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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.06.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-06-14
- Erscheinungsdatum
- 14.06.1906
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- Deutsch
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5894 Nichtamtlicher Teil. 135. 14. Juni 1906. dem namentlich für die Frage, ob gegen die guten Sitten gefehlt sei, Bedeutung beigelegt werden muß«. Zur Beurteilung der Frage, ob die Beklagte den vor sätzlich herbeigeführten Schaden in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise der Klägerin zrigefügt habe, war ebenfalls von bereits feststehenden Grundsätzen der Gesetzes anwendung auszugehen. Den Maßstab des Begriffs der guten Sitten hat der Richter dem herrschenden Volksbewußt sein zu entnehmen, bei der Prüfung der Frage ist ein allgemeiner, gewissermaßen durchschnittlicher Maßstab anzu legen Nicht berufen kann sich Verklagte auf den Grundsatz der Gewerbefreiheit, was überhaupt »kein Begriff von positivem Rechtsinhalt und noch viel weniger ein subjektives Recht ist, sondern die Negation gesetzlicher Beschränkungen der allgemeinen Handelsfreiheit in bezug auf gewerbliche Tätigkeit« (Laband, Staatsrecht des Deutschen Reichs 4. A. III. S. 195). »Ein Verhalten, dem keine gewerberecht lichen Schranken entgegenstehen, ist gleichwohl unerlaubt' kraft bürgerlichen Rechts, wenn es den guten Sitten zuwider läuft; dies aber ist hier der Fall.« Der Sortimenter empfängt, mag er Mitglied des Börsenvereins sein oder nicht, die Hefte von der Klägerin nur »unter der ausdrücklichen Bedingung, davon nicht an vom Börsenverein gesperrte Handlungen, an Warenhäuser oder Bazare abzugeben«. Es unterliegt keinem Bedenken, daß ein Sortimenter, der widerspruchlos die Sendung der Klägerin mit jenem Beding annimmt, die Klausel durch schweigendes Einverständnis zur Vertragsabrede erhebt Anders kann sein Verhalten nach Treu und Glauben nicht gedeutet werden. Hiergegen läßt sich nicht mit Grund ein wenden, daß die Klausel eine mit der Freiheit des Handels verkehrs unverträgliche oder gar unsittliche Einschränkung bilde. Der Klägerin kann nicht verwehrt werden, die Veräußerung ihrer Verlagswerke an gewisse Weiterveränßerer abzu lehnen ....«, eine für den Gesamtbuchhandel sehr wertvolle Formulierung, die mit dem übereinstimmt, was ich in meinem Aufsatze: »Die Verlegererklärung und die Recht sprechung« behauptet habe. Die Begründung fährt fort: »Erwirbt nun der Sortimenter von der Klägerin Hefte der Universal-Bibliothek unter der genannten Klausel und ver äußert sie ... an die Beklagte weiter, die, wie er weiß, zu den in der Klausel Ausgeschlossenen gehört, so handelt er gegen Treu und Glauben. Unbedenklich ist anzunehmen, daß diese Handlungsweise, sowohl bei dem Sortimenter ... als bei der Beklagten, auch gegen die guten Sitten verstößt. Dies sicherlich bei der Beklagten allein schon aus dem Grunde, weil sie zur Beschaffung ausreichender Bestände der Universal-Bibliothek das Verfahren öfters wiederholen muß, ihr Verhalten also darauf hinausläuft, die Ver tragsuntreue eines Andern heimlich und planmäßig zum Mittel eigenen Gewinnes mit dem Schaden der Klägerin zu benutzen.« — Dies sind die wesentlichen Entscheidungsgründe, die so mit den Inhalt des Z 826 BGB. erschöpfen. Im weitern werden noch die Einwände zurückgewiesen, die die Beklagte Büchers Denkschrift: »Der deutsche Buchhandel und die Wissenschaft« entnimmt, ebenso die Ansicht der Beklagten, daß dem Sortimenter kein unabänderliches Recht auf fast 100 Prozent Verdienst an den Reclamheften gebühre. Die Begründung führt aus, daß bei so billigen Büchern für das Maß des dem Sortimenter zuzumessenden Gewinns nicht sowohl das Verhältnis zwischen Ladenpreis und Netto preis maßgebend sein könne, als die reinen Zahlen der Beträge, die sich durch