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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-04-09
- Erscheinungsdatum
- 09.04.1906
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- Deutsch
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.Zk 82, S. April 1906. Nichtamtlicher Teil. 3657 Nichtamtlicher Teil. Kalenderverleger des 18. Jahrhunderts. Von I. H. Eckardt. (Vgl. Nr. 62, 74, 76 d. Bl.) III. Johann Christian Dieterich und seine Göttinger Kalender - Unternehmungen. 2. Der Göttinger Taschenkalender und der Revolutionsalmanach. Es scheint, als ob Johann Christian Dieterich auf Kalenderunternehmungen ein Hauptgewicht legte. Als er sein Gothaer Geschäft an Ettinger abtrat und damit auch den Hofkalender, gründete er in Göttingen sofort ein neues Kalenderunternehmen, das als eine Art Fortsetzung des von ihm herausgegebenen Gothaer Hofkalenders betrachtet werden kann. Es war der »Göttinger Taschen-Kalender«, der seit 1776 erschien. Er dürfte wohl die bekannteste unter den Dieterichschen Kalenderunternehmungen geworden sein; schon die Chodowieckischen Kupfer und mehr noch die geistvollen Artikel Lichtenbergs sichern ihm diese Bedeutung. Der Kalender erschien gleichzeitig in französischer Sprache unter dem Titel »Llmunso äs KosttiriAus«. Die Übersetzung wurde von 1778 an von dem Professor der französischen Sprache Jsaac von Colomb du Clos besorgt, ft Redakteur des deutschen Kalenders war anfänglich der Professor der Naturkunde Erxleben, der in dessen schon 1777 starb, und hierauf Georg Christoph Lichtenberg, Professor der Physik und Mathematik in Güttingen, einer der geistreichsten Männer, der scharfsinnig sten Satiriker, die Deutschland hervorgebracht hat. Lichten berg, auf dessen Freundschaftsverhältnis zu Dieterich wir an späterer Stelle, wenn von dem Verhältnis des Verlegers zu einigen seiner Autoren die Rede ist, zurückkommen werden, hat von 1778 bis 1799 den Göttinger Taschen-Kalender redi giert und mit wenigen Ausnahmen alle Aufsätze selbst ge schrieben. Nach seinem Tode bot Dieterich Jean Paul die Redaktton an; doch kam es nicht zu weitern Verhandlungen, da der alte Dieterich bereits am 18. Juni 1800 starb. Der Kalender ist dann allerdings noch bis 1813 weitergeführt worden, hat aber die alte Bedeutung nicht mehr erlangt. Lichtenberg schrieb Aufsätze naturwissenschaftlichen, anthro pologischen, geschichtlichen, humoristischen Inhalts für den Kalender, aber auch Berichte über neue Moden und Er findungen. Auch manche andre Kleinigkeiten, die das Publi kum interessierten, brachte er. Auch ein Teil der berühmten Erklärungen zu den Hogarthschen Kupfern erschien in diesen Kalendern. In einem Schreiben an den Mathematiker Hindenburg in Leipzig aus dem Anfang seiner Redaktionstätigkeit für den Almanach von 1778 sagt er einmal: ft -Auch habe ich Dietrichen wieder 8ftg Bogen Alfantzereyen zusammensuchen müssen, woraus ich manches weggewünscht, da ich es jetzt gedruckt sehe. Die Begierde, sich eine solche Arbeit so geschwind als möglich vom Halse zu schaffen, macht einen oft blind gegen Fehler, oder doch nachsichtig; kaum aber ist sie ge- than und die Ruhe wiederhergestellt, so gehn einem die Augen auf.» Von den Erklärungen zu den Hogarthschen Stichen, die Lichtenberg im Kalender veröffentlichte, sagt er selbst in der Vorrede zur ersten Lieferung der ausführlichen Erklärung, ft Focke, Chodowiecki u. Lichtenberg. Göttingen 1901. XIV. ft Ebstein, Aus Lichtenbergs Correspondenz. Stuttgart 1905. S. 47. daß diese Proben mitunter das Beste waren, was er zu geben hatte. Der Nachruf, der ihm im Kalender für 1800 gewidmet wird, zeigt am besten die Bedeutung, die