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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1906
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- 1906-04-02
- Erscheinungsdatum
- 02.04.1906
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^ 76. 2. April 1906. Nichtamtlicher Teil. 3409 andern Almanache, auch den Voßschen, bei weitem. Boie erkannte dies stets an. Die besten Beiträge lieferte aber nach wie vor Bürger selbst; auch manche jungen Talente waren vertreten und wurden durch den Almanach bekannt, so Langbein, Matthison, Hardenberg u. a. m. Die Haupt arbeitslast erwuchs Bürger dadurch, daß er manche eingesandte Gedichte umfeilte und umformte, ja oft ganz umdichtete, natürlich häufig nicht zur Freude der Dichter. Viel Arger und viel Schreiberei entstand ihm auch dadurch, daß die Ein sender die nicht abgedruckten Gedichte zurückwünschten; Bürger sah sich daher 1782 zu einer »notgedrungenen Nachrede« veranlaßt, worin es unter anderm heißt: -Verlangte aber jemand seine Beiträge um deswillen zurück, damit sie sich nicht im Schofelarchiv Herumtreiben möchten, der könnte ja lieber, wie mancher andere, den ich darum noch einmal so lieb und wert habe, Befehl zum Verbrennen geben, welcher allemal um so lieber befolgt werden soll, als man der Kosten eines eigenen zur Aufbewahrung des Schofels sonst nöthigen Hauses und der Bestellung eines eigenen Schofel-Registrators vorderhand gern noch erübrigt sein möchte. Denn des Zeugs wird nach und nach so viel, daß es in einem Stückfaß nicht mehr Raum hat.» Bis kurz vor seinem Tode hat der in den letzten Jahren schwer leidende und schwergeprüfte Dichter die Redaktion des Almanachs geführt. In den letzten Jahren hatte dieser seine Bedeutung eingebüßt, und schon 1792 hatte der alte I. C- Dieterich Bürger erklärt,*) daß er sich wegen des Almanachs künftig mit seinem Sohn und Nachfolger auseinandersetzen möge, er wolle ihn nicht weiter verlegen: -Ich fand war und warhafftig seit einigen Jahren mein Conto nicht mehr dabey, bey der erstaunenden Menge, so ich Meß-Zeitten zurück bekommen, und bey der menge Von Callendern, so alleweil heraus kommen, und der erste so heraus kamt, öffters den Vorzug in absatz gewint, woran die Herausgeber doch die mehrste Schuld haben. Die mehrsten Liebhaber kauften Jährlich einen, oder Verschenken an Ihr liebgen einen, und nehmen daher öffters den ersten so Sie bekommen können. Vielleicht ist mein Sohn glücklicher damit.» Das war schlechter Dank für Bürgers Aufopferung und Hingebung. Dieser hatte dem Almanach seine beste Zeit ge widmet und gelitten und gestritten für ihn. 1789 schreibt er noch folgende Fürbitte eines ans peinliche Kreuz der Ver legenheit genagelten Herausgebers eines Musenalmanachs.'*) -Vergieb, o Vater der neun Schwestern, Die unter Deinem Lorbeer ruh'n, Vergieb es denen, die Dich nun Und immerdar durch Schofelwerke lästern: Sie wissen ja nicht, was sie thun.- Noch wenige Monate vor seinem Tode klagt der Schwerkranke,*'*) es sei ihm das ganze Jahr nicht so Übel und weh zu Mute, als wenn er mit dem »fatalen Vers- zeuge« des Musenalmanachs zu kommen habe. Nach Bürgers Tode wurde Karl Reinhard mit der Herausgabe des Almanachs betraut. Über diesen schreibt Bürger einmal am 30. Juli 1792 an Schlegel:ch) -In Göttingen ist das meiste noch ziemlich auf dem alten Fuß, außer daß seit verwichenen Ostern ein gewisser vootor asstbetieue Rahmens Karl Reinhard hier anzogen ist, der mir die aesthetischen und stylistischen Brotkrumen auf der daran so ergiebigen Seorxia, 4wgv8ta vor dem Maule wegzuschnappen gedenkt. Ich habe ihm aber einen höchst malitiöscn Streich ge spielt, und Eines seiner Leiermatzlieder unmittelbar neben meiner Heloise im Mus. Alm. abdrucken lassen. Darob wirst Du, wenn Du den Mus. Alm. einst zu sehen bekommst, Dich nicht wenig gaudiren.