den Unterschied ergeben. — Ebenso ungerechtfertigt sei auch das Ansinnen der Beklagten, der Kläger hätte »wegen eines Schädigers, dem es beliebte, durch Vertrieb der auf unlauteren Umwege beschafften Hefte das Kundschaftsverhältnis zu stören, allgemeine Preis herabsetzung« eintreten lassen sollen Auf den Klagegrund der Urheberrechtsverletzung ist das Berufungsgericht bei der Lage der Sache nicht näher einge gangen, obgleich es anerkennt, daß er schlüssig dargelegt sei; der Anspruch aus dem Gesetz wider den unlautern Wett bewerb, der schon im ersten Rechtszuge nicht genügend be legt war, ist im zweiten nicht mehr ausdrücklich hervor gehoben worden. Dieses Urteil, das, wie ich schon anführte, nunmehr vom Reichsgericht bestätigt ist, ist für den Buchhandel um so erfreulicher, als die Begründung eine so scharfe und klare ist, daß diese Auseinandersetzungen, die zudem noch in jedem Punkte durch angezogene Reichsgerichtsentscheidungen belegt sind, nur sehr schwer zu widerlegen sein dürften. Einen Versuch der Widerlegung hat Professor Mitteis in Leipzig gemacht mit seiner Abhandlung: »Der Verkauf von Büchern unter dem Ladenpreis durch Warenhäuser«, die im »Recht« Nr. 9 des Jahrgangs 1906 abgedruckt ist.*) Doch wendet sich Mitteis eigentlich nur nebenbei gegen die Anwendung des Z 826 BGB. auf Aufrechterhaltung des Ladenpreises, aus dem heraus die Verurteilung der Beklagten erfolgt ist, sondern hauptsächlich gegen die Anwendung des All des Urheberrechtsgesetzes zur Erzwingung der Einhal tung des Ladenpreises. Wenn nun auch in dem Prozeß Reclam gegen Warenhaus Nußbaum die Verurteilung aus K 826 BGB. unter Beiseitelassung des Klagegrundes der Urheberrechtsverletzung erfolgt ist, so dürfte es doch angetan sein, die Ausführungen von Mitteis einer nähern Betrach tung zu unterziehen. Die gewerbsmäßige Unterschreitung des vom Urheber oder Verleger aufgestellten Ladenpreises, sagt Mitteis, glaubt inan deshalb als eine Verletzung des Urheberrechts quali fizieren zu können, weil dem Urheber nach dem Gesetze das ausschließliche Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung zustehe. Damit lege man »in den Begriff des Verbreitungsrechts das Recht hinein, für die Verbreitung eine Taxe aufzustellen, welche kein Eigentümer des Werkes in gewerbsmäßiger Weise unterschreiten darf, mit andern Worten: dem Urheber wäre danach vom Gesetz ein Monopol des Inhalts zuge schrieben, daß er für das Werk einen Limitopreis bestimmen kann, unterhalb dessen niemand, auch ein Eigentümer von rechtmäßigen Exemplaren, gewerbsmäßig den Verkauf der selben betreiben darf«. Mitteis hält diese Auffassung des Verbreitungsrechts für eine durchaus willkürliche und den wahren Intentionen des Gesetzes nicht entsprechende. Er führt an, daß die Ein führung des Verbreitungsrechts eine Neuerung im Gesetz von 1901 sei, gegenüber dem Reichsgesetz von 1870, in dem eine solche Bestimmung gefehlt habe. Nach dem Vorgänge des österreichischen Gesetzes vom 26. Dezember 1895 Z 23 I sei die Bestimmung eingefügt worden, weil es sich gezeigt habe, daß das Verbot der unbefugten Vervielfältigung den Urheber oder Verleger nicht in allen Fällen schütze. Ver fasser führt als solche Fälle an: Exemplare, die im Ausland hergestellt sind, wo der Urheber keinen Schutz genießt, das geteilte Verlagsrecht, das Sammeln von Einzelvervielfälti gungen, die als solche erlaubt waren, und ihre demnächstige Verbreitung. In solchen Fällen war der Urheber nach früherem Recht nicht genügend geschützt: deshalb die Einführung des Verbreitungsrechts in das Gesetz von 1901. Dieses soll den Urheber oder Verleger schützen gegen eine Konkurrenz durch *) Agl. die Widerlegung in dem Artikel »Nochmals: Die Preisunterbietungen von Büchern, von Rechtsanwalt vr. Fuld in Mainz, im Börsenblatt Nr. 118 vom 23. Mai 1906. (Red.)
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