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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.08.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-08-13
- Erscheinungsdatum
- 13.08.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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187, 13. August 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 7897 Das schönste Zeugnis gab später Meister Breviere selbst, als er seinen Sohn Emile im Jahre 1841 zu Caspar Braun in die Lehre schickte. Von den 24 Holzschnitten nach Kaulbach und andern, womit Cotta die zwölfbändige Schillerausgabe*) ausstattete, wurde noch ein Teil von Pariser Künstlern ge schnitten, einige jedoch schon von Tony Muttenthaler, und das Bild Maria Stuart zu Füßen Elisabeths trägt Brauns Monogramm. Nach München zurückgekehrt, schloß Caspar Braun seine Wander- und Lehrjahre ab und gründete, sich auf eigne Füße stellend, 1839 mit Hofrat von Dessauer eine xylographische Anstalt, wo alsbald Bestellungen und Aufträge in großer Fülle einliefen. Zu seinen ältesten Gehilfen zählten außer den genannten Rehle und Muttenthaler noch Bernhard Goetz, Josef Wiesmeyer (1822 — 1872), Franz Kreuzer (1819 — 1872), Josef Blanz (1816—1881), Andreas Zwick, Christian Ruepprecht und viele andre. Eine große Anzahl der neuern und neuesten berühmten Holzschneider ist aus diesem Atelier hervorgegangen. Es war eine freudige Wahrnehmung, wie klar und sachverständig diese Künstler ihre ernste Aufgabe er faßten. Vergleicht man beispielsweise die mit einer spröden, faden Nüchternheit von englischen Künstlern xylographierten Randzeichnungen Eugen Neureuthers zu Herders »Cid«** ***) ) mit dem markigen, konturensichern und farbigen Schnitt, womit nach demselben Künstler Goethes Götz und durch Strähubers Kopien der Schnorrbilder die Stuttgarter Prachtausgabe des Nibelungenlieds *'*) — das Titelblatt trägt die Firma Caspar Braun und von Dessauer in München — ausgestattet wurde, so zeigt sich der riesige Fortschritt, den die wieder erweckte deutsche Technik in kurzer Zeit errungen hatte. Später löste sich die Geschäftsverbindung mit Herrn von Dessauer; auch der kranke Rehle schied 1848 aus dem Atelier und starb schon am 20. Dezember des nächsten Jahres. Nun trat Caspar Braun mit dem liebenswürdigen Friedrich Schneider (geboren 10. Oktober 1815 in Leipzig und gestorben 9. April 1864), der damals in einer Regensburger Buchhandlung arbeitete und mit Glück als Jugendschriftsteller sich versucht hatte, in die neue, schon in kurzer Zeit weltbekannt gewordene Firma, die seitdem »Braun L Schneider« hieß und aus der alsbald die »Fliegenden Blätter« hervorgingen. Diese literarische, künst lerische und geschäftliche Vereinigung war eine überaus glück liche und innige. Caspar Braun wie Friedrich Schneider waren zwei geistig und persönlich zwar grundverschiedene, aber gleich tatkräftige und ausgezeichnete Männer, die ein gutes Geschick zu einem guten Ziel führte und die bis zum Tode treu verbunden blieben. Ersterer, eine durch und durch eigenartige, scharfkantig entwickelte Künstlernatur, viel seitig erfahren, und letzterer ein jugendlich strebsamer Mann von reichstem literarischen Wissen. Wie uns Ed. Ille, vor Jahrzehnten einer der Redakteure der »Fliegenden Blätter«, erzählt, war Friedrich Schneider durch sein inniges, warmes Gemüt früh in das Fach der Jugend erzählung geführt worden, und seine bezüglichen Schriften sichern ihm heute noch einen geachteten Namen. Daß ein so inilder, liebenswürdiger und taktvoller Mann in Rat und Tat ein höchst wohltätig vermittelndes Gegen gewicht zu seines Kollegen und Freundes Braun hie und da etwas schroff aufbrausender Individualität bildete, soll hier nicht verschwiegen werden. Die Entstehung der »Fliegenden Blätter«, deren erste Nummer, wie gesagt, am 7. November 1844 in die Welt trat, ist wie so manches andre gleichfalls mit Mythen überwuchert; doch dürfte jene Überlieferung der Wahrheit am nächsten *) Stuttgart 1839. ") Stuttgart, 1838. ***) Stuttgart, 1843. