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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.05.1906
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- Ausgabe
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- 1906-05-04
- Erscheinungsdatum
- 04.05.1906
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- Deutsch
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102, 4 Mai 1S0S. Nichtamtlicher Teil. 4451 Gesetzgebung der Staaten einzugreifen, und die Frage der Schutzdauer ist eine reine nationale Angelegenheit. Die Berner Konvention setzt nur eine Schutzfrist für Über setzungen fest, und in dieser Hinsicht ist sie allerdings zu ständig, da Übersetzungen internationale Beziehungen voraus setzen. Die tatsächlich vorhandene Agitation zur Verlängerung der Schutzfrist für Originalwerke von 30 auf 50 Jahre nach dem Tode des Urhebers geht zu nicht geringem Teile von der Partei um Frau Cosima Wagner aus, die so eifersüchtig über ihre Rechte wacht, daß sie kürzlich noch dem Kölner Männergesangverein untersagt hat, auf seiner Konzertreise einige Wagnersche Weisen vorzutragen. Eine Agitation ist vorhanden, und sie hat eigentlich seit Abschluß des deutschen Urheberrechtsgesetzes überhaupt nicht geruht; aber sie ist rein privaten Charakters; die deutsche Reichsregierung hat damit nichts zu tun, und es wäre in der Tat ganz außergewöhnlich, wollte die Regierung nach kaum vierjährigem Bestehen des neuen Gesetzes schon wieder an einer seiner Grund bestimmungen rütteln Das halte ich für vollkommen aus geschlossen, da die Verhältnisse sich seitdem in keiner Weise geändert haben und die Agitation schon damals kräftig ein gesetzt hatte. Gleichwohl ist es aber gerade wegen der Unauf- hörlichkeit der Bemühungen nicht geraten, zu warten, bis die Bestrebungen Oberwasser gewonnen haben. Die erwähnte Eingabe des Vereins der Musikalien händler nimmt keine bestimmte Stellung zu der Verlängerung der Schutzfrist; sie gesteht, daß innerhalb des Musikoerlags die Sache von verschiednen Gesichtspunkten beurteilt wird: »einmal tritt der sehr begreifliche gemeinsame Wunsch der Autoren und Verleger nach längerer Dauer des Schutzes in den Vordergrund, auf der andern Seite wird die Notwendig keit eines nicht allzuweit hinausgeschobenen Übergangs des nationalen Kunstbesitzcs in das allgemeine Eigentum und seine möglichst weite Verbreitung in alle Schichten des Volks nicht mit Ünrecht hervorgehoben«. Wenn aber auch die Eingabe sich einer bestimmten Stellungnahme enthält, so hält sie es doch für Pflicht, »die besonderen Bedingungen näher darzulegen, unter denen einzig und allein eine Ver längerung der Schutzfrist auf 50 Jahre dem deutschen Musik verlag annehmbar erscheinen dürfte«. Diese Bedingungen bestehen erstens in der Gleichheit der Schutzdauer für Musi kalien und literarische Werke; zweitens in der Gleichheit der Schutzdauer für Verlags- und Aufführungsrecht; drittens in dem Verlangen, daß die Verleger von den Vorteilen der Ver längerung nicht einseitig ausgeschlossen würden, und endlich viertens in der Forderung, daß die Bestimmung über die Verlängerung für solche Werke rückwirkende Kraft habe, die noch nicht gemeinfrei geworden sind. Die Punkte 2 und 3 sind nur aus den besonderen Verhältnissen des Musikhandels zu verstehen; sie scheinen mir gleichwohl von unrichtigen Grundanschauungen auszugehen. Das Aufführungsrecht ist lediglich ein Ausfluß aus dem Urheberrecht oder, besser, ein Teil dieses Rechts und hat mit dem Verlagsrecht nichts zu tun; es sollte füglich in dieser Angelegenheit, die sich ausschließlich mit dem Urheberrecht befaßt, ganz aus dem Spiel gelassen werden. Die dritte Be dingung, daß »die Verlängerung der Schutzfrist gleichmäßig dem Urheber oder Verleger zu gute kommen müßte«, ent hält dieselbe Vermengung von Urheber- und Verlagsrecht Die Verlängerung der Schutzfrist ist eine Verlängerung des Urheberrechts, und wenn der Musikalienverleger das gesamte Urheberrecht erworben hat, wie das immer noch Sitte beim Masikoerlag