Lichtenberg für den Kalender hatte. Es heißt da: ft -Alle Liebhaber angenehmer Unterhaltung und tiefsinniger Forschung haben mit Wehmuth die Nachricht von Lichtenbergs Tode vernommen. Niemand wird indessen die Größe dieses Verlustes schmerzlicher empfinden, inniger fühlen als die Leser unsers Taschen-Kalenders, welche er alle Jahre so belehrend unterhielt und so unterhaltend belehrte. Auf eine seltene Weise vereinigte dieser große Geist Eigenschaften, die man sonst für unverträglich hielt, Wiz und Scharfsinn. Gleich seinem Lehrer, Gönner und Freunde, dem Nestor der deutschen Mathematiker — Kästner —, besaß er die beneidenswürdige Gabe, von der tief sinnigsten Untersuchung zu dem gefälligsten Scherze und von diesem eben so schnell wiederum zu jener überspringen zu können. Bewunderungswürdig war die Kunst, mit der er in dem un ansehnlichen Gewände eines Taschen-Kalenders die erhabensten Gedanken über die Größe des Welt - Gebäudes vortrug. Sein Geist umfaßte Alles, das Größte wie das Kleinste. Mit der selben Genauigkeit erläuterte und erklärte er die Zerrbilder des wizigen Satyrikcrs Hogarth und die Monds-Charte des großen Göttingschen Astronomen Tobias Mayer. Unerschöpflich war seine Laune, beißend sein Wiz, und (was ihn vor den meisten Satyrikern auszeichnet) seine Pfeile trafen größten Theils nur die Sache, selten die Person, niemals aber einen Gegenstand, der Andern heilig oder ehrwürdig war. Welch eine Fülle der trefflichsten psychologischen Beobachtungen enthält seine Schrift über die Physiognomik!« usw. Lichtenbergs Verdienst war es, daß Chodowiecki für die Ausschmückung der Kalender mit Kupfern gewonnen wurde. Im Kalender von 1778 schrieb Lichtenberg seine Abhandlung gegen Lavater »Über Physiognomik; wider die Physiognomen« in dem Kalender und setzte sich mit Chodowiecki, der auch viele Kupfer zum Lavaterschen Werke geliefert hatte, in Ver bindung, um ihn als Illustrator zu gewinnen. Er forderte den Künstler auf, durch eine geschlossene Folge von Illu strationen einen am Schluffe des Aufsatzes ausgesprochenen Gedanken auszuführen, nämlich »denselben Knaben und das selbe Mädchen auf zween verschiedenen Pfaden des Lebens vorgestellt zu sehen; und zwar sollte ihre Geschichte mehr durch Züge des Gesichts als Handlung gezeigt werden«. Chodowiecki verstand sich dazu, und so schmückten den Jahr gang 1778 des Kalenders die zwölf Kupfer »Fortgang der Tugend und des Lasters«, denen Lichtenberg Erklärungen beifügte. Siebzehn Jahre hindurch blieb der Berliner Künstler Mitarbeiter am Kalender, und Lichtenberg fügte seinen Kupfern Erklärungen bei. Chodowiecki als Illustrator ge wonnen zu haben, war von unschätzbarem Wert für Dieterich und seinen Kalender. Chodowiecki stand damals auf der Höhe seines Ruhms, und gerade als Illustrator von Kalendern und Taschenbüchern leistete er Vorzügliches. Das Taschenbuchformat, in dem die Kalender und Almanache meistens erschienen, lag seiner kleinmeisterlichen Begabung vortrefflich, und einige der Kalenderfolgen zählen zu dem Vollendetsten, was seine Radiernadel hervorgebracht hat. So war es kein Wunder, daß bei den Kalenderverlegern ein förmlicher Wettkampf entstand, ihn zum ständigen Mit arbeiter zu gewinnen. Für drei Kalender, außer dem Göt tinger, hat er dann fast alljährlich Kupfer 'geliefert, es sind der Berliner Historisch-genealogische Kalender (Mitarbeiter von 1770 bis 1803); der Gothaische Hofkalender (1778 bis 1794); der Lauenburger historisch-genealogische Calender ft Focke, R., Chodowiecki und Lichtenberg. Leipzig 1901. XV. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. 480
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