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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.10.1922
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- 1922-10-14
- Erscheinungsdatum
- 14.10.1922
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Redaktioneller Teil. 241, 14. Oktober 1922. nicht vermeiden lassen, aber als Ganzes verdient seine Arbeit großes Lob. Man kann sic jedem empfehlen, der eine möglichst objektiv ge haltene, nicht zn knappe und vor allem recht übersichtliche Geschichte der dentschen Literatur seit Beginn des 19. Jahrhunderts wünscht. » Die Herausgabe einer neue» illustrierten Literaturgeschichte hat heute mit außerordentlich großen Schmierigkeiten zn rechnen, und doch ' verlangen sehr viele Literatnrfreundc gerade nach einer solchen, wie es sich ja aus dem starken Absatz der illustrierten Literaturgeschichten von Scherr, König, Leixner, Salzer usiv., die durchweg nicht mehr erhältlich sind, gezeigt hat. Schon deshalb begegnet das Erscheinen einer neuen Literaturgeschichte, die allerdings nicht so reichhaltig illu striert ist wie die genannten Werke, aber immerhin wenigstens die Bildnisse der bedeutendsten Dichter enthält, einem lebhastcn Interesse: Geschichte der deutschen Literatur von den Ansängcn bis zur Gegenwart. Von Karl Bo rin Ski. Mit 165 Bild nissen ans 48 Tascln. Stuttgart 1922, Union Deutsche Bcrlags- gefellschaft. 2 Bände. 8°. XVI, 643 u. VIII, 673 S. Professor vr. Vorinski hatte schon in Kürschners Nationallitcratur die Literaturgeschichte der Neuzeit bis zu Goethes Tode dargcstcllt, und er ist ja auch durch andere Arbeiten aus dem Gebiete der Literatur geschichte, des Theaters und der Sprache bekannt geworden. Er schreibt mit der Sicherheit des Gelehrten, der osscnbar viel mehr weiß, als er gerade niederschreibt, und daher rühren denn auch viele Einschaltun gen und Zusätze, die die Satze oft überladen. Er wollte aber kein trockenes fachwisscnschastlichcS Werk schreiben, den» er sagt selbst, sei» Buch sei für die gebildete deutsche Familie bestimmt. Er sucht den Standpunkt über de» Parteien sestzuhaltcn und schenkt den. Inhalt der ausgesührtcn Werke besondere Aufmerksamkeit. Auch berücksichtigt er mit Recht die Herkunft der Schriftsteller. In der Anordnung des Stosses hält er sich !m allgemeine» an die herkömmliche Einteilung. Die ziemlich langen Kapitel sucht er durch Stichwortc unter dem Titel und über den Seiten übersichtlich zn gestalten, wenn er auch dies nicht im selben Maße wie bei König oder Kummer erreicht. Ter erste Band führt bis zu Lcssing: infolgedessen könnt' der Verfasser die ältere Literatur breiter behandeln, als dies vielleicht manchem modernen Leser erwünscht ist. Ich halte dies aber nicht siir einen Fehler, denn da aus der ältere» Literatur doch kan», noch etwas außer halb der Schulen gelesen wird, so schadet es durchaus nicht, daß der Inhalt und die Bedeutung dieser Werke wenigstens in der Literatur geschichte noch angemessen berücksichtigt werden. Übrigens wird auch der Fachmann hier manche Einzelheit verzeichnet finden, die ihm nicht geläufig war, wie er den» überhaupt den Eindruck gewinnen wird, daß Borinski nicht das Verfahren eingeschlagcn hat, ans zivöls Lite raturgeschichten eine dreizehnte zu machen. Vielleicht am wenigsten glücklich ist der letzte Abschnitt »J»> neuen Reich-, der trotz seines großen Umfangs sS. 533—652) nur i» zwei Kapitel eingeteilt ist. Der Abschnitt beginnt mit 1870/71, doch ist eine ganze Anzahl Dichter, die »och lange nachher tätig waren, schon vorher