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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1906
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- 1906-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1906
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Nichtamtlicher Teil Johann Christian Dieterich und seine Autoren?) Aus der Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts. Von I. Ä. Eckardt. I. Dieterich und Bürger. Die Persönlichkeit Dieterichs tritt uns näher und wird uns vertrauter, wenn wir ihn im Verkehr mit seinen Autoren sehen, vor allem mit Bürger und Lichtenberg. Die Brief wechsel dieser beiden enthalten sehr viel Persönliches über Dieterich, und vor allem aus dem Lichtenbergschen Brief wechsel können wir viel Material schöpfen. Ich darf die Hoffnung aussprechen, daß wir das vortreffliche Buch von Grisebach l) bald in neuer und dann erweiterter Form er scheinen sehen; gerade die jetzt in dem Werk fehlenden Briefe an Dieterich sind, was das Persönliche anbetrifft, wohl die interessantesten, aber sie verlieren sich jetzt leider in der Fülle der von Leitzmann und Schüddekopf herausgegebenen Briefe?) Die Bürgerbiographen und auch manche Schriftsteller, die ihn persönlich gekannt haben, nennen Dieterich einen groben, unfreundlichen Mann. Wurzbach schreibt in seiner Biographie Bürgers?) -Johann Christian Dieterich war ein etwas kindischer, drolliger, mit der Orthographie stets auf dem Kriegsfuß stehender, im Grunde herzensguter Mann; er hat mehr für den Dichter gethan als Gleim und Klotz und ist ihm ein treuer Freund geblieben bis zu seinem Ende. . . .- »Im gewöhnlichen Leben scheint ihn der Dichter nie ernst genommen zu haben. Er befleißigte sich ihm gegenüber einer gewissen Ungebundenheit; in den Briefen an Dieterich läßt er sich am meisten gehen und die Scherznamen, die er ihm zeit weilig gibt, beweisen, daß er sich ihm gegenüber kein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegte.- Daß Bürger seinen Verleger und Gönner mit allerlei zynischen Bemerkungen vorzugsweise traktiert, ist richtig, und es scheint auch fast, als ob Dieterich solche Schüsse geliebt habe, aber man geht fehl, wenn man aus den Briefen Bürgers sich das oben angeführte Bild seines Verlegers macht. Ein unbedeutender, täppischer und kindischer Mann ist Dieterich keinesfalls gewesen; dem widersprechen seine geschäftlichen Erfolge und die Freundschaft, die geistig be deutende Männer ihm entgegenbrachten. Lichtenberg, der doch gewiß ein guter Menschenkenner war, sagt einmal von ihm: »Dieterich ist der großmütigste Verleger, den Sie sich denken können; «^) und aus vielen, sehr vielen Briefen ist ersichtlich, wie er ihn liebt und verehrt. Auch Boie spricht stets in großer Verehrung und Anerkennung von ihm, und wir sahen bereits, wie unangenehm und peinlich es ihm war, daß Voß sich mit ihm überwarf und ihm Konkurrenz machte. Voß allerdings ist Gift und Galle, wenn er auf den Göttinger Buchhändler zu sprechen kommt; aber das sagt nicht viel; Johann Heinrich Voß ist Zeit seines Lebens ein Polterer geblieben, der nur allzu gern Zank und Streit begann und dann im höchsten Grade ausfallend wurde; so gar der zu Jahren und Ehren gekommene Herr Hofrat zeigte noch, daß er aus kleinen Verhältnissen stammte und *) Vgl. auch Nr. 62, 74 d. Bl. Red. ') E. Grisebach, Lichtenberg's Briefe an Dieterich. Leipzig 1898. 2) Lichtenberg's Briefe, herausgegebcn von Leitzmann und Schüddekopf. 3 Bde. b) W. von Wurzbach, G. A. Bürger. 158. y Brief an Wolfs v. 24. Febr. 1787 (Lichtenbergs Briefe II, 292). RkrlenktE iOr Ken Deutl-den Buchhandel. 