ist, so genießt der Verleger selbstverständlich auch die Verlängerung, aber nicht als Verleger, sondern als Inhaber des Urheberrechts, wie es auch bei jedem andern Privatmann der Fall wäre. Es bliebe dann dem Ge rechtigkeitsgefühl des Verlegers überlassen, die Erben für die Verlängerung der Ausbeutung des Verlagswerkes nach Billig keit zu entschädigen. Aber diese Angelegenheiten sind nebensächlicher Art. Ich wollte vielmehr die Frage nach der angemessensten Dauer der Schutzfrist allgemein erörtern. Wie bei den Musikoerlegern, so mag es auch im Buch handel zwei Parteien mit entgegengesetzten Ansichten über diese Angelegenheit geben; nur sind sie nicht so energisch be tont worden wie im Musikalienhandel. Aber es ist mensch lich verständlich, daß der Originalverleger eines Werkes, das sich 30 Jahre lang nach dem Tode seines Urhebers der Wertschätzung des Publikums erfreut hat, mit gemischten Gefühlen dem Ablauf dieser Frist entgegensteht. Scheidet doch der Originalverleger dann mit seltnen Ausnahmen aus dem Konkurrenzkampf um die besten und billigsten Aus gaben der Werke einfach aus, weil er nicht so leistungsfähig zu sein pflegt wie die großen Verleger, bei denen sich die Popularisierung des nationalen Literaturgutes als Spezialität herausgebildet hat. Aber hier sollen nicht die materiellen Verlagsverhältnisse betrachtet werden; eher verdienten die finanziellen Gründe Beachtung, die die Autoren an dem Freiwerden ihrer Werke haben. Rein persönliche Interessen kommen freilich bei der Er örterung der Länge der Schutzfrist nicht in Betracht, weil die Gebeine der Autoren schon bedenklich benagt sind, wenn ihre Werke ausnahmsweise noch ihre Enkel und ein ver- ehrliches Publikum erfreuen. Es handelt sich also mehr um das finanzielle Interesse der Nachkommen des Autors. Dieses wird in der Tat heute schon in Deutschland recht wirksam gewahrt, allerdings nach der Anschauung gewisser Kreise noch längst nicht energisch genug. Wenn wir nun fragen, welches diese Kreise sind, die für die Erweiterung des Autorrechts so unaufhörlich eintreteu, so sehen wir sofort, daß sie sich auf diejenigen beschränken, die finanziell dafür interessiert sind. Da sind erstens die ver schiedenen »Erben«, die den Jammer dieser Welt mit den Er trägnissen der Arbeiten ihrer Vorfahren zu mindern suchen; da sind in zweiter Linie die Schriftsteller, die am liebsten eine literarische Kommanditgesellschaft gründen würden, in der sie recht arme Kommanditisten abgäben, die sich an den Kommanditierten bereichern könnten. Man könnte fast be haupten, daß unter der letztem Gattung von Interessenten die Bedeutung der einzelnen nach dem Lärm beurteilt werden darf, den sie für ihre Propaganda-Ideen vollführen; leider pflegt der letztere im umgekehrten Verhältnis zu dieser Be deutung zu wachsen. Zur Beurteilung der Länge der Schutzfrist kann man nicht die sonst beliebte geschichtliche Methode anwenden, weil das Urheberrecht erst recht spät entdeckt worden ist Mau kann also nicht mit größerem Recht behaupten, daß das ewige Urheberrecht das natürliche wäre, als daß dieses vom moralischen Standpunkt überhaupt keine Berechtigung habe Gleichwohl gibt es eine Anzahl von Leuten, die die ewige Dauer des Urheberrechts als das Natürliche, als etwas ebenso Selbstverständliches hinstellen, wie die ewige Dauer des sachlichen Eigentums es sei. Freilich hinkt dieser Vergleich in außergewöhnlichem Maße, indem nämlich das Eigentum der gewöhnlichen Menschheit — von den hohen und höchsten Fideikommißinhabern abgesehen — durchaus nicht so sakro sankt ist. Auch das biedere, rechtgläubigste Bäuerlein können der »Racker Staat« oder böse Menschen mit und ohne amtliche Eigenschaft schnöde um sein Häuschen oder um seinen Kartoffelacker bringen. Wenn es gut geht, kriegt er dabei etwas heraus; aber die Heiligkeit des ewigen Besitzes, des hartnäckig andauernden Eigentums ist eine Mythe. Sie ist nie Wahrheit gewesen. Der Unterschied gegen frühere Zeiten 582»
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