behandelt worden. Aber wenn auch die Zusammenstellung der einzelnen Gruppen zum Teil recht gut ist, so ist doch die Anordnung des Ganzen nicht sonderlich geschickt: der Leser erkennt die einzelnen Richtungen nicht genügend und wird verwirrt durch die Fülle der Namen und Titel, die hier oft in einer Weise incinandergeschachleit sind, daß der Nichtsachman» wohi kaum klug daraus wird. Hier hat die Absicht des Verfassers, aus knappem Raume möglichst viei Tatsäch liches zu bieten, ihn zn einer Überfülle veranlaßt, die das Lesen und den Genuß unnötig erschwert. Hier wird, wie dies >a zumeist bei neuen Literaturgeschichten der Kall ist, bei einer neuen Auslage die bessernde Hand angelegt werden müssen: ftrasferc Gruppierung und rückhaltloses Ausmerze» kleiner Größen und unbedeutender Einzelheiten. Daß in diesem Teile sich auch eher einzelne Jrrtlimcr einschleichcn, ist nun einmal unvermeidlich, so wie ja auch schon seit dem Druck einzelne Veränderungen erfolgt sind. Die Abbildungen find durchweg gut ausgcwählt und auch tadellos wicdergcgcben. Ta aber znmcist vier Bildnisse aus einer Seite stehen, so ist wohl das eine oder das andere mit ausgenommen, um di- Vier zahl vollznmachcn, und andererseits ließ cs sich nicht ve-meiden, daß manche Bildnisse ziemlich weit von der Stelle entfernt stehen, wo die betreffenden Dichter behandelt sind. Das ist ein kleiner Nachteil, den man bei dieser Art der Illustrierung schon mit in den Kans nehme» muß. Der Wert des Werkes wird dadurch aber nicht beeinträchtigt, und da die beiden stattlichen Bände sehr gut ausgestattei sind, wird diese neue Literaturgeschichte sich sicher bald im deutschen Hause ein- biirger». Sic hat zudem den Vorteil, daß sie auch siir ein ernstes ^ Studium zn einpsrhlcn ist. s Von Zeit zu Zeit tritt auch in der Literaturgeschichte ein kühner Neuerer auf, der entweder gegen seine Vorgänger polemisiert oder, ohne direkt auf sie Bezug zu nehmen, etwas ganz Neues und Originelles zu bieten sucht. Aber eine so gründliche Überraschung hat man wohl noch selten erlebt, wie sie das nachsolgcnde Werk bietet: Geschichte d e r d e n t s ch c n D i ch t n n g in strenger Systematik, nach Gedanken, Stoffen und Forme», in fortgesetzten Längs- und Querschnitten dargestellt von vr. Julius Wiegand. Mit Bildcranhang. Köln 1922, Hermann Schassstcin. Lex.-8°. V!l, 512 S. Geb. i» Halbleinen 325 Mk. Der Versasser beginnt mit den Worten: »Wir habe» noch keine Geschichte der deutschen Dichtung. Die vorhandene» Gesamtdarstel lungen sind ancinandergereihte Lebensbeschreibungen der Dichter und darangehängte Kommentare zu ihren Werken. Die tausend systemlos aneinandergesügten Einzelheiten vereinigen sich nicht zu einem Gesamt- bild: es sind nur Slosssammlungcu, keine Verarbeitungen des Stosses«. Wiegand will nur die Stoffe und die Ideen behandeln, die den Dich tungen zugrunde liegen, di« Form, die ihnen der Dichter gegeben, und die Wirkung, die er damit erzielt hat. Er sieht dabei von allem Biographischen ab, nennt nicht einmal die Vorname», sodaß der un- crsahrene Leser ost nicht weiß, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Die führenden Persönlichkeiten trete» deshalb gar nicht hervor, auch nicht die einzelnen Tichtergruppen und -Schulen. Es werde» stets ganze Zeiträume und Richtungen gekennzeichnet, und die für eine Eigenheit eines Zeitraumes wichtigen Werke werde» als Beleg für dieses Kennzeichen eingegliedert und angeführt, aber nur insoweit, als sie dieses Merkmal austveisen; unter Umständen wird also eine Dichtung a» mehreren, ja