lage des Buchhandels jener Zeit. Eine auf blühende Literatur, ein sich stark erweiternder Leserkreis, ein neuer, anspruchsvoller Schriftstellerstand regten die Unter nehmungslust an und erforderten größere Kapitalien als zu vor, und demgegenüber machten die Nachdrucker auf jedes erfolgreiche Buch Jagd, nicht nur unter der Decke, sondern von oben her begünstigt; denn in Wien und in Karlsruhe hielte» die Fürsten sich eigne Nachdrucker, die, teils um die Bildung ins Volk zu bringen, teils um die Erzeugnisse der staatlichen Papierfabriken zu verwerten, mit allen Kräften gefördert wurden. Das alles muß man berücksichtigen, um für die Verwirrung der Begriffe nicht eine Entschuldigung, wohl aber eine Erklärung zu finden. Alles, was versucht worden ist, um Besserung zu schaffen, wie z. B in Sachsen das berühmte Mandat vom 18. Dezember 1773, das den Nachdruck vom Verkehr der Leipziger Messen ausschließen wollte, hat nichts gefruchtet, und als später der ehrenhafte Göschen energisch darauf drang, daß jenes Mandat durch geführt würde, fand er bei der Regierung keine Unter stützung. Georg Joachim Göschen ist der Erste in der Reihe der großen Verleger Goethes, der erste, dem die gesammelten Werke von dem Dichter übergeben wurden. Göschen besaß nicht das geringste Vermögen, als er seine Buchhandlung im Jahre 1785 begründete, und nur die Unterstützung Körners, des Freundes Schillers, machte es ihm möglich, aus der abhängigen Stellung, in der er sich bis dahin befand, zu einer selbständigen Tätigkeit überzugehen. 1785 war die Buchhandlung begründet worden, und im folgenden Jahre wagte es Göschen, den ersten Autor der Zeit um seine ge sammelten Werke anzugehen, und erreichte, daß dieser sie ihm überließ. Wenn wir die literarische Stellung, die Goethe ein nahm, betrachten, so müssen wir uns wundern, daß er sich mit einem so jungen Geschäft einließ. Der Vermittler war Bertuch in Weimar, der eifrige literarische Geschäftsmann. Er hatte erfahren, daß Goethe wegen des Verlags seiner Schriften mit Unger in Berlin verhandelte, und wußte den Dichter zu bestimmen, statt dessen Göschen das Unternehmen zu übertragen. Da dessen Kapital nicht ausreichte, beteiligte sich Bertuch mit einem Drittel an den Kosten und dem Nutzen. In dem Kontrakt vom 2. September 1786 bestimmte Goethe den Umfang der Ausgabe auf acht Bände, das Honorar mit 2000 Talern in Gold. Die Höhe der Auflage wurde dem Verleger überlassen, und zwar sollte neben dem ge wöhnlichen Druck in Kleiuoktav eine Liebhaberausgabe in Großoktav mit von neuem sorgsam revidiertem Text hergestellt werden, die aber nicht erschienen ist Schließlich enthielt der Kontrakt noch die wichtige Bestimmung: »Seine folgenden Schriften wird der Herr Verfasser Herrn Göschen vor andern anbieten, behält sich aber nach den Umständen vor, deshalb besondere Belegungen zu machen«. Der Preis der acht kleinen Bände, die etwa so viel ent hielten, wie unsere Klassikerausgaben jetzt für zwei Mark bieten, betrug für die Subskribenten 6 Taler 16 Groschen, für andere Käufer 8 Taler; dem Sortiment wurde der übliche Rabatt von 33^ Prozent bewilligt. Göschen rechnete auf 1000 Subskribenten; aber es stellen sich nur 572 ein (nicht, wie Viscount Goschen in seiner Biographie des Großvaters sagt, 550), und mit dem Nachtrage im vierten Bande waren es immer noch nur 643. Wir erfahren, daß von der gewöhnlichen Ausgabe 3000 gedruckt worden sind. Außerdem hat Göschen noch eine billigere Ausgabe in 2000 Exemplaren hergestellt, um den Nachdruckern das Handwerk zu legen. Er wollte seine Firma weglassen, hat sie aber schließlich doch auf den Titel gesetzt. Er hoffte, die Nachdrucker genügend einge schüchtert zu haben, um solcher Listen, ähnlich denen Him burgs, nicht zu bedürfen. Am Schluß der Subskription hielt er eine Ansprache an die Herren Nachdrucker, in der er ihnen versichert, daß er schon ganz artige Maßregeln gegen sie genommen habe, und mit den Worten schließt: »Besitzen Sie noch einigen guten Namen in der Welt, so heben Sie ihn gewiß durch eine solche Unternehmung gänz lich auf. Sie sollen so blamiert werden, daß Ihr eigenes Weib, Ihr eigen Kind Sie mit Verachtung ansehen und kein ehrlicher Mann mit Ihnen aus einem Kruge trinken soll«. Das scheint gewirkt zu haben. Wir wissen wenigstens nichts von einer unrechtmäßigen Ausgabe der bei Göschen erschienenen Schriften Goethes, wozu es allerdings bei getragen haben mag, daß das Neue, was der Dichter hier darbot, beim Publikum keinen Anklang fand. Schon die Subskription hatte, wie man sah, nicht den gewünschten Erfolg, was insofern nicht zu verwundern ist, als der Prospekt Punkte enthielt, die ungünstig wirken mußten. Es hieß darin: »6. Band: Egmont unbeendet, Elpenor zwei Akte; 7. Band: Tasso zwei Akte; Faust ein Fragment«. Nun muß man sich vorstellen, wie es etwa wirken würde, wenn heute das Erscheinen einer Gesamtausgabe von Gerhart Hauptmanns oder Sudermanns Werken in Bruch stücken angekündigt würde. Das könnte wohl auch den Absatz nicht besonders günstig föidern, und Göschen hat recht, daß er hauptsächlich dieser Ankündigung den Mißerfolg zuschrieb. Dazu beigetragen hat aber auch die Aufnahme der ersten Bände bei der Kritik. Göschen klagte in einem Briefe an Bertuch, die Iphigenie werde nicht verstanden, der Triumph der Empfindsamkeit gelte als veraltet, die Vögel als zu dunkel. »Der Teufel weiß, was das Publikum will«, ruft er
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