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. kommen, die wissen will, daß die lustigen Illustrationen, womit Caspar Braun eine Zeitlang die Programme der »Frohsinn-Gesellschaft« und die Lieder-Tafel-Produktionen in München auszustatten pflegte und mit denen er ungeteilten Beifall fand, ihn auf den Gedanken brachten, öfter und in zwangloser Weise derartige »Fliegende Blätter«, die von der fröhlichen Jugend sicherlich und gern eingehascht würden, in die Winde zu werfen. Die erste probeweise ausgegebene Nummer, die die zwanglose Reihe eröffnete, gefiel gleich so ausnehmend, daß schon nach acht Tagen die zweite folgte und so in seither eingehaltenem Tempo weiter, bis wir jetzt schon weit über 3200 Nummern in 125 handlichen Quart bänden zählen, — wirklich eine stattliche Bibliothek! Der erste Wurf war glücklich getan. Dessenungeachtet erschien der Erfolg anfangs nichts weniger als gesichert, denn alles Gute reift nur bedächtig, wenn auch unaufhaltsam. Die lieben Münchener, die für die »Fliegenden« zunächst in Frage kamen, lachten zwar über Text und Illustration und freuten sich über jede weitere Folge, hatten aber Sorge, daß wegen Mangel an Stoff der Spaß eines Tages auf hören würde. Doch es kam anders. Die Nummern flogen weit hinaus in die Welt und fanden überall freundlichen Anklang, neues, reiches Material strömte als dankbare Ant wort von allen Seiten zu und wuchs der Redaktion bei nahe über den Kopf. Deutschland hatte bis dahin nichts dergleichen; die wenigen »Pfennig- und Heller-Magazine« mit den unschön abgeklatschten Bildern waren vergessen. Außer der kurz zuvor gegründeten Leipziger »Jllustrirten Zeitung« bestand nichts gleichartiges in dieser Technik in Deutschland.. So fiel dem Münchner Witzblatt bei der damaligen politischen Langweile ein höchst dankbares Publikum aus allen Ecken und Enden des Reiches zu und auch vom Ausland, soweit die deutsche Zunge klingt. Die Titel-Vignette besagt mehr als ein langes Pro gramm; sie ist die Devise des Blattes, und in der Tat werden die »Fliegenden« bestehen, so lange die Redaktion ihrer Richtung treu bleibt. In allen Wechselfällen bewahrten die »Fliegenden« ihren guten Ton, der zur traditionellen Sitte des Hauses wurde. Mit Takt und Glück lavierten sie durch alle Schwankungen der Zeit, sie wurden wie erwähnt vielfach nachgeahmt und kopiert, doch niemals übertroffen. Dieser gute, bis an die äußersten Grenzen des Erlaubten schweifende, diese selten berührende, nie aber darüber hinaus gehende Scherz, schlagende Witz und Humor, durch webt von sinnigem Ernst und dem tiefsten Klang aus dem Menschenherzen, das ist das ästhetische Rezept, der ethische Kern und der Reisepaß, der den »Fliegenden« immer und überall Verehrer gewann. In ihnen spiegelt sich ganz unleugbar ein guter Teil unsrer politischen, sozialen und kulturgeschichtlichen Zustände wieder; sie bilden auch einen Beitrag zur Entwicklung unsrer deutschen Kunst und Literatur überhaupt. Aus dem ungezählten Stabe der meist anonymen oder pseudonymen literarischen Mitarbeiter und Künstler tauchen viele achtbare Namen auf, die jetzt als Größen auf ihrem Gebiete glänzen. Die »Fliegenden Blätter« wurden unter der zielbewußten und geistvollen Leitung Caspar Brauns bald der Sammel- und Brennpunkt der namhaftesten Humoristen und Holzschneider Deutschlands; dem Generalissimus des Humors und der Xylographie schlossen sich zahlreiche geistesver wandte Männer von nah und fern an. Ich nenne hier außer den schon erwähnten nur noch einige besonders klangvolle Namen, die sich weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Ruf erworben haben, und zwar die Zeichner und Maler: H. Spitzweg, H. Dyk, Schmölze, Lichtenhold, Reinhardt, 1030
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