Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.12.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-12-15
- Erscheinungsdatum
- 15.12.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19061215
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190612157
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19061215
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-15
- Monat1906-12
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 291, 15. Dezember 1906. Nichtamtlicher Teil. 13049 (Stadthagen) möglich. Dieser Fall hier ist der erste, in dem der Reichstag der Polizei eine Befugnis gibt, ohne geringsten richterlichen Schutz in die persönliche Freiheit des einzelnen einzugreifen. Ich verstehe insbesondere die Stellung der Herren vom Zentrum nicht, wenn sie nicht dieselben Grundsätze beobachten, die seinerzeit die beiden Gebrüder Reichensperger beobachtet haben, welche bei dem Gesetz von 1854 über den Schutz der persönlichen Freiheit sich mit aller Entschiedenheit gegen eine zu große Polizeiwillkür gewendet haben. Heute aber werfen Sie den Richter hinaus; sie wollen der Polizei plein pouvoir geben. Der Herr Abgeordnete Jtschert hat damals den Fall der Prostituierten angeführt, von dem ich schon ge sprochen habe. Wenn er aber meint, daß im Interesse der Sicherheit und Sittlichkeit das Photographieren solcher Personen notwendig sei, so sollte man eher die Polizei bei Ausübung ihrer sittenpolizeilichen Tätigkeit photographieren. Ich erinnere daran, daß in letzter Zeit ein früherer Polizeibeamter unter seinem Eid in Halle in einer Schwurgerichtsverhandlung bekundete, daß ein dortiger Polizeibeamter Kinder unter 16 Jahren einem Unter nehmer zu geschlechtlichen Zwecken zugeführt habe. In solchen Fällen wäre cs aber dringend wünschenswert, daß die betreffenden Polizeibeamten photographiert würden. Wir können sicher sein, daß aus Grund dieser neuen Bestimmung, ebenso wie man während des Kulturkampfes und zur Zeit des Sozialistengesetzes es haupt sächlich aus politisch mißliebige Personen abgesehen hatte, man auch hier gegen politisch mißliebige Personen und gegen streiklustige oder streikende Arbeiter das Photographieren wider Willen verwenden und sich dann auf diesen Paragraphen berufen wird. Der Reichstag sollte sich doch jedes Eingriffs in die persönliche Freiheit der einzelnen Mitglieder deS Deutschen Reiches enthalten. Wir bitten Sie deshalb, die Worte einzuschalten: dürfen nur auf richterliche Anordnung von Behörden Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten usw. an gefertigt, vervielfältigt, verbreitet usw. werden, und ferner hinzuzusetzen: Die richterliche Anordnung darf nur auf Grund reichsgesetz licher Bestimmungen erteilt werden. Meine Herren, die Strafprozeßordnung bietet ja eine hinreichende Basis, um die von Ihnen angeführten Fälle zu treffen. Für die Vorbereitungen von Steckbriefen ist ja unter Umständen eine ver walten zu lassen. Also ich bitte Sie, daß Sie die polizeiliche Allmacht, wie sie heute schon in Preußen besteht, nicht noch verstärken, besonders in außerordentlich vielen Fällen das Recht der einzelnen Mit glieder und der Allgemeinheit auf Sicherheit aufs tiefste gefährden, und darum möchte ich Sie doch bitten, davon abzusehen, hier der Polizei ein neues Recht zu geben. Meine Herren, gerade das Beispiel, an das der Herr Abge ordnete vr. Bärwinkel erinnerte, der Fall des Hauptmanns von Köpenick, sollte Sie doppelt und dreifach sorgsam machen, bevor Sie der Polizei ein neues Recht geben. So, wie jener Mann von Ort zu Ort aus ehrlicher Arbeit herausgehetzt worden ist unter der Überschrift -Zwecks Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit-, in derselben Weise hat die Polizei hier gewirkt gegenüber politisch Freidenkenden und gegenüber Arbeitern, die gestreikt haben. Geben Sie jetzt von Reichs wegen dieses Blankett, so wird damit die Sicherheit der ein zelnen Bürger und die Sicherheit des Reiches noch mehr unter miniert werden, als sie durch den heutigen Polizeistaat schon unterminiert ist. Ich bitte daher dringend um Annahme unseres Unterantrages. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Präsident: Das Wort hat der Herr Bevollmächtigte zum Bundesrat, Staatssekretär des Innern, Staatsminister vr. Graf o. Posadowsky-Wehner. vr. Graf v. Posadowskn-Wehrrer, Staatsminister, Staats sekretär des Innern, Bevollmächtigter zum Bundesrat: Ich muß mir eine kurze Bemerkung gestatten. Aus welchen Gründen die verbündeten Regierungen auf die Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. Fassung des tz 23, wie sie in zweiter Lesung beschlossen ist. und der Regierungsvorlage im allgemeinen entspricht, Wert legen, habe ich in der zweiten Lesung eingehend auseinandergesetzt. Es ist ein Irrtum, wenn der Herr Vorredner behauptet hat, dieser § 23 enthielte neues Recht. Es ist in dem § 23 lediglich bestehen des Recht festgelegt, und zwar in einer sehr engen Auslegung; für Preußen ist dieses Recht durch das Erkenntnis des Reichs gerichts vom 2. Juni 1899, was ich die Ehre hatte bei der zweiten Beratung vorzulesen, festgelegt. Ich bitte deshalb, den Antrag Albrecht abzulehnen. Sollte derselbe angenommen werden, so vermöchte ich nicht die Zustim mung der verbündeten Regierungen zu dem Gesetz in Aussicht zu stellen. Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Henning. Henning, Abgeordneter: Meine Herren, wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, den der Herr Staatssekretär soeben präzisiert hat. Meine politischen Freunde und ich können unter keinen Um ständen zugebcn, daß dieser Antrag von sozialdemokratischer Seite Gesetz wird. Er verschiebt den ganzen Zweck des Gesetzes. Dieses Urheberrecht soll gar nicht die Allmacht der Polizei erweitern oder verschärfen oder nach Ihrem Antrag ihr entgegentreten, sondern der Paragraph richtet sich zivilrechtlich gegen das Privatrecht des Urhebers. Nur die Überspannung des Urheberrechts soll hier ge troffen werden, weiter nichts; im übrigen bleibt die Rechtslage, wie sie gewesen ist. Wie ist es möglich, in solchen Fällen, die oft sehr eilig sind, den zuständigen Richter zu berufen, wo die Zuständigkeit oft sehr zweifelhaft ist? Also wir können uns auf diese Materie hier nicht etnlassen. Es ist kein politisches Gesetz, sondern ein zivilrechtliches Gesetz. Außerdem umfaßt die Zu sammenstellung von Rechtspflege und öffentlicher Sicherheit die Ge biete der Justiz und der Verwaltung, und die werden hier einer gemeinsamen Zuständigkeit unterworfen. Das alteriert ja die Fundamentalgrundsätze unsrer Rechtspflege überhaupt. (Sehr richtig! rechts.) Aus diesem Grunde können wir den Anträgen von sozialdemokratischer Seite nicht zustimmen. Außerdem ist es doch wirklich sehr erwünscht, daß das Gesetz zu Stande kommt, wie wir es nach vieler Mühe zu Stande ge bracht haben, und daß nicht, wie Sie eben gehört haben, durch Annahme dieses Antrages das ganze Gesetz gefährdet wird. Also, meine Herren, sowohl aus rechtlichen wie aus praktischen Gründen bitten wir Sie, die Anträge der Herren Albrecht und Genossen in allen ihren Teilen abzulehnen und es bei der Be schlußfassung der zweiten Lesung belassen zu wollen. (Bravo! rechts.) Präsident: Das Wort wird nicht weiter verlangt; die Dis kussion ist geschlossen. (Abgeordneter Stadthagen: Ich hatte mich rechtzeitig ge meldet!) — Die Diskussion ist geschloffen über diesen Paragraphen. (Abgeordneter Stadthagen: Zur Geschäftsordnung!) Zur Geschäftsordnung hat das Wort der Herr Abgeordnete Stadthagen. Stadthagen, Abgeordneter: Herr Präsident, zur Geschäfts ordnung wollte ich nur bemerken: ich habe mich deutlich vor dem Schluß der Diskussion gemeldet. Präsident: Cs muß doch nicht so deutlich gewesen sein, daß es hier bemerkt worden ist. (Heiterkeit.) Weder die Herren Schrift führer noch ich haben etwas bemerkt. Wir kommen zur Abstimmung. Ich werde zunächst abstimmen lassen über den Antrag Albrecht und Genossen auf Nr. 603 der Drucksachen, welcher an zwei Stellen des § 23 eine Einschaltung und an einer Stelle einen Zusatz machen will. Dann werde ich abstimmen lassen über den § 23, wie er sich nach den vorhergehenden Abstimmungen ge staltet. — Hiermit ist das Haus einverstanden. Ich bitte also diejenigen Herren, welche nach dem Antrag Albrecht und Genoffen in § 23 nach dem Wort -dürfen- in der Zeile 2 einschalten wollen -nur auf richterliche Anordnung-, sich von ihren Plätzen zu erheben. (Geschieht.) Das ist die Minderheit; der Antrag ist abgelehnt. 1707
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder