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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1906
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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10098 Nichtamtlicher Teil. ^ 240, 15. Oktober 1906. kunst erschienen waren, trat ich in zwei Artikeln der National zeitung mit jugendlicher Begeisterung für die Bewegung ein und verhieß ihr eine glänzende Zukunft. Bisher hat sich meine Prophezeiung nur recht unvollkommen erfüllt, und Sie werden es mir nachfühlen können, wenn ich von der Ent wicklung der Bewegung nicht restlos entzückt bin. Aber gewiß wäre es sehr töricht, jetzt schon an der Zukunft der deutschen Plakatkunst zu verzagen, weil »nicht alle Blüten träume reiften«, die an ihre Anfänge geknüpft wurden. In Dichtung und Wahrheit erzählt Goethe eine kleine Geschichte von einer sehr lebhaften Tante, die mit dem Dichter in seinen ersten Lebensjahren Abgötterei getrieben hatte und es nicht verwinden konnte, daß sich nach einer Blatternerkrankung seine Gesichts züge merklich veränderten. Noch in spätern Jahren konnte sie ihn selten ansehn, ohne auszurufen: »Pfui Teufel, Vetter, wie garstig ist er geworden«, und erzählte ihm dann um ständlich, wie sie sich sonst an ihm ergötzt habe, welches Aufsehen sie erregt habe, wenn sie ihn umhergetragen habe. »So erfuhr ich frühzeitig«, sagt der Dichter, »daß die Menschen uns für das Vergnügen, das wir ihnen gewährt haben, oft recht empfindlich büßen lassen.« — Ich glaube, wir dürfen es auch die Plakatbewegung nicht entgelten lassen, daß sie uns in ihren Anfängen so viel Vergnügen gemacht, daß sie uns damals eine schönere Entwicklung zu ver sprechen schien. Überdies wissen wir, daß die Tante un gerecht gewesen ist; Goethe hat stets als ein auffallend schöner Mensch gegolten und diesen Ruf bis ins hohe Greifen- alter gerechtfertigt. So kann auch die deutsche Plakatbewegung, nachdem sie ihre Kinderkrankheiten überstanden, noch eine schöne Entwicklung nehmen, und ich glaube, sie ist jetzt auf dem besten Wege dazu. Nach einer längern Periode des Abflauens und des Stillstands hat die Bewegung in den letzten drei, vier Jahren wieder kräftiger eingesetzt und eine verhältnismäßig große Zahl guter Leistungen heroorgebracht. Die überwiegende Mehrzahl der hier ausgestellten Blätter stammt aus den letzten Jahren und beweist wohl am besten, daß ein neuer, frischer Zug in die Plakatbewegung gekommen ist. Auch im Publikum macht sich wieder eine lebhaftere Anteilnahme bemerkbar; vor einigen Monaten ist hier sogar ein Verein der Plakatfreunde gegründet worden, der, glaube ich, schon gegen 100 Mitglieder zählt. Freilich darf man die Hoffnungen nicht zu hoch schrauben, freilich darf man nicht erwarten, daß künftig jedes Plakat eine erstklassige Meisterleistung ist oder daß künftig für jeden neuen Fleischextrakt, für jedes neue Putzpulver ein Künstler von europäischem Rufe bemüht wird. Das ist schon wegen der Kostenfrage nicht möglich; auch kann man bei aller Wertschätzung der Plakatkunst füglich gar nicht wünschen, daß Max Klinger oder Eduard von Gebhardt sich künftig haupt sächlich mit der Herstellung von Affichen beschäftigen sollen, und endlich können Sie an einem hier ausgestellten Blatte, dem einzigen Plakate unsers großen Meisters Klinger, sehen, daß man ein genialer Radierer und Plastiker sein und doch bei einem gelegentlichen Abstecher aufs Plakatgebiet keine erste Nummer erringen kann. Was wir wünschen müssen, ist lediglich ein guter Durch schnitt, ein Niveau, das so hoch ist, daß die Gipfel, die erstklassigen Meisterwerke, die natürlich nicht fehlen dürfen, es nicht allzu weit überragen. Dazu brauchen wir Künstler, die bis zu einem gewissen Grad Plakatspezialisten sind, Künstler, die eine bewegliche Phantasie, eine leichte Hand und eine gewisse Routine haben, die sie befähigt, die ihnen über tragenen Aufträge mit der