78. ylabraana. ihm die richtige Kinderstubenerziehung gefehlt hatte. Auch mit Lichtenberg kam er in heftige Fehde, und dieser äußert sich einerseits oft recht bitter über den »nörgelnden Schul meister«, anderseits spottet er wohl auch über ihn. So heißt es einmal 1781?) »Herrn Boie wünsche ich recht viel Glück, hauptsächlich seiner braven alten Mutter wegen, die ich bey einem sehr ehrlichen Gesicht mit verbundenem Kopf in einer Stube, worin mehr Silhouetten als Stühle waren, bey dem Orthographen Foß zu Wandsbeck angetroffen habe, und doch waren der Silhouetten auch nur 3 oder 4.« Ende Juni 1782 heißt es in einem Schreiben an Heyne?) -Herrn Voß werde ich noch einmal begegnen, als dann aber nie wieder, und wenn er mir mein Bildniß an den Otterndorfer Galgen schlüge, denn ich schätze es mir für eine Ehre, von einem so elenden eingeschränkten Kopf verachtet zu werden.« Im höchsten Grade empört war Lichtenberg, als der Almanach für Belletristen auf das Jahr 1782 in diesem Streit gegen Voß Partei nahm, und er schrieb an Nicolai, um diesen zu veranlassen, in der deutschen Bibliothek den Herausgeber dieses Kalenders abzukanzeln. Dieser Almanach, ein, keine sehr lange Lebensdauer zeigendes Produkt dieser almanachsschwangern Zeit, enthielt kurze, teils biographische, teils kritische Bemerkungen über eine größere Zahl lebender Dichter und Schriftsteller in alphabetischer Folge. Bei Voß heißt es nun: -Noch verehrungswürdiger wäre uns Herr Voß, wenn er sich nicht mit andern Gelehrten so öffentlich herumgebalgt hätte. Wer kennt nicht seine Streitigkeiten mit den Berliner Rezen senten der Stolberg'schen und Bodmer'schen Ilias, mit Heyne und Lichtenberg? Der letztere hat es ihm auch zu arg gemacht und ihn mit einer Bosheit behandelt, die in unfern Tagen ohne gleichen ist; daher hat uns die letzte Vertheidigung Voßens gegen seinen hämischen Gegner wieder in etwas mit ihm aus gesöhnt, und jeder rechtschaffene Mann wird eher auf seine als auf jenes Seite treten.- Es ist dies derselbe Almanach, der im Kalendarium statt der Heiligennamen lauter Namen deutscher Schriftsteller brachte, beginnend mit Otfried, Wolfram von Eschenbach und einer Anzahl Minnesänger; im Juli folgten dann Voß, Heyne und Lichtenberg boshafterweise unmittelbar hinter einander. Lichtenberg war sehr erregt über die Bemerkung und gibt seinem Unwillen nicht nur in dem Schreiben an Nicolai, sondern auch in manchen andern Briefen Ausdruck; auch mit Dieterich korrespondiert er über den ihnen beiden gleich unsympathischen Otterndorfer Rektor. Bürger wandte sich stets in erster Linie an Dieterich, wenn er, was häufig der Fall war, in Geldverlegenheit war, und er findet dann die seltsamsten Anreden, um den Freund und Verleger willfährig zu machen. Aus manchem dieser Briefe ersehen wir auch, welcher Wertschätzung sich Dieterich in Göttingen zu erfreuen hatte. Da heißt es unterm 26. Februar 1778 einmal?) »Liebster Dietrich. Wenn Ihr mir jetzt helfen könnt, so seyd Ihr mein Prinz, mein König, mein Kaiser. Wo aber nicht, so seyd Ihr ein Sch ... kerl, wie ich.« — »Ich soll eine Bürgschaft von 1000 Rthlr. in hiesigem Land bestellen und habe hier leider keine liegenden Gründe. Sonst bin ich freylich kein Lumpenhund ... Ich schreibe euch dies, lieber Dietrich, nicht um deswillen, weil ich etwa so eine Caution von Euch ver langte. Denn so viel ich weiß, seyd Ihr hier zu Lande durch °) Brief an Scharnhagen v. 26./3. 1781 (Lichtenbergs Briefe I, 375). °) Lichtenbergs Briefe II, 28. ') Strodtmann, Bürgers Briefe. II, 235. 567
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