zahlreichen Stellen erwähnt. Die Zeit räume werden durch die beherrschenden Hauptrichtungen, die Richtungen durch die Hauptgedanken, Hanplzielc, ihre Stoffe usw. gekennzeichnet. Bei jedem Punkt, etwa bei den religiöse» Anschauungen einer Richtung, wird das Durchgehende, möglichst vielen Werken Gemeinsame, werden die Gedanken bevorzugt, aus denen sich viele andere ableiten lassen. Es werde» nicht am Faden der Lebensgeschichte die einzelnen Werke erwähnt und besprochen, es wirb nicht bei jedem Werke etwas über Metrik gesagt, sondern die Metrik des ganzen Zeitraums wird zu sammenhängend behandelt. Liest man nun die einzelnen immer ivieder- kehrendcn Abschnitte sMetrik, Sprachstil, Drama usw.) hintereinander in zeitlicher Reihenfolge, so ergibt sich gleichzeitig eine zusammen hängende Geschichte des betreffenden Teilgebiets. Auch innerhalb der großen, die Gcdankengrnndlagc» behandelnden Abschnitte lasse» sich durch Ancinandcrschlicßcn gleichartiger Punkte swle völkische, politische, religiöse Dichtung, Aufklärung, Romantik, ritterliche Dichtung) geschieht liehe Überblicke über stoffsiche oder gedankliche oder künstlerische Teil gebiete erzielen. Gattungen, Gcdankcngruppcn, Richtungen erscheinen dann wie Organismen, entstehend, anschwellend, verklingend. Wiegand nennt dies die Methode der fortgesetzte» Längs- und Querschnitte. Tiefe Art der Darstellung hat gewiß vieles siir sich, aber wenn d. > Verfasser sich als Schulmann bezeichnet und anscheinend zuerst päda gogische Zwecke im Auge hat, so muß man doch bezweifeln, ob sein Auch für den Schulunterricht als alleinige Literaturgeschichte geeignet ist. Die Jugend interessiert sich eher siir etwas Persönliches als siir etwas Abstraktes, eine reine Idee. Die Literaturgeschichte biographisch- kritische» Inhalts wird sic eher fesseln als eine Literaturgeschichte, die nur Stosfe, Ideen und Motive zergliedert. Wenn der jugendliche Leser die Biographie eines Dichters liest und daraus die Entstehung und den Inhalt seiner Werke erfährt, so wird ihm das im Gedächtnis hasten bleiben, und er wird mit ganz anderer Neugier an di« ein zelnen Werke Herangehen, als wenn er eine Literaturgeschichte mit 1931 Paragraphen durcharbeiten muß, in denen nur von Ideen die Rede ist. Aber das mögen die Schnlleute unter sich ausmache». Ich weiß zudem, daß cs unter ihnen manche gibt, die ans dem Standpunkt des Verfassers stehen und seine Literaturgeschichte nicht bloß als die beste ihrer Art, sondern auch als die einzig wahre bezeichnen werden. Es kommt ganz daraus an, daß man sich darüber verständigt, wann und wie die Literaturgeschichte zn verwenden sei. Haben die Schüler einer höheren Lehranstalt schon die ganze Geschichte der deutschen Lite ratur im Anschluß an ein gutes Lehrbuch durchgcarbeitet, so kann ihnen znr weiteren Vertiesnng das Werk von Wiegand unbedingt cmpsohlen werden, und sic werden, wenn sie es gewissenhaft durchstndicren, reichen Nutzen daraus ziehen und auch zn selbständigem Denke» und Forschen angeregt werden, sofern sie überhaupt das Zeug dazu in sich haben und nicht durch die Spröde des Stoffes entmutigt werde». Daraus ergibt sich auch die weitere Verwendungsmöglichkeit des Buches außerhalb der Schule. Wer bereits eine Literaturgeschichte b. sitzt und nicht bloß eine zweite oder dritte haben will, lediglich um sie I in seilte Bibliothek zn steilen, sondern auch höhere geistige Interessen pflegt, dem kann der Buchhändler diese Literaturgeschichte aufs wärmste I4SK
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