« *) Strodtmann, Bürgers Briefe. IV. 216. **) Wurzbach, Bürgers Leben. 15b. *'*) Ebenda. 157. t) Strodtmann, Bürgers Briefe. IV. 210. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. Dieser von Bürger so verspöttelte Reinhard wurde nicht nur sein Nachfolger als Herausgeber des Almanachs, sondern auch der Herausgeber seiner Werke. Später, besonders nach der Scheidung Bürgers von seiner dritten Frau, deren Ehe irrung Reinhard später beschrieben hat, ist das Verhältnis Bürgers zu Reinhard freundlicher geworden; während er ihn 1792 verspottete, rief er ihm 1794, also kurz vor seinem Hinscheiden zu:*) -Stell' auf Dein Kunstwerk fest und gut Fürs weise Publikum, mein Lieber, Und fürchte nicht die Kollerwuth Von einem Recensentenfieber.» Reinhard (1769—1840) ist der letzte kaiserlich gekrönte Poet gewesen; 1804 wurde ihm diese Auszeichnung verliehen. Seine Lebensgeschichte interessiert hier nicht weiter, er kommt hier nur als Herausgeber der Schriften Bürgers und als Fortführer des Musenalmanachs in Betracht. Bekannt dürfte sein, daß auch Schiller nach Bürgers Tode sich um die Stelle als Herausgeber des Musenalmanachs bewarb; am 1. August teilte ihm jedoch der alte Dieterich mit,**) daß er bereits mit Reinhard abgeschlossen habe und von seinem Angebot keinen Gebrauch machen könne. Reinhard gab dem Almanach den Untertitel »Poetische Blumenlese«; für die Jahre 1795 bis 1801 ist er dann noch bei I. C. Dieterich, der augenscheinlich von seinem Plan, den Almanach seinem Sohn zu überlassen, ab gekommen war, erschienen; nach seinem 1800 erfolgten Tode trägt der Kalender dann für 1801 die Firma Dieterichsche Buchhandlung, der für 1802 den Namen Heinrich Dieterich als Verleger. Reinhard überwarf sich indessen mit Dieterich und gab in der Folgezeit den Kalender heraus unter dem Titel »Göttinger Musenalmanach für das Jahr 1803. Aus den Beiträgen der bisherigen Mitarbeiter von Carl Reinhard. Göttingen und Leipzig, bei Peter Philipp Wolf und Com pagnie«, und »Musen-Almanach für das Jahr 1804. Heraus gegeben von Carl Reinhard. Fünfunddreißigster und letzter Jahrgang. Göttingen und Münster, bei Peter Waldeck.« Beide Jahrgänge sind auch unter dem Titel »Poetische Blumen lese« erschienen. Dieterich gewann die Dichterin Sophie Mereau, die spätere Gattin Brentanos, zur Herausgabe eines neuen Almanachs. Dieser erschien unter dem Titel »Musen- Almanach (Poetische Blumenlese) für das Jahr 1803. Güttingen. Bei Heinrich Dieterich«. Trotz der von Schiller und Goethe sehr geschätzten Herausgeberin erschien keine Fortsetzung dieses Almanachs. Der Musen almanach hatte sich überlebt; seine große Aufgabe hatte er in den ersten Jahren nach seiner Gründung erfüllt; er hatte die Welt mit den jungen Talenten bekannt gemacht. Die Fülle der Almanache, die seitdem entstanden waren, hatten diese Bedeutung längst verwischt; er war ein Saisonartikel geworden, den, wie der alte Dieterich richtig schrieb, die Leute jährlich kauften und verschenkten, voraus gesetzt, daß er rechtzeitig auf dem Markt erschien. Der von Voß besorgte Musenalmanach war schon einige Jahre vorher eingegangen, seit 1788 hatte ihn Voß wieder allein besorgt, er war seit 1794 jedoch nur noch für 1795 und 1797 bei Bahn in Hamburg und dann erst wieder für 1800 in Neustrelitz beim Hofbuchhändler Albanus erschienen, gleichfalls ein Beweis, daß der Göttinger Musenalmanach und sein Stiefbruder ihre Aufgabe erfüllt hatten. *) Wurzbach, Bürger 365. **) Goedeke, Schillerbriefe. S. 97. 449
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