von der Kundschaft meist gefor derten Eile zu erledigen. Natürlich eignet sich auch unter diesen Voraussetzungen nicht ein jeder solcher Künstler für jeden beliebigen Auftrag; das gute Gelingen der Affiche wird sehr wesentlich von der Wahl eines geeigneten Künstlers ab hängen. Diese Wahl zu treffen, wird naturgemäß dem Geschäftsmann nur selten möglich sein; hier muß die Vermittlertätigkeit der Plakatanstalten einsetzen. Sehr viele von ihnen haben zur Förderung der Bewegung bisher nichts getan oder nach einem kurzen Anlauf die Flinte wieder ins Korn geworfen, nachdem ihre ersten Bemühungen nicht gleich die erwarteten Erfolge gebracht hatten. Um so mehr Aner kennung verdienen diejenigen Firmen, die zielbewußt und energisch für die Plakatkunst eingetreten sind und deren Bemühungen die bisherigen Erfolge fast durchweg zu danken sind. Sie finden ihre Namen unter den Plakaten vermerkt; nur die beiden hauptsächlichsten will ich hier nennen: die Vereinigten Druckereien und Kunstanstalten in München und Hollerbaum und Schmidt in Berlin. Ich glaube, wir müssen solchen Bestrebungen den besten Erfolg wünschen. Freilich kann es der Allgemeinheit ganz gleichgültig sein, ob X oder D geschickt und wirksam Reklame macht oder nicht. Wichtiger ist schon der Wunsch, daß den Künstlern ein Gebiet erobert wird, das vielen eine Erwerbs quelle und zugleich eine Gelegenheit bieten kann, sich mit einer dekorativen Aufgabe großen Stils zu befassen. Aber das Wesentlichste ist doch, daß das Plakat ein unschätzbares Mittel für die Erziehung des Volkes zur Kunst werden kann. Französische Schriftsteller haben die Plakate treffend als die Ausstellung, als das Museum der Straße bezeichnet. Es ist aber ein Museum, das sich vor allen andern ähnlichen Anstalten dadurch auszeichnet, daß man seine Bilder nicht nur ansehen kann, sondern ansehen muß. Welch einen Gewinn würde es daher für die künstlerische Bildung des Volkes bedeuten, wenn dort, wo heute so häufig Geschmack losigkeiten und Roheiten das Auge beleidigen, künftig wirk liche Kunstwerke ständen! Man ist heute eifrig bestrebt, die Kunst schon in das Leben des Kindes zu tragen, es zur Kunst zu erziehen. Nun, hier ist eine Schule, die Erwachsene und Kinder in gleicher Weise besuchen müssen, die keiner versäumen kann und die dem Unterricht um so erfolgreicher sein würde, als die Schüler gar nicht merken, daß sie unterrichtet werden. Aus diesem Grunde hat die Allgemeinheit allerdings ein sehr wesentliches Interesse an dem gutem Fortgang der Be wegung, und ich meine, sie verdient von jedem gefördert zu werden, der dazu in der Lage ist. Darum braucht man seiner Vorliebe für die Kunst unserer ältern Meister keines wegs untreu zu werden, mit der Liebe zu ihnen verträgt sich sehr wohl ein freundliches Interesse für die naturgemäß andersartigen Schöpfungen einer jüngeren Generation. Ich erinnere Sie an das schöne Wort, mit dem auch Max Lehrs 1896 den Katalog seiner Plakatausstellung im Dresdener Kupferstichkabinett schloß: Am würdigen Alten In Treuen halten, Am kräftigen Neuen Sich stärken und freuen Wird niemand gereuen. Kleine Mitteilungen. Vom neuen deutschen Buchdruckertarif. (Vgl. Nr. 230, 236, 237 d. Bl.) — Wie in Leipzig, so sind auch in andern, namentlich für das Buchdruckgewerbe besonders in Betracht kommenden Orten nicht wenige Stimmen unter den Buchdrucker gehilfen gegen den neuen Tarif laut geworden, weil er ihnen an Stelle der geforderten Lohnerhöhung von 1b Prozent und der geforderten Arbeitszeitverkürzung um täglich eine halbe Stunde nur eine Lohnaufbesserung von rund 10 Prozent und eine Ver kürzung der Arbeitszeit um eine halbe Stunde nur an den Sonnabenden bezw. Zahltagen bringen wird. Dem gegenüber bemerkt der »Korrespondent für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgießer-, Organ des Verbands der Deutschen